Das Projekt stand unter einem schlechten Stern. Hannelore Elsner und Uwe Kockisch, die vor zwei Jahren für den MDR in die Weißkittel schlüpften, wollten nicht mehr. Für die Autoren Ingrid Föhr und Bernd Böhlich (auch Regie) kein Problem: die nahmen wieder eine Dresdner Klinik, machten aus Schwester Josepha Klein eine Frau Dr. Katrin Klein und beförderten einen Weggefährten von damals zum Chefarzt. Musste nur noch eine neue Hauptdarstellerin her: die Redaktion verpflichtete Gudrun Landgrebe – und das für mehr als eine „Ärzte“-Episode.
In „Herberge für einen Frühling“ spielt sie eine jener derzeit beliebten Fernsehfrauen, die mit der Kraft ihrer ganzen Schönheit gegen die Kälte der Welt angehen, mit der Hoffnung, damit ihre eigene Sehnsucht zu besänftigen. Liebe und Moral sind die Richtlinien ihres Handelns („Es gibt keinen Gott, in dessen Namen Leben getötet werden darf!“). Als eine Art Heilige Katrin von Dresden streift sie den häßlichen Weißkittel ab – und kleidet sich, ganz Berben- oder Elsner-like, lieber in knalliges Rot. Und die Konflikte kommen direkt aus aus dem Arztroman: Chefarzt bangt gemeinsam mit Ex-Frau um das Leben ihres gemeinsamen Sohns. Bei einem anderen Patienten, eines auf der Todesliste stehenden algerischen Journalisten, übersieht er bei der Röntgen-Diagnose einen Riss im Gehirn. Die Heldin verliebt sich in den mysteriösen Fremden, hat allerdings auch ein Verhältnis mit dem Chefarzt… Ganz schön dick aufgetragen. „Arztfilme bedienen nun mal das Melodram, können von daher leicht umkippen in Kitsch“, so Grimme-Preisträger Bernd Böhlich. „Daß das nicht passiert, das liegt an den Schauspielern, die sich nicht, wie es Serien-Darsteller oft tun, voll auf die Emotionen draufsetzen.“ So hat sich Böhlich das gedacht. Doch die Konflikte kommen direkt aus dem Groschenroman und die Inszenierung setzt zwar auf ausgefallene Perspektiven und atmosphärische Fahrten, aber bei dem höchst trivialen Inhalt bekommt auch das nur etwas Geschmäcklerisches.
Böhlich versucht, bei aller Bedeutungslastigkeit der Bilder eine gewisse Distanz zu seinen Figuren zu wahren. „Ich will Gefühle nicht mißbrauchen“, sagt er. Er weiß, das Arzt-Genre ist stets „ein Balanceakt zwischen Seriosität und Kommerz“. Thematisch könne man es am ehesten fernsehspieltauglich, machen, indem man zeigt, „wie diese Ausnahme-Berufsgruppe Standesethik und privaten Alltag in Einklang bringen“. (Text-Stand: 7.2.1995)