Herzblut. Ein Kluftingerkrimi

Herbert Knaup, Alex Buresch, Lars Montag. Düster, abgründig & mit trockenem Witz

Foto: BR / Hendrik Heiden
Foto Volker Bergmeister

Mankell goes Allgäu: „Herzblut. Ein Kluftingerkrimi“ schickt den Allgäuer Ermittler in düstere Abgründe. Kluftinger wird von Visionen und Angstzuständen geplagt. Und sieht sich mit einer grausamen Mordserie konfrontiert. Morden und den Opfern das Herz heraus schneiden, das passt eigentlich gar nicht  zu den eher bedächtigen Fällen des Provinz-Kommissars. So etwas kennt man in seiner Drastik aus den Skandinavien-Thrillern. Die vierte Verfilmung der Kultbuch-Reihe ist düster, ein Stück härter als die Vorgänger – und der Held in Filzpantoffeln ein Stück nachdenklicher. Das hat auch damit zu tun, dass er glaubt, todkrank zu sein.

Er steht in der Tradition der schrulligen, tapsig wirkenden, aber instinktsicher und mit scharfem Blick agierenden Ermittler, in einer Reihe also mit Miss Marple, dem Bullen von Tölz oder Columbo. Kluftinger, der Mann ohne Vornamen bzw. der seinen Vornamen noch nicht Preis gegeben hat, ist auf dem besten Weg, eine feste Größe in der TV-Krimilandschaft zu werden. Neun Bücher mit dem Allgäuer Ermittler sind bereits erschienen (aus der Feder von Volker Klüpfel und Michael Kobr), jetzt gibt es mit „Herzblut. Ein Kluftingerkrimi“ bereits die vierte Verfilmung aus der Reihe. Chronologisch geht man dabei aber nicht vor, denn auf dem Papier ist „Herzblut“ der siebte Fall. Und der setzt Herbert Knaup als Klufti gehörig zu – nicht zuletzt, weil der liebenswerte Zeitgenosse ernsthafte gesundheitliche Probleme hat.

Herzblut. Ein KluftingerkrimiFoto: BR / Stefan Ciupek
Was macht die Pumpe? Check-up für Kluftinger. Möglicherweise doch weniger Spätzle und weniger Weißbier? Herbert Knaup, Bernhard Schütz

Ein rätselhafter Telefonanruf steht am Anfang, er erreicht den Kommissar während einer Pressekonferenz und weist auf ein mysteriöses Verbrechen hin. Er bringt Kluftinger und seine so unterschiedlichen Kollegen Maier (Johannes Allmayer) und Hefele (Jockel Tschiersch) auf die Spur eines brutalen Mörders. Der schneidet seinen Opfern das Herz heraus, stellt es am Tatort aus und hinterlässt jeweils ein Zündholzheftchen, in dem er mitteilt, wie viele Opfer noch folgen werden (er zählt dabei von 5 auf 1 runter). Viel Arbeit für Kluftinger, der von heftigen Brust- und Herzschmerzen geplagt wird und deshalb einen Gesundheitscheck bei seinem Arzt machen lässt. Dabei schließt er aus einer Äußerung des Doktors, dass er das Schlimmste befürchten muss. Der Kommissar ist entschlossen, dem Tod von der Schippe zu springen; er versucht es mit fleisch-, kässpatzenarmer Ernährung und sogar einem Yogakurs. Seine Ermittlungen führen ihn in die Klinik nach Oberstaufen, in der sein Vater (Tilo Prückner) nach einer Herz-OP liegt. Das erste Mordopfer stellt sich als der Chefarzt der Klinik heraus. In seinem Blut werden Reste von einem Medikament gefunden, das nur in einer Testreihe in dieser Klinik eingesetzt wird. Dann verschwindet auch noch Kollege Maier spurlos.

