Hotte im Paradies

Dominik Graf, Basedow, Maticevic: Vom Aufstieg und Fall eines kleinen Berliner Zuhälters

Foto: BR
Foto Rainer Tittelbach

Dominik Graf erzählt in “Hotte im Paradies” vom Glanz und vom Elend des Rotlichtmilieus, vom Aufstieg und Fall eines kleinen Zuhälters. Das Drehbuch von Rolf Basedow basiert auf ausführlichen Recherchen im Milieu. “Es ist harte Arbeit, ein leichtes Leben zu führen” lautet der zentrale Satz des Films. Das Leben auf der vermeintlichen Überholspur, zwischen Kokain-Partys, Table-Strip und den coolen Geschäften im Vorbeigehen, hat seine eigenen Gesetze. Alles sieht locker aus, doch Fehler darf sich keiner leisten. Physisch, intensiv, packend.

Hotte ist Zuhälter – und er will nach oben. In seinem Fall heißt das, sich drei Träume erfüllen: eine goldene Rolex, ein Jaguar-Cabrio und noch ein Pferdchen mehr im Stall. Ansonsten lebt er im Gegensatz zu den harten Kerls der Szene ein eher behagliches Luden-Leben. Er wohnt mit seinen Mädels zusammen, kutschiert sie morgens zum Berliner Straßenstrich, holt sie abends wieder ab, dann genehmigen sie sich noch ein Fläschchen, schauen Fernsehen und kuscheln miteinander. Während die Frauen anschaffen, schmeißt Hotte mit den Scheinen nur so um sich. “Papier ist nur bedrucktes Geld”, lautet ein Satz aus der Zuhälterphilosophie. Fit hält er sich mit Pillen, bei Laune mit Spielchen. Das Glück ist beim Zocken aber nur selten auf seiner Seite. Müssen Rosa, Jenny und Yvonne eben noch etwas mehr ackern.

Hotte im ParadiesFoto: BR
Vom Glanz und Elend des Rotlichtmilieus. Und wer scheißt hier wen zu mit seinem Geld? Nadeshda Brennicke und Misel Maticevic

Dominik Graf erzählt in “Hotte im Paradies” vom Glanz und vom Elend des Rotlichtmilieus, vom Aufstieg und Fall eines kleinen Zuhälters. “Es ist harte Arbeit, ein leichtes Leben zu führen” lautet der zentrale Satz des Films. Das Leben auf der vermeintlichen Überholspur, zwischen Kokain-Partys, Table-Strip und den coolen Geschäften im Vorbeigehen, hat seine eigenen Gesetze. Alles sieht locker aus, doch Fehler darf sich keiner leisten. Wer auffällt wird fallengelassen. Wer beispielsweise wie der Held versucht, eine wie im Gefängnis gehaltene Prostituierte aus einem Sadomaso-Club zu befreien, muss sich nicht wundern, wenn sein Wagen in Flammen aufgeht und er ein paar Kugeln verpasst bekommt. Doch Lude Hotte bleibt Optimist: “Man muss im Leben immer ein Mal mehr aufstehen als hinfallen.”

Das Drehbuch von Rolf Basedow basiert auf ausführlichen Recherchen im Milieu. Die Sprache wirkt authentisch, neigt zu Redensarten, die die Befindlichkeiten der Figuren klar und real auf den Punkt bringen und doch Filmdialoge bleiben. Und Grafs Video-Kamera spielt ziemlich verrückt. Das Herzstück sind die Figuren, widersprüchliche Charaktere, die die Sympathien des Zuschauers haben. Das liegt nicht zuletzt an den Schauspielern, allen voran Misel Maticevic. Da ist der großspurige Zuhälter, der die Träume des Kleinbürgers träumt, dem Schein mehr als Sein und Geld alles bedeutet. Die Edelnutte, die hoch hinaus will und alles mit sich machen lässt, weil sie geliebt werden will. Oder die bodenständige Hure vom Straßenstrich, die sich nach dem kleinen Glück mit ihrem Hotte sehnt.

“Hotte im Paradies” ist ein Film über die Politik von Liebe, Sex und Geld. Kapitalismus in Reinkultur wird gelebt in einem vom Aussterben bedrohten Milieu. Aber nicht nur dort. Die Parallelen zwischen Bordell und Vorstadtvilla, zwischen Ludenliebe und Normalbeziehung springen ins Auge. Geträumt wird überall vom großen Geld, zu den Verlierern will keiner gehören, Liebe funktioniert da wie dort als Tauschgeschäft. “Und jeden Tag ist ein Stück von deiner Seele weg.” (Text-Stand: 10.9.2004)

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fernsehfilm

Arte, BR

Mit Misel Maticevic, Nadeshda Brennicke, Birge Schade, Stefanie Stappenbeck, Sven Martinek, Isabell Gerschke, Oliver Stritzel, Dirk Borchardt

Kamera: Hanno Lentz

Szenenbild: Claus-Jürgen Pfeiffer

Schnitt: Hana Müllner

Musik: Sven Rossenbach, Florian van Volxem

Produktionsfirma: Arbor TV Filmproduktion

Drehbuch: Rolf Basedow

Regie: Dominik Graf

EA: 10.09.2004 20:40 Uhr | Arte

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach