How to Dad

Burlakov, Güldenberg, Schmid, Kay. Kropf/Janssen, Lass. Diese Serie macht Laune

Foto: Degeto / Keshet Tresor Fiction
Foto Tilmann P. Gangloff

Der Rahmen klingt nach Sitcom: Vier Väter tauschen sich im Vorraum eines Tanzstudios über Gott und die Welt aus, während ihre Kinder beim Ballettunterricht sind. Dank der agilen Kamera wirkt „How to Dad“ (Degeto / Keshet Tresor TV) jedoch nie wie ein Kammerspiel. Die Freiheit des gut zusammengestellten Ensembles zum Improvisieren sorgt ebenfalls für viel Lebendigkeit. Die fünfteilige Serie basiert auf einem israelischen Original, hat von der Vorlage jedoch nur die Rahmenbedingungen übernommen: Die Männer haben unterschiedliche soziale Hintergründe, weshalb die Folgen auch ein amüsantes Spiel mit Vorurteilen sind. Am witzigsten ist die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Regisseur Jakob Lass konterkariert die Angebereien der Männer regelmäßig mit kurzen Einschüben, die die Realität zum Beispiel des angeblich so regen Sexlebens dokumentieren.

Vier Männer haben ihre Kinder zum Ballettunterricht gebracht und vertreiben sich die Wartezeit, indem sie über Gott und die Welt plaudern: So einfach und dennoch kurzweilig kann Fernsehen sein. Wie gut derart schlichte Konstellationen funktionieren können, haben Oliver Bukowski (Buch) und Dirk Kummer (Regie) mit „Warten auf’n Bus“ (2020) bewiesen. An die Qualität der RBB-Serie reicht „How to Dad“ nicht ganz heran, aber die auf einer israelischen Vorlage basierenden Drehbücher von Richard Kropf und Anneke Janssen haben gleichfalls einen sehr hohen Unterhaltungswert: Da das Quartett völlig unterschiedliche soziale und berufliche Hintergründe hat, prallen diverse Vorurteile aufeinander. Während sich Sami (Ugur Kaya) in der Rolle des türkischstämmigen Babos gefällt, achten die anderen penibel darauf, sich politisch korrekt zu verhalten, zumal der homosexuelle Hausmann Berti (Patrick Güldenberg) so etwas wie die Personifizierung des Begriffs „woke“ ist. Prompt arten die Gespräche des Öfteren in einen Fettnäpfchenslalom aus.

How to DadFoto: Degeto / Bernd Schuller
Tanzlehrerin Theresa (Nikeata Thompson) hat Spaß beim Training mit Lily (Paula Löschnig) und Sophie-Marlen (Lilou Copeland). Die gute Laune springt förmlich auf den Zuschauer auf. Mit dazu beitragen auch die agile Kameraarbeit und der Schnitt.

Das allein ist schon ziemlich witzig, aber am amüsantesten sind die Kontrapunkte: Regelmäßig konterkariert Regisseur Jakob Lass die zum Teil recht angeberischen Gespräche durch kurze Intermezzi, die dokumentieren, wie es zum Beispiel tatsächlich um das Sexleben des Quartetts steht. Dritter im Bunde ist der breitbeinige Alexander (Vladimir Burlakow). Er stellt sich als Geschäftsführer einer Firma vor, die eine offenbar erfolgreiche App vertreibt, hat sich aber ein Sabbatical genommen, um mehr Zeit für seine Tochter zu haben, und würzt seine Monologe gern mit englischen Merksätzen, die aus einem Ratgeber für erfolgreiche Startup-Gründer stammen könnten. Roman (Helgi Schmid) schließlich ist Influencer, kann den Ausführungen der anderen allerdings nicht immer folgen.

Natürlich klingen die Entwürfe der vier Charaktere nach Klischee, aber das ist der Sinn der Sache, denn auf diese Weise können die Drehbücher mit Stereotypen spielen. Sami gibt sich beispielsweise als Drogenhändler aus, was die anderen bereitwillig glauben. Allerdings macht es sich die Serie in dieser Hinsicht auch etwas einfach: Wenig überraschend offenbart ausgerechnet Berti hinter seiner ausgeprägten Sensibilität für marginalisierte Gruppierungen allerlei Vorurteile. Die Scherze auf Kosten von Roman, der „mediterran“ mit „Meridian“ verwechselt, sind ebenfalls wohlfeil. Nicht untypisch sind dagegen die ständigen Wettbewerbe: Wer hat öfter Sex, wessen Vorschulkind kann schon lesen, wer wird am Ende beim Vater/Kind-Tanzen die beste Figur abgeben? Sehr gelungen sind auch die Auseinandersetzungen mit den Rollenentwürfen: Alle vier wollen ein bestimmtes Bild von sich selbst vermitteln, aber Selbst- und Fremdwahrnehmung sind selbstredend nicht immer deckungsgleich; gerade der Möchtegern-Macho Sami lässt sich, wie die Einschübe mehrfach belegen, von seinen Töchtern um den Finger wickeln.