Nach drei Folgen, die Rainer Kaufmann inszeniert hat, gab es einen Wechsel auf dem Regiestuhl. Lars Montag, „Tatort“-erprobt (drei Odenthal-Fälle und sowie die Saarland-Folge „Melinda“ mit Devid Striesow) und zuletzt auch schon mal im leichten Krimifach unterwegs („Heiter bis tödlich: Zwischen den Zeilen“ und „Mord in bester Gesellschaft: Das Scheusal“) setzt den Allgäu-Kommissar für die nächsten beiden Krimis der Reihe in Szene. In „Herzblut“ schickt er Herbert Knaup als Klufti in düstere Abgründe. Der wird von Visionen und Angstzuständen geplagt. Und sieht sich mit einer grausamen Mordserie konfrontiert. Morden und den Opfern das Herz heraus schneiden, das passt eigentlich gar nicht zu den eher bedächtigen Fällen des Allgäu-Kommissars. So etwas kennt man in seiner Drastik eigentlich vorwiegend aus Mankell-Krimis oder anderen skandinavischen Thrillern: „Herzblut“ ist extrem düster, auch ein Stück härter als die Vorgänger – und der Held in Filzpantoffeln ist ein Stück nachdenklicher. Das liegt am Fall und dem Szenario, dass er glaubt, todkrank zu sein.

Herzblut. Ein KluftingerkrimiFoto: BR / Hendrik Heiden
Yoga mit Langhammer (Bernhard Schütz), und Kluftinger (Herbert Knaup) gibt den sterbenden Schwan. Also so wird das nichts!

Keine Frage, Kluftinger polarisiert – sowohl als Held der Buchreihe als auch als TV-Ermittler. Die einen findet ihn albern-provinziell, die anderen pfiffig-ironisch. Das hat wohl damit zu tun, dass diese Figur aus der Zeit gefallen scheint. Wenn er zugibt, noch nie etwas von Skypen gehört zu haben und das Gesicht des Gesprächspartners zuhält, wenn er will, dass der nichts sieht, kann man das albern finden, aber auch als herrliches Spiel mit einem altmodischen Helden verstehen. Auf alle Fälle ist es über 90 Minuten stimmig, wie dieser von Knaup wieder herrlich bauernschlau gespielter Krimiheld durch die Geschichte tapst und stolpert.

Alex Buresch, hochdekorierter Drehbuchautor („Rose“, „Das wahre Leben“, „Polizeiruf 110 – Rosis Baby“, „Die Akte General“), hat die Vorlage klug und dramaturgisch geschickt verdichtet, die Mischung zwischen düsterer Story und leichten, auflockernden Elementen ist gelungen. Wenn Knaup als Kluftinger in eine Yogastunde platzt und versucht mitzumachen, dann gerät die zur Slapsticknummer. Und wenn er bei der Pressekonferenz mit den Tücken des Mikrofons kämpft, ist das von Regisseur Lars Montag trocken-witzig inszeniert. Das Herzschlagfinale in der Geisterbahn hingegen ist eine fast surreal anmutende Szene, in der die ganze Bandbreite der Figur zum Tragen kommt. Das Allgäu mit seiner prächtigen Landschaft rückt in dieser Folge etwas in den Hintergrund. Die düstere Story dominiert auch die Optik.

Eine abgründige Story, viel Situationskomik, das gelungene Spiel mit den Charakteren und ihren kleinen Scharmützeln – gerade zwischen Maier und Hefele – und der behutsam, aber stimmig eingesetzte Dialekt (weit verständlicher als im ersten Kluftinger-Krimi „Erntedank“) machen „Herzblut“ zu einem ansehnlichen Stück. Was es mit seiner Krankheit des Allgäu-Kommissars auf sich hat und mit wem sein Arzt telefoniert hat – Kluftinger-Fans wissen das aus dem Buch, wer unbeleckt den Krimi guckt, dem sei die Pointe hier noch nicht verraten (auch wenn die nicht sonderlich originell ist, aber zu der Figur und dem Erzählstil passt).

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Reihe

ARD Degeto, BR

Mit Herbert Knaup, Jockel Tschiersch, Johannes Allmayer, Tilo Prückner, Margret Gilgenreiner, Katja Bürkle, Albert Kitzl, Daniel Flieger

Kamera: Stefan Ciupel

Szenenbild: Andreas C. Schmid

Kostümbild: Gitti Fuchs

Schnitt: Marc Schubert

Musik: Dieter Schleip

Produktionsfirma: H&V Entertainment

Drehbuch: Alexander Buresch – nach dem Roman von Volker Klüpfel & Michael Kobr

Regie: Lars Montag

Quote: 3,99 Mio. Zuschauer (12,6% MA)

EA: 24.11.2016 20:15 Uhr | ARD

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