Helen Dorn – Schwarzes Herz

Anna Loos, Karoline Eichhorn, Fritz Karl, Friedemann Fromm. Die Macht des Zufalls

Foto: ZDF / Georges Pauly
Foto Tilmann P. Gangloff

Der komplexe Krimi mit Anna Loos konfrontiert die Hamburger LKA-Kommissarin mit einem außergewöhnlichen Fall. Weil Helen Dorn keinerlei private Kontakte zu Kollegen hat, soll sie die internen Ermittlungen gegen einen Polizisten übernehmen. Was zunächst wie Routine wirkt, entwickelt sich schließlich zu einem Duell auf Leben und Tod, als die Beamtin herausfindet, dass die Macht des Zufalls über ihr Schicksal entscheidet. Grimme-Preisträger Friedemann hat seine achte Arbeit für die ZDF-Reihe „Helen Dorn“ (Network Movie) mit eindrucksvoller Sorgfalt bei den optischen und akustischen Details gestaltet. Die Mitwirkenden sind mit Bedacht besetzt und ausnahmslos ausgezeichnet.

Die einen glauben an Gott, die anderen an höhere Gewalt. „Es kommt, wie es kommt“, denkt sich der schicksalsergebene Kölner („Et kütt, wie et kütt“), und redet sich ein, es sei doch immer alles gut gegangen. „Es ist, wie es ist“, stellt Helen Dorn hanseatisch pragmatisch fest, übersieht dabei jedoch, dass es noch eine weitere Variante gibt, den Lauf der Dinge zu betrachten; und davon erzählt Friedemann Fromm (Buch und Regie) in seinem achten Film in Folge für die Krimireihe mit Anna Loos. Weil die Hamburger LKA-Kommissarin abgesehen von WG-Kompagnon Weyer (Tristan Seith) keinerlei private Kontakte innerhalb der Polizei hat, soll sie die internen Ermittlungen gegen einen Kollegen übernehmen: Ralf Lenze (Henning Flüsloh) hat sich bei einer nächtlichen Personenkontrolle von einem Autofahrer bedroht gefühlt und geschossen.

Helen Dorn – Schwarzes HerzFoto: ZDF / Georges Pauly
Eine Top-Besetzung! Charlotte Falkner (Karoline Eichhorn) besucht ihre Tochter Tanja (Lara Feith) in der psychiatrischen Klinik.

Das Opfer, Jens Falkner (Stephan Schad), ist ein renommierter Wirtschaftsanwalt, aber die interessantere Personalie ist seine Gattin: Charlotte Falkner (Karoline Eichhorn) ist Leiterin des Ocean Spring Institutes. Die Einrichtung dient nicht etwa der Erforschung der Meere, sondern des Bewusstseins: Wunder, belehrt die von ihrem Gefolge regelrecht verehrte Frau in ihrem Podcast, „sind Angebote des Universums an unseren wachen Geist.“ Da die Rekonstruktion des Tathergangs nicht zwingend erklärt, warum Lenze gleich zwei Schüsse abgegeben hat, vermutet Dorn andere Motive. Angeblich hat der Kollege von einem Informanten den Hinweis erhalten, in dem Auto befinde sich eine große Menge Drogen. Der Tippgeberin war, wie sich später herausstellt, Charlotte Falkners Tochter Tanja (Lara Feith), mit der Lenze eine besondere Beziehung verbindet.

Als Dorn im Zusammenhang mit einem früheren Nebenjob des Polizisten auf einen offenbar verwirrten Obdachlosen stößt, der die Wände seines Zimmers über und über mit düsteren Zeichnungen bedeckt hat, entwickelt sich der Fall in eine völlig neue Richtung. Markantes Merkmal der Bilder ist ein schwarzes Herz, das auch bei den Falkners eine elementare Rolle spielt: Es ziert eine kleine goldene Kugel, die Charlotte, wie sie Dorn erzählt, ihrem Mann als Zeichen der Liebe geschenkt hat, was der Wahrheit allerdings allenfalls nahekommt. Eine weitere wichtige Figur in diesem zunehmend undurchsichtigen Reigen spielt ein Psychiater: Carsten Ludwig (Fritz Karl) leitet eine Klinik, in der Tanja vor zehn Jahren nach dem Suizid ihres leiblichen Vaters behandelt worden ist. Sie ist nach wie vor psychisch labil.

Helen Dorn – Schwarzes HerzFoto: ZDF / Georges Pauly
Dr. Carsten Ludwig (Fritz Karl) leitet die Klinik, in der Tanja vor zehn Jahren nach dem Suizid ihres leiblichen Vaters behandelt worden ist. Helen Dorn (Anna Loos) lässt sich von ihm über verschiedene Verhaltensmuster aufklären.