How to DadFoto: Degeto / Bernd Schuller
Nicht der einzige liebende Vater. Roman (Helgi Schmid) nimmt sich viel Zeit, um Tochter Lily (Paula Löschnig) ins Bett zu bringen.

Die Verantwortlichen versichern, vom israelischen Original sei nur die Grundidee mit den vier Vätern im Tanzstudio übernommen worden. Kropf gehört zu den Schöpfern der Serien „You Are Wanted“ und „4 Blocks“, mit Anneke Janssen hat er bereits die sehenswerte Familienserie „Das Wichtigste im Leben“ (2019, Vox) geschrieben. Lass hat sein Ensemble allerdings ermuntert, viel zu improvisieren; auch die Kinder machen ihre Sache vorzüglich. Dass die Folgen chronologisch gedreht wurden, wird ebenfalls zur authentischen Atmosphäre beigetragen haben; so konnte sich das ohnehin stimmig zusammengestellte Ensemble immer besser kennenlernen. Trotzdem muss sich das Quartett des Öfteren die Show stehlen lassen: Die Choreografin Nikeata Thompson, Laufsteg-Coach in „Germany’s Next Topmodel“, setzt in ihren wenigen Auftritten pro Folge als Tanzlehrerin denkwürdige Akzente. Heimlicher Star ist jedoch Acelya Sezer: Samis Tochter jobbt hinter der Theke des Tanzstudios und hat mit ihren Kommentaren zu den teilweise recht prahlerischen Vorträgen ihres Vaters die besten Einzeiler der Serie; meist lächelt Sema aber bloß süffisant in sich hinein.

Ohnehin ist „How to Dad“ immer dann am besten, wenn Lass, dessen Kinofilme „Love Steaks“ (2014), „Tiger Girl“ (2017) und „So was von da“ (2018) ebenfalls stark von Improvisation geprägt waren, nicht viele Worte braucht, um seine Botschaften zu vermitteln: Es genügt völlig, wie Lisa Bitter zur Tür reinkommt, um zu verdeutlichen, dass Valerie, die Mutter von Romans Tochter, den Erzeuger des Kindes nicht als Erziehungspartner auf Augenhöhe betrachtet. Ganz ähnlich funktionieren die jeweiligen Autoprologe. Sie zeigen die Väter und ihre Kinder auf dem Weg zum Unterricht und sind abgesehen von den Zwischenspielen die einzigen Szenen, die nicht im Tanzstudio spielen. Hier können die Männer endlich so sein, wie sie wirklich sind, und auch das ist ziemlich lustig. Grandios ist unter anderem die Idee, dass Samis Tochter ihm ein Popcornstück in die Nase steckt, weshalb er fortan bei jedem Atemzug ein Fiepen von sich gibt. Obwohl die fünf jeweils knapp dreißig Minuten langen Episoden größtenteils in einem typischen Sitcom-Setting spielen, wirkt „How to Dad“ anders als vergleichbare amerikanische Produktionen dank der agilen Kamera (Teresa Kuhn) nicht wie ein Kammerspiel; der Schnitt (Adrienne Hudson) ist allerdings zuweilen etwas hektisch, zumal die Jump Cuts oft unmotiviert wirken. Heiterer Höhepunkt ist die mitreißende letzte Folge, die außerdem durch eine überraschende Enthüllung verblüfft.

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Serie & Mehrteiler

ARD Degeto

Mit Valdimir Burlakov, Patrick Güldenberg, Helgi Schmid, Ugur Kaya, Nikeata Thompson, Acelya Sezer, Lisa Bitter, Agnes Decker

Kamera: Teresa Kuhn

Szenenbild: Franziska Ganzer

Kostüm: Claudia Maria Braun

Schnitt: Adrienne Hudson

Musik: Jen Bender, Raphael Schalz

Redaktion: Carolin Haasis, Christoph Pellander, Johannes Hauer

Produktionsfirma: Keshet Tresor Fiction

Produktion: Christina Christ, Axel Kühn, Tina Hechinger

Drehbuch: Richard Kropf, Anneke Janssen – Vorlage: Eran B.Y., Yonni Zicholtz, Omri Amit, Adar Meirom, Yoav Gross

Regie: Jakob Lass

EA: 10.06.2022 10:00 Uhr | ARD-Mediathek

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