Allzu viel sieht man nicht von Tel Aviv in diesem Film. Nur zu Beginn gibt es ein paar flüchtige Bilder, wenn Benni und Zarah mit dem Taxi durch die israelische Metropole fahren. Zarah findet Tel Aviv schön. „Warum bist du hier weg?“, fragt sie. „Weil es eben nicht nur schön ist“, antwortet Benni. Beide sind frisch verliebt, leben in München und reisen nach Israel, weil Bennis Großvater nach einem Herzinfarkt verstorben ist. Zarah stellt sich erstmals Bennis Familie vor, die fälschlicherweise annimmt, sie sei eine Jüdin. Aber Zarah ist Christin, und weil ihr Vater aus Ägypten stammt, lautet ihr Nachname Abdullah, was die beiden erst recht verschweigen. Denn Zarahs „herbe Mischung“, von der im Titel die Rede ist, trifft in Bennis Elternhaus auf eine israelische Familie, die bei jeder Gelegenheit über Araber schimpft, insbesondere Bennis Vater, ein Veteran der Armee. Dazu wacht die strenge Tante Edna misstrauisch darüber, welche Frau ein Auge auf ihr geliebtes „Bubbele“ Benni geworfen hat.
Der in Tel Aviv geborene Dror Zahavi, Regisseur zahlreicher herausragender Fernsehfilme wie „Kehrtwende“, „Zivilcourage“ oder „Mein Leben – Marcel Reich-Ranicki“, drehte hier nach der Kinokoproduktion „Alles für meinen Vater“ (2008) erneut in seinem Herkunftsland. Diesmal wählte er die Möglichkeiten einer Familienkomödie, um Schwarzweißdenken und Intoleranz anzuprangern. Nichts gegen diese Botschaft, aber aus der Überzeichnung von Figuren und Haltungen, die in einer solchen Komödie aufeinander krachen sollen, entstehen weder Funken sprühender Humor noch Dynamik im Übermaß. Es wird (zu) viel geredet in diesem Film, der seltsam steif wirkt. Dazu trägt sicher die Tatsache bei, dass die Passagen der israelischen Darsteller synchronisiert wurden. Hoffen wir, dass die Dialoge im Hebräischen „lebendiger“ klingen. Zugleich war es nicht hilfreich, dass die deutschen Hauptdarsteller Peri Baumeister und Trystan Pütter beim Drehen das Hebräisch ihrer Kolleg(inn)en nicht verstanden, dass Interaktion beim Spielen also nur bedingt möglich war.
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Abgesehen von diesen „technischen“ Einwänden: Von den beiden wichtigsten Figuren ist insbesondere Zarah im Drehbuch nicht überzeugend angelegt. Wie Benni schert sie sich wenig um Herkunft und Religion, ist darüber hinaus jedoch merkwürdig naiv. Dass sie am Flughafen wegen ihres Namens ausgiebig befragt wird, kommt für sie total überraschend, als hätte sie von einem Konflikt zwischen Israel und den arabischen Nachbarn noch nie gehört. Erstaunlicherweise hat sie aber einen Wecker in Moschee-Form, der sich mit einem lauten „Allahu akbar“ bemerkbar macht. Das ist zwar nicht unbedingt stimmig, bietet aber die Chance zu einer makabren Pointe: Am Flughafen löst der Wecker eine Panik aus. Zahavi inszeniert dies als einigermaßen aufwendige Massenszene in Zeitlupe. Und auch sonst nimmt er immer wieder die in Israel angeblich herrschende Paranoia aufs Korn. Bennis Vater hat sein Haus mit Stacheldraht gesichert, und im Golfkrieg hat er einen Luftschutzraum im Keller eingerichtet, den er Zarah stolz präsentiert. Er nötigt sie sogar, eine Gasmaske aufzusetzen.
Bisweilen hat „Herbe Mischung“ die Qualität einer bissigen Satire. Zahavi zeichnet mit einer gewissen Bitterkeit das Bild einer israelischen Gesellschaft, die sich voller Angst und Feindseligkeit zurückzieht und verschließt. Erschreckend ist vor allem eine Szene, in der sich die Inszenierung mal heraus in den Alltag traut. Als eine Kundin beim Shoppen Zarahs Familiennamen hört, bricht blanker Hass hervor. Doch die Balance aus Ernsthaftigkeit und Komik will nicht gelingen. Vor allem weil wenig Leben im Familienleben von Bennis Verwandten ist. Die Inszenierung erschöpft sich größtenteils in trockenen Dialogen oder in ermüdenden Tiraden von Bennis Vater oder Tante Edna über die Araber. Es fehlt eine Figur, die mal etwas Überraschendes, vielleicht Ironie oder Humor einbringen könnte. Dafür gibt es Sätze wie diesen: „Deutschland war so braun wie mein Stuhlgang“, erklärt Bennis Vater.
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Der Ex-Soldat hadert mit seinem einzigen Sohn, der so gar nichts vom Militär hält. Dennoch hofft er auf seine Rückkehr und ist durchaus angetan von dessen hübscher Freundin – solange er ihren Familiennamen noch nicht kennt. Die durchweg garstige Tante Edna schnappt den Namen Abdullah allerdings früh auf und ist fortan bemüht, Zarah als nicht-jüdische „Schickse“ zu überführen. Dieses Katz-und-Maus-Spiel um Zarahs Identität sorgt für eine gewisse Spannung. Und auch für eine schöne, weil überraschende und ulkige Szene, in der Zarahs Pass aus dem Fenster flattert und von einem Hund aufgelesen wird. „Zuhause war ich einfach nur Zarah“, sagt die „waschechte Münchnerin“. Nun fühle sie sich wie der Staatsfeind Nummer eins. Offensichtlich wird sich Zarah der eigenen Identität in Israel erstmals wirklich bewusst. Aber es ist das Ergebnis einer Ausgrenzung.
Der Vater-Sohn-Konflikt ist dagegen nur ein mäßig interessantes Motiv. Den Figuren fehlt es einfach an Tiefe. Das gilt auch für Benni, der in Deutschland an seinem Doktortitel in Botanik arbeitet. Warum er Israel verlassen hat, wird einigermaßen deutlich. Wieso er zwischen alter Heimat und neuer Liebe zu schwanken beginnt, weniger. Im Übrigen geschehen meistens ziemlich vorhersehbare Dinge. Zum Beispiel, dass die nun verwitwete und seit Jahren verstummte Großmutter am Ende zu reden beginnt. Sie sei verstummt, sagt sie, „weil ich sonst nicht überleben konnte in diesem Irrenhaus. Wie soll man noch überleben in einem Land, in dem sich zwei Brüdervölker mit allen Mitteln bekämpfen?“