Es ist noch nicht lange her, als sich Kathi (Anna Maria Sturm) mit ihrer besten Freundin bei einer kleinkarierten Horror-Hochzeit über diesen „schönsten Tag im Leben einer Frau“ lustig gemacht hat, da teilt ihr jene Caro (Nadja Becker) mit, dass sie und ihr Langzeitfreund Jan (Maximilian Grill) sich nun auch das Ja-Wort geben wollen. Kathi ist hin- und hergerissen. Einerseits freut sie sich für ihre Freundin – zumal sie Trauzeugin ist und damit gleichzeitig so etwas wie eine Hochzeitsplanerin wird. Andererseits hat sie unlängst erst ihren letzten Freund Markus (Bernhard Piesk) vergrault. Da dieser aber dummerweise auch zur Hochzeit eingeladen wird und er mit seiner attraktiven „Neuen“ kommt, will sich auch Single Kathi keine Blöße geben. Doch woher so schnell einen „Begleiter“ nehmen? Sie versucht es mit einer Partnerbörse, doch der Erfolg hält sich in Grenzen. Nur einer scheint kein Spinner zu sein. Der aber macht keine Anstalten, sie treffen zu wollen. Derweil versteht sie sich immer besser mit Trauzeuge Theo (Kostja Ullmann), der trotz dreier Handys und Busy-Busy-Brith (Jasmin Schwiers) an seiner Seite gar nicht so ein Kotzbrocken ist, wie Kathi anfangs dachte.
Es ist nicht leicht, eine Komödie zu machen über die „Mittdreißiger-Generation, die zerrissen ist zwischen der Selbstoptimierung im Zuge der medialen Multipräsenz und der zeitlosen Sehnsucht nach der großen Liebe“ – wie Regisseur Holger Haase das Thema der ZDF-Komödie „Heiraten ist nichts für Feiglinge“ umschreibt. Autor Arndt Stüwe („Der letzte Bulle“) hat sich dafür entschieden, die Widersprüche der thirtysomethings nur abzubilden, indem er Figuren zeigt, die nach außen hin etwas belächeln, wonach sie sich insgeheim offenbar sehnen, und die mit Mitte 30 immer noch unter dem Druck stehen, dazu gehören zu müssen, was eigentlich Teenager auszeichnet. Dieses Verhalten hat etwas Deprimierendes – auch, weil Stüwe dieses unkritische Hinterherhecheln am Rande der Selbstaufgabe viel zu wenig hinterfragt. Hingegen unterstellt er zu Beginn seiner Geschichte dieser Generation nicht nur konservative bürgerliche Werte und Haltungen als Rettungsanker aus der Beliebigkeit (was als soziologische Setzung durchaus okay wäre), sondern bemüht auch Verhaltensrituale aus der grauen Vorzeit des Genres: sich als Versagerin gegenüber dem Ex zu fühlen, weil der jetzt so eine „scharfe Schnitte“ an seiner Seite hat, ist so ziemlich die dämlichste Prämisse für eine Komödie, die sich vorgenommen hat, Gesellschaftskomödie zu sein. Der Subtext