Ergrauten ZDF-Serien wie „Forsthaus Falkenau“ oder „Der Landarzt“ hat das Stündlein geschlagen. Auch im Zweiten setzt man zunehmend auf moderne Optik, zeitgemäße Geschichten und mehr Frische. Aktuelles Beispiel für diese Entwicklung ist die neue vorerst 6teilige Vorabendserie „Heldt“ – gelungene Krimiunterhaltung mit einem Charming Boy in der Titelrolle des eigenwilligen Ermittlers, einer attraktiven Blondine als Staatsanwältin sowie spannenden Fällen, gut dosiertem Tempo und pointierten Dialogen. Untermalt wird alles von (leider gefällig-glatter) Chart-Musik.
Dieser Kriminalkommissar ist so cool, der braucht zu Hause keinen Kühlschrank: Nikolas Heldt. Und er hat seine ganz eigene Art, Fälle zu lösen. Dabei legt er sich mit den Kriminellen genauso an wie mit seinen Vorgesetzten – James Bond lässt grüßen! Sein Revier ist Bochum. Heldt geht selten den geraden Weg. Wenn er es für richtig hält, geht er auch volles Risiko – zum Missfallen seines Vorgesetzten, Hauptkommissar Detlev Grün. Dritte im Bunde ist Staatsanwältin Ellen Bannenberg: blond, attraktiv, schlagfertig. Die braucht starke Nerven, um die vielen Verfehlungen von Heldt im Griff zu behalten. Zum Auftakt jagt der unkonventionelle, der Intuition vertrauende Ermittler in „Explosive Fracht“ den „feinen“ Ganoven Felix Bricheaux, Kopf einer kriminellen Bande. Vermutet Heldt erst Drogen- oder Waffengeschäfte, stellt er schnell fest, dass es um Menschenhandel mit osteuropäischen jungen Frauen geht.
Soundtrack: u.a. Lenny Kravitz („Where are be runnin‘), U2 („Staring at the Sun„), A Fine Frenzy („Almost Lover„), Spin Doctors („Two Princes„), Coldplay („Trouble„), Fine Young Cannibals („Good Thing„)
Das Konzept der Folgen ist durchsichtig, aber es passt: Nikolas Heldt tappt zu Beginn bei einem Einsatz ins Fettnäpfchen, um sich dann bis zum Finale Stück für Stück wieder zu befreien. Sein Antriebsmotor ist Gerechtigkeit. Und er hat stets einen persönlichen Bezug zu den Menschen, denen er zur Seite steht. Sie kommen zu ihm, weil sie ein Problem haben, das die „normale“ Polizei nicht lösen kann. Um den Opfern zu helfen, überschreitet Heldt gerne die Grenzen des Gesetzbuches. Auch Action kommt dabei nicht zu kurz – sei es, wenn Heldt eine Handgranate unter dem Auto eines bösen Buben zündet oder einen Autoknacker laufen lässt, um eine Frau aus einer heiklen Situation zu retten. Diese wohl dosierte Mischung aus Krimi und Komödie ist stimmig und macht Spaß. Die Fälle sind spannend, aber sie werden mit einer Portion Humor erzählt und mit viel Augenzwinkern inszeniert.
Kai Schumann gibt Nikolas Heldt: Dreitagebart, Mütze, coole Sprüche, charmantes Lächeln. Mit kleineren Serienrollen in „Doctor’s Diary“ und „Klimawechsel“ gelang dem Mimen der Durchbruch, jetzt steht er im Mittelpunkt – und das zu Recht. Schumann nutzt die breite Palette an Spielmöglichkeiten, die diese Rolle bietet: mal körperbetont und schlagfertig, mal pointiert und einfühlsam. Die Serie spielt mit gegensätzlichen Charakteren, Anspielpunkt für Heldt ist Ellen Bannenberg. Die Comedy-bewährte Janine Kunze mimt die Staatsanwältin, die als Studentin als Model gejobbt hat („ein Traum in Seide“) und nun von Heldt liebend gern mit den Bildern aus ihrer Vergangenheit konfrontiert wird. Das Zusammenspiel der beiden funktioniert, hat Witz und manchmal knistert es auch. Die Frischzellenkur des ZDF ist mit dieser Krimiserie geglückt. Das Konzept ist auf eine Fortsetzung ausgelegt. Und nach dem Dortmund-„Tatort“, erschließt sich auch das Zweite mit Bochum den Ruhrpott. Auch wenn viel Lokalkolorit in den ersten Folgen (noch) nicht zu sehen ist. (Text-Stand: 23.12.2012)