Seine Tochter ist sein ein und alles. So ist der Anwalt Julius Weimann denn auch außer sich vor Freude, als die 19-Jährige nach einem einjährigen USA-Aufenthalt wieder vor ihm steht. „Als kleines Mädchen haben wir sie nach Amerika geschickt und als erwachsene Frau kommt sie wieder“, kommentiert der Patenonkel der quirligen Heimkehrerin das Geschehen. Mit ihrem Lieblingskuscheltier braucht Paps deshalb gar nicht mehr zu kommen, Julia hat sich ihren eigenen Kuschelbär mitgebracht. Der heißt Thomas, ist Event-Manager, 15 Jahre älter als sie und zu Weihnachten ist Hochzeit – ganz in Weiß.
Väter und Töchter, die nicht loslassen können, bevölkerten dieses Jahr den Bildschirm wie nie zuvor. In „Nicht ohne meinen Schwiegervater“ übernahm Fritz Wepper den ätzenden Komödien-Part, den Robert de Niro im Kino spielte. In „Die Hochzeit meines Vaters“ war es die Tochter, verkörpert von Bernadette Heerwagen, die sich dem Charisma des Vaters nicht entziehen kann. Und in „liebeskind“ übte sich die Tochter sogar in der Kunst der Verführung, um den gerade erst zu Liebe und Verantwortung bereiten Vater nicht wieder zu verlieren. Der ARD-Fernsehfilm „Hilfe, meine Tochter heiratet“ nimmt sich des Themas weniger ernsthaft an. Gegen diese MDR-Produktion von Ulrich König sehen die „Schwiegermonster“- und Horror-Daddy-Comedys, die Hollywood, Pro Sieben und Sat 1 in den letzten Jahren massenhaft unters Familienvolk brachten, geradezu aus wie Arthausfilme.
Realität ade, willkommen im Puppenhaus des Trivialkitschs. Was die deutsche Pilcher, Christiane Sadlo, hier für den ARD-Mittwochstermin des gehobenen Fernsehfilms zu Papier brachte, ist selbst in der Vorweihnachtszeit, wo auch Kritiker ein wenig Rührseligkeit vertragen, ein mittlerer Skandal. Was treibt wohl einen Vater um, der gerade noch den Schwiegersohn am liebsten aus dem Haus gejagt hätte und der plötzlich die zweifelnde 19-jährige Tochter von der Richtigkeit der Hochzeit zu überzeugen versucht? Wie viel Unsinn ist zulässig fürs Happy End? Ein Film kann, auch wenn er banale Geschichten erzählt, gute Unterhaltung sein. Er muss nur seine Figuren und deren Konflikte ernst nehmen. Sadlo hat das mit der ARD-Serie „Familie Dr. Kleist“ selbst bewiesen. Auch ihre ZDF-„Inga Lindström“-Schmonzetten sind – zumindest erzähltechnisch – oftmals mehr als passabel.
In „Hilfe, meine Tochter heiratet“ stimmt nichts. Die Figuren sind aus Pappe, die Gefühle aus Plastik. Und die Schauspieler stehen verlorenen herum, mal im Grünen, mal im Weißen. Ob Ulrich Pleitgen, Arzu Bazmann oder Jaecki Schwarz – übertriebenes Minenspiel ist die Soße für diesen ganzen Quatsch. Schließlich die Dialoge, sie pendeln zwischen Kalenderweisheiten und Poesiealbum-Rhetorik. „Als ich ihn gesehen habe, hat er mein Herz berührt – und ich wusste sofort, dass ich ihn heiraten werde.“ Welcher Redakteur oder Produzent nimmt solche Sätze ab?! Wunsch zum Fest: Gebt uns Courths-Mahler wieder!