Die Produktionsfirma ITV Studios Germany sollte für das ZDF eine Samstagsserie herstellen, „die mit den Traditionen des Sendeplatzes und den erprobten Sehgewohnheiten nicht bricht, aber gleichzeitig etwas Neues bietet“. So beschreibt es ITV-Produzentin Gerda Müller, und „Herzensbrecher“ ist die perfekte Umsetzung der Vorgabe: Inhaltlich ist die Vorabendserie in der Tat ungewöhnlich; die formale Umsetzung allerdings ist konventionell bis einfallslos.
Zentrale Figur der zunächst zehnteiligen Serie ist Andreas Tabarius, der die lange Liste von Fernsehpfarrern um eine originelle Figur erweitert: Er ist Protestant, verwitwet und Vater von vier Söhnen; der jüngste ist Grundschüler, der älteste studiert Medizin. Als Basis einer potenziell langlaufenden Serie ist die konzeptionelle Konstellation ausgesprochen clever, denn auf diese Weise sind in jeder Folge zwei Erzählebenen vorgegeben: Als Gemeindepfarrer muss Tabarius seine seelsorgerische Pflicht erfüllen, als alleinerziehender Vater muss er sich um die Sorgen seiner Söhne kümmern. Reizvoll ist zudem die Besetzung der Hauptrolle mit Simon Böer. Der Schauspieler hat Erfahrung als Action-Darsteller („Medcrimes“) – und so sieht der Pfarrer denn auch aus: ein athletischer Typ, der selbst im Boxring eine gute Figur macht.
Foto: ZDF / Frank Dicks
Während Böer die Hauptfigur von „Herzensbrecher“ also facettenreich verkörpern kann und sein verbindliches Auftreten um einerseits ziemlich sture, andererseits auch sehr verletzliche Momente ergänzen darf, hat „Girl Friends“-Autor Christian Pfannenschmidt Head-Writer die Gegenspielerin eher eindimensional gestaltet: Brigitte Abels (Tamara Rohloff), die Vorsitzende des Kirchenvorstands, gehört in die Kategorie „Haben wir schon immer so gemacht“, weshalb sie sämtliche Pläne des neuen Pfarrers sabotiert, ganz gleich, ob er eine junge Rothaarige als Sekretärin einstellt oder einen vorbestraften Vikar aufnimmt. Hendrik Duryn absolviert als Vikar (Folge zwei, „Der verlorene Sohn“) leider nur ein Episoden- Gastspiel, aber Sekretärin Katharina (Annika Ernst) gehört zum festen Ensemble der Serie, und selbstredend soll die Frage, ob die ständigen Reibereien zwischen ihr und dem Pfarrer bloß charakterliche oder auch erotische Ursachen hat, einen der vielen Reizpunkte der Serie ausmachen. Dass die Geschichten auch sonst einiges zu bieten haben, dafür steht die Namen der Autorenriege (neben Pfannenschmidt Michael Gantenberg, Michael Illner und Scarlett Kleint).
Eine Herausforderung für jeden Regisseur stellen naturgemäß die ganz jungen Darsteller dar. Dreh- und Angelpunkt der ersten Folge ist ein kleines Mädchen, das um Kirchenasyl bittet und seine ziemlich erwachsen klingenden Dialoge nicht immer reibungslos aufsagt; gleiches gilt für den jüngsten Sohn des Pfarrers. Davon abgesehen aber macht es durchaus Spaß, dabei zuzuschauen, wie Tabarius mit den kleinen und großen Herausforderungen von Beruf und Familie umgeht; das gelingt ihm nicht immer souverän, was ihn sehr menschlich macht. Eine gelungene Gratwanderung sind auch die kirchlichen Zwiegespräche mit seiner verstorbenen Frau, die von Julia Malik mit einem fast überirdischen Strahlen versehen wird. Dafür sind einige der Handlungsstränge mitunter allzu vorhersehbar: Als gleich an einem der ersten Arbeitstage des Vikars, der wegen eines Raubüberfalls im Gefängnis war und dort sein Leben geändert hat, die Kollekte gestohlen wird, ist völlig klar, dass er prompt verdächtigt wird. Die Dramaturgie dieser Folge erinnert ohnehin an schlechtes Kinderfernsehen, zumal auch noch das kleinste Pfarrerskind das Geld geklaut hat. Davon abgesehen ist „Herzensbrecher“, nach Überzeugung Pfannenschmidts „die erste Männerserie im deutschen Fernsehen“ jenseits des Krimigenres, vielschichtig und abwechslungsreich. Die Inszenierung dagegen orientiert sich sklavisch an der Tradition des vorabendlichen Sendeplatz‘ und ist alles andere als innovativ.