Eine deutsche Produktionsfirma, ein englischer Cast, eine tschechische Crew, ein amerikanischer Kameramann und ein deutscher Regisseur – das lässt wenig Gutes für „Hepzipah – Sie holt dich im Schlaf“ erahnen. Doch für deutsche Mystery-TV-Verhältnisse und für den 20.15-Uhr-Sendeplatz, der mit einer FSF-Freigabe „ab 12 Jahre“ gleichzusetzen ist, kann sich dieser märchenhafte Teenager-Grusel sehen lassen. Es ist vor allem die Hauptdarstellerin, der englische Shootingstar Eleanor Tomlinson (demnächst in Tim Burtons „Alice im Wonderland“ zu sehen), die die Zuschauer bei ihrer Reise in die Vergangenheit fest an die Hand nimmt. Die jungen können sich mit ihr identifizieren; bei den älteren weckt sie Beschützerinstinkte. Der klassischen Heldin, mit der man mitfiebern kann, statt sich in cooler Genre-Ironie zu ergehen, entspricht auch die durchgängige Spannungsdramaturgie, die zuletzt in den beiden Geisterbahn-Movies von Pro Sieben um Rachekid „Gonger“ Eric zugunsten einer effekthascherischen Nummern-Revue aufgegeben wurde.
Die Story bleibt genregemäß nur Vorwand für gepflegten Nervenkitzel und sie folgt den ausgetretenen Pfaden des Genres. Kirsten erfährt drei Tage vor ihrem 18. Geburtstag, dass sie adoptiert wurde und ihre leiblichen Eltern aus Selmen kommen, einem Ort, auf dem ein todbringender Fluch liegt. Die mittelalterliche Kleinstadt wird von einer unheimlichen Selbstmordwelle heimgesucht: in der Nacht vor ihrem 18. Geburtstag nehmen sich junge Mädchen auf grausige Weise das Leben. Doch deren Freunde glauben nicht an Selbstmord. Kirsten recherchiert vor Ort die unrühmliche Vergangenheit: offenbar ist Hepzibah, eine zu Unrecht als Hexe verschriene junge Frau, die auf dem Scheiterhaufen endete, zurückgekehrt, um Rache zu nehmen. Und es sind nur noch zwei Tage bis zu Kirstens 18. Geburtstag…
„Hepzibah – Sie holt dich im Schlaf“ besticht durch seinen stimmungsvollen „Harry-Potter“-liken Düster-Look: verstaubte Bibliotheken, grauenvolle Grüfte, einsame Friedhöfe, verlassene Wälder, Stürme und Unwetter appellieren an menschliche Urängste. Mittelalterliche Legenden und mythische Motive gehen in einer durchweg stimmigen Inszenierung auf. Und die „Fremdheit“, die sich einstellt durch die englischen und tschechischen Schauspieler, Gesichter also, die man nicht aus einer deutschen Krimiserie oder einer Daily-Soap kennt, kommt der Gesamtwirkung des Films nur zu Gute.
Für Horror-Fans, die mit Mario Bavas „Die Stunde, wenn Dracula kommt“, „Schloss des Schreckens“ oder „Rosemaries Baby“ groß geworden sind, bleibt dieser auf Englisch gedrehte Mystery-Thriller weitgehend Kinderkram. Für die Post-„Blair-Witch-Project“-Generation könnte dieser stilsichere Film durchaus als leichtbekömmliche Nebenherberieselung einigen Anklang finden. Für diese Zielgruppe stellt Pro Sieben denn auch im Vorfeld der Ausstrahlung ein fiktives Set-Tagebuch und einen Videoblog ins Netz.