Lara Feith, mit ihren markanten Gesichtszügen prädestiniert für besondere Rollen, verleiht der jungen Frau eine ätherische Aura, die Tanjas Fragilität sehr glaubwürdig vermittelt. Fritz Karl verkörpert den Arzt als väterlichen Freund, der die junge Frau vor allem Ungemach beschützen will. Dorn bittet ihn wegen der Zeichnungen und der Bedeutung des schwarzen Herzens um Rat. Als Ludwig einen kleinen Vortrag über die Macht des Zufalls und entsprechende magische Rituale hält, wird der Krimi endgültig faszinierend. Spätestens jetzt fragt sich die Kommissarin, ob es sich bei Charlotte Falkners Gefolgschaft um eine Sekte handelt. Da kann sie natürlich noch nicht ahnen, dass die Macht des Zufalls schließlich auch über ihr eigenes Schicksal entscheiden wird.

Filme von Friedemann Fromm, mehrfacher Grimme-Preisträger, sind stets mit großer Sorgfalt gestaltet. Die Musik (Ina Meredi Arakelian) ist mit mystischen Klängen durchsetzt, die ebenso wie die punktuell verwendeten Soundeffekte früh andeuten, dass düstere Energien im Spiel sind. Optische und akustische Verfremdungen verdeutlichen die psychischen Entgleisungen der beteiligten Figuren. Gleich zu Beginn, als Charlotte Falkner über Wunder spricht, erklingt der Klassiker „White Rabbit“ von Jefferson Airplane. In dem Lied geht es natürlich um das weiße Kaninchen aus „Alice im Wunderland“, in der Popkultur eine beliebte Chiffre für eine Reise in psychedelische Abgründe; und das ultimative Tor zur Erkenntnis ist nun mal der Tod. Der Song ist als Filmmusik ähnlich beliebt wie das Allegretto aus Beethovens Sinfonie Nr. 7, das hier erklingt, als Rechtsmedizinerin Alighieri (Nagmeh Alaei) rausfindet, dass es beim Tod von Jens Falkner nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Die Qualität der Bildarbeit (Kamera: Heinz Wehsling) zeigt sich nicht zuletzt in einer ganz normalen Befragungsszene, als es Fromm gelingt, einer starren Gesprächssituation erstaunlich viel Dynamik abzugewinnen. Die Mitwirkenden sind ohnehin mit Bedacht besetzt und ausnahmslos ausgezeichnet.

Helen Dorn – Schwarzes HerzFoto: ZDF / Georges Pauly
Dorn (Anna Loos) ist prädestiniert für den Fall, da sie außer zu KTUler Weyer (Tristan Seith) keinerlei privaten Kontakte pflegt.

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

3 Antworten

  1. Das ist leider mal wieder ein Krimi, der durch die Prominenz der Besetzung im Verlauf der Aufklärung ziemlich vorhersehbar war, wodurch nicht wirklich Spannung aufkam. Die Frotzeleien zwischen Weyer und Helen Dorn waren unterhaltsam, insbesondere der zwischendurch immer wieder erwähnte Duschgel-Disput. Maximal ****

  2. Als ich vor einigen Jahren las, dass Grimmepreisträger Fiedemann Fromm in Doppelfunktion als Autor und Regisseur bei Helen Dorn verstärkt einsteigen sollte, habe ich mich gefreut, weil ich seine Arbeiten bislang sehr geschätzt habe. Aber was er in den letzten Folgen abgeliefert hat, ist mit maßlos enttäuschend nur unzureichend umschrieben. Die drei letzten Folgen waren eine einzige Katastrophe, wobei insbesondere die Qualität der Drehbücher kaum noch zu unterbieten war. Also wenn Fromm bei der Reihe weitermachen sollte, dann bitte mit einem versierten Autoren an seiner Seite. Aber vielleicht lautete sein Auftrag ja, das Publikum schnellstmöglich zu verprellen, damit, wie der Sender immer so schön sagt, „Platz geschaffen werden kann für neue Formate“. Für diesen Fall hat er seinen Auftrag glänzend erfüllt…

  3. @Volker Holzheimer
    Ja, stimme zu.
    Es geht mir mittlerweile genauso bei diesen letzten «Helen Dorn»-Krimis, die von F. Fromm geschrieben wurden.
    Der Name Friedemann Fromm stand wirklich mal für gute bis sehr gute TV-Film- und Erzähl-Qualität.
    Diese Zeit ist vergangen. Geht mir genauso.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Reihe

ZDF

Mit Anna Loos, Karoline Eichhorn, Tristan Seith, Fritz Karl, Lara Feith, Henning Flüsloh, Ernst Stötzner, Nagmeh Alaei, Stipe Erceg, Lea Willkowsky, Stephan Schad

Kamera: Heinz Wehsling

Szenenbild: Kay Kulke, Britta Rose Rabe

Kostüm: Carola Neutze, Susanne Nasarow

Schnitt: Richard Krause

Musik: Ina Meredi Arakelian

Soundtrack: Jefferson Airplane („White Rabbit“), Ludwig van Beethoven (Sinfonie Nr. 7: Allegretto), Scala & Kolacny Brothers („True Colors”)

Redaktion: Daniel Blum

Produktionsfirma: Network Movie

Produktion: Lasse Scharpen, Moritz Mihm

Drehbuch: Friedemann Fromm

Regie: Friedemann Fromm

Quote: 7,09 Mio. Zuschauer (24,3% MA)

EA: 01.03.2025 10:00 Uhr | ZDF-Mediathek

weitere EA: 08.03.2025 20:15 Uhr | ZDF

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach