„Verhexen Sie Ihren Mann, statt ihn zu töten.“ Dieses Motto stellt Regisseur und Autor Johannes Fabrick seinem Film „Hexenküsse“ voran. Ein seltsames Motto, ein wundersamer und zugleich wunderbarer Film. Amélie lässt schön grüßen! Doch Julia Stemberger („Die Stein“) sorgt mit der Darstellung der etwas wirklichkeitsfremden Sophie dafür, dass sich der Zuschauer mit einem nachdenklichen Schmunzeln dem magischen Zauber 2005 nähern kann, ohne in jedem Bild oder Kommentar der Heldin das große französische Vorbild zu spüren.
Julia Stemberger über die Moral von der Geschicht’:
„Es geht letztendlich um das Thema des Verdrängens und des Zu-sich-Findens. Da ist meine Sophie, die eine riesige Seite von sich, die ihrer unglaublichen Intuition und Kraft verdrängt. Das wurde ihr in der Jugend so eingeimpft. Auch ihr Mann verdrängt seine Geschichte und versucht, sie offensiv männlich aufzuarbeiten. Dabei tritt er aber genau in die gleichen Fußstapfen wie sein Vater, unter dessen Verhalten er so gelitten hat. Es geht also um die Reise zu sich selbst.“… über den Wert dieser „zauberhaften Komödie“:
„Ich glaube, dass unser Film einen philosophischen Gehalt besitzt. Der hat einen Tiefgang, das ist keine Hochglanz-Romantikkomödie. Da geht’s um existentielle Dinge, die aber schon so erzählt werden, dass man sich dabei amüsieren kann. Es geht um die großen Themen, die einen im Leben bewegen. Ich glaube, es ist ein Film, der einen auch im Nachhinein noch beschäftigen wird.“
Mit kleinen übersinnlichen Kunststücken hat Sophie ihre Kleinstadt-Nachbarschaft als Kind gelegentlich verblüfft. Jetzt ist sie eine erwachsene Frau, Hausfrau, verheiratet mit einem Versicherungsagenten, und hat den Hokuspokus ganz verdrängt. So erschrickt sie selbst am meisten, als sich immer mehr unerklärliche Missgeschicke und jede Menge ebenso komischer wie peinlicher Vorkommnisse häufen. Ihr Ehemann Herbert, dem sich beim anvisierten Karrieresprung ins gehobene Management plötzlich von allen möglichen Seiten Hindernisse in den Weg stellen, vermutet bereits eine Verschwörung. Mit Hilfe der klugen Frau Weinrich erkennt Sophie jedoch, dass sie selbst die Ursache der ominösen Zwischenfälle ist. Bevor sie aber begreift, dass sie die Fähigkeit besitzt, anderen dazu zu verhelfen, sich selbst zu erkennen, muss Sophie selbst ihr wahres Ich entdecken. Als sich Herberts Chef und seine werte Gattin zum gemütlichen Grillen einfinden, nimmt die Katastrophe ihren Lauf.
(Nach-)Kritik zu Johannes Fabricks „Hexenküsse“: Amüsante Sinnfragen
„Tante, wann stirbst du endlich?“ Diese Frage, die alle Verwandten umtrieb, hätte die kleine Sophie nicht aussprechen dürfen. Jetzt hatten die Eltern ein besonderes Auge auf sie – und vorbei war es mit den neckischen Zaubereien. Sophie war anders, aber sie musste ihre Fertigkeiten künftig unterdrücken. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Erst als ihr Mann plötzlich ganz auf Karriere setzt, brechen sich ihre magischen Kräfte Bahn. „Hexenküsse“ erzählte von weiblichem Selbstbewusstsein und von krankhafter Nach-oben-buckeln-nach-unten-treten-Mentalität und er stellte Sinnfragen im Gewand einer amüsanten Komödie, die wie der Kinohit um Amélie voller kleiner Schnörkel und Schlenker ist. Geohrfeigt wurden Fassadenwesen und es wurde wie so oft das Hohelied auf Echtheit, Ehrlichkeit und die Liebe gesungen. Das wirkte aber nicht wohlfeil, weil das Ganze Esprit, absurden Witz, eine stets leicht überhöhte Bildsprache und mit Julia Stemberger und Christian Berkel zwei herausragende Hauptdarsteller hatte. Einfach wunderbar. (Text-Stand: 25.5.2005)