„Er hat seinen Kopf und ich hab meinen Kopf – und die passen nicht zusammen.“ Zwischen Josef Singhammer und seinem Sohn Karl herrscht seit Jahren Funkstille. Der Sproß einer alteingesessenen Hopfenbauernfamilie aus dem Hallertal, nordöstlich von München, hatte am Hof ständig Probleme mit seinem Vater – und ist heute ein geschätzter Bierbrauer. Jetzt, wo beim Vater das Herz nicht mehr so richtig will, besinnt sich Karl auf seine Familienbande und hilft zumindest bei der Hopfenernte. Mit der Zeit könnte er sich auch mehr vorstellen. Denn da ist Leni, die allein einen Hopfenhof bewirtschaftet. Die beiden verstanden sich schon immer gut. Aber auch Sophie aus der Stadt kommt unerwartet ins Spiel und bringt den Junggesellen Karl aus dem Gleichgewicht. Nicht nur, weil sie als Stripperin arbeitet.
„Hopfensommer“ – bei diesem Titel kribbelt es einem Journalisten in den Fingern: Aber an diesem Degeto-Film aus dem größten zusammenhängenden Hopfenanbaugebiet der Welt ist nicht „Hopfen und Malz verloren“. Nein, diesem Film, der nach der Inhaltsangabe alle gängigen Handlungsmotive eines bäuerischen Heimkehrer-Dramoletts enthält, gelingt es immer wieder, die Muster des Genres (Dickkopf-Dramaturgie, Gute-Freundin-Dramaturgie, Die-oder-keine-Dramaturgie) in momento zu variieren. Während andere Heimatfilme die Dramaturgie mit narrativen Versatztücken füllen, versucht Regisseur Christian Wagner zu erzählen. Beiläufiges wechselt mit konfliktgeladenen Situationen ab, so gibt es die unvermeidliche Schuld-Situation, auf künstliche Emotionen wird aber gänzlich verzichtet. Das dramatische Potenzial des Stoffs wird realistisch herunter gebrochen auf alltägliche Szenen. Dass die Schauspieler die Probleme herunterspielen oder nachdenklich und leise auflösen, trägt das ihre zur angenehmen Wirkung bei. Selbst Sätze wie „Wer zu viel will, verliert manchmal alles“ werden – in dem Fall von Anna Schudt – wunderbar „weg gesprochen“.
Foto: Degeto / Heike Ulrich
Auch alle anderen Schauspieler sind überzeugend: Elmar Wepper ist einfach ein Pfund, Fritz Karl ist sehr viel besser als viele seiner Rollen, Gaby Dohm darf endlich mal wieder ihre dramatische Seite zeigen und die herbe weibliche Note, die Christina Hecke als das unbekannte Gesicht (mit den vielen Gesichtern) in diesen Film bringt, macht sich ebenfalls gut. Denn sie passt zum „Kommunikationsstil“, der sich durch die 90 Minuten zieht. Immer wieder steht etwas zwischen den Menschen. Zur Nähe, einer Umarmung etc., kommt es immer erst im zweiten Anlauf. Entsprechend hält auch die Geschichte, aber auch die Kamera, Distanz zu seinen eigenwilligen Figuren. Immer steht etwas „dazwischen“: auch zwischen der Landschaft und dem strahlend blauen Himmel – da ragen immer wieder dunkel die Hopfenstangen ins Bild. Ein weiterer Pluspunkt: „Hopfensommer“ verlangt nicht nach „Hopfensommer 2“. Eine Fortsetzung wäre narrativ möglich. Denn eines spürt man: Die Spannungen bei den Singhammers werden bleiben. Wie im Leben.