Hoffnung für Kummerow

Ein Dorf rudert sich aus der Depression - und Henry Hübchen vorneweg

Foto: NDR / Arte / Volker Roloff
Foto Rainer Tittelbach

Ein kummervolles Dorf auf dem Weg in eine bessere Zukunft? Kommt der Aufschwung in das trostlose Oststädtchen am See? Ein Investor aus dem aus dem Westen wird jedenfalls erwartet… Der stark besetzte Fernsehfilm bleibt politisch unverbindlich und ist nicht mehr als eine warmherzig-melancholische Heimatkomödie. Nur ein kleiner Fernsehmutmacher.

In Kummerow liegt der Hund begraben. Viele haben die Kleinstadt verlassen, und die, die geblieben sind, ergehen sich in Selbstmitleid und Depression. Nur einer kämpft gegen die Trostlosigkeit an: Oskar Kubicek, Bürgermeister, Kneipier und hoffnungsloser Optimist. Was hat er sich nicht schon alles für Kummerow erträumt: einen Freizeitpark, einen Golfplatz, eine Wellnessfarm, ein Werftmuseum. Für das neueste Projekt stehen die Aktien gar nicht mal so schlecht. Ein bayerischer Konzern hat offenbar das Städtchen als Standort einer Zulieferfirma für Kanubauteile im Auge. Ein Urlauberpärchen aus Bayern wird als Standortprüfer in cognito ausgemacht. Urplötzlich sind die Bewohner motiviert, schöpfen neuen Mut und erinnern sich sogar an die glorreichen Tage ihrer „Regatta der Befreiung“.

Ein kummervolles Dorf auf dem Weg in eine bessere Zukunft? Kommt der Aufschwung in das trostlose Städtchen am See? Natürlich ist die Sache mit dem „Consultant“ ein Missverständnis. Der ominöse Investor aus dem Westen ist nur Vorwand, um die Geschichten in einer ostdeutschen Kleinstadt zu erzählen. Ihre Probleme sind die, die überall in strukturschwachen Regionen zu beobachten sind: Arbeitslosigkeit, Überalterung, Zukunftsangst. In Kummerow gilt Kubicek als Träumer… Die Frage, ob er schon immer ein weltfremder Idealist war oder ob er sich als Bürgermeister von den Versprechungen und Durchhalteparolen der großen Politik hat anstecken lassen, beantwortet der Film „Hoffnung für Kummerow“ nicht. So bleibt die NDR/Arte-Produktion – trotz eines Dialogs über „Bonzen“ und „Blockflöten“ – politisch unverbindlich und ist nicht mehr als eine warmherzig-melancholische Heimatkomödie. Ein kleiner Fernsehmutmacher für die Hoffnungslosen.

Hoffnung für KummerowFoto: NDR / Arte / Volker Roloff
Kann es die titelgebende „Hoffnung für Kummerow“ geben? Kaum einer ist so (zweck)optimisch wie der Bürgermeister (Henry Hübchen). Uwe Kockisch

Auch Henry Hübchen („Alles auf Zucker“) war skeptisch, als er das erste Mal das Drehbuch las. Die Produktion zog sich hin, als nach fast drei Jahren die Finanzierung stand, sah er sich moralisch verpflichtet, mitzumachen. Natürlich waren auch die Kollegen ein Argument für den Film: mit Dagmar Manzel und Uwe Kockisch stand Hübchen zuletzt für den Grimme-Preis-gekrönten Film „Die Nachrichten“ vor der Kamera. Der „krankhafte Optimismus“ seiner Figur und der unerschütterliche Glaube an den Aufschwung werden ihm offenbar zu wenig gebrochen in der Geschichte. „Mit zu viel Optimismus kommt man im Leben nicht durch, vor allem, wenn man die Realität nicht wahrnimmt oder falsch interpretiert“, sagt der Schauspieler, der sich selbst als „produktiven Pessimisten“ bezeichnet. „Wir sind alle nicht vor Verblödung gefeit, aber als Pessimist zumindest vor der Verführung, alles hinzunehmen.“

Kubicek habe eine falsche Sicht auf die Realität. In seinem Handeln erkennt Hübchen eine Art von Verstiegenheit. „Wo Wüste ist, ist Wüste, das ist ein Naturgesetz“, sagt der 61-Jährige. „Da muss man sich auch nicht dagegen aufbäumen, sondern im Zweifelsfall weiterziehen.“ Diese Haltung verkörpert Kubiceks Ehefrau Irmgard, die sich als Hebamme im überalterten Kummerow fehl am Platze fühlt. Sie schätzt die Lage in der Provinz realistisch ein und gehört zu denen, die in der Fremde nach neuen Perspektiven suchen. Hübchen: „In unserem Film geht es um die Hilflosigkeit in einer scheinbar ausweglosen Lage, und es geht darum, in dieser heiklen Situation zu sich selbst zu finden.“ (Text-Stand: 17.7.2009)

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Fernsehfilm

Arte, NDR

Mit Henry Hübchen, Dagmar Manzel, Uwe Kockisch, Christine Schorn, Michael Kind

Kamera: Gunnar Fuß

Schnitt: Marcel Peragine

Musik: Carsten Bohn

Produktionsfirma: Saxonia Media

Drehbuch: Kerstin Höckel, Michael Wallner

Regie: Jan Ruzicka

Quote: ARD: 3,63 Mio. Zuschauer (10,7% MA)

EA: 17.07.2009 21:00 Uhr | ARD

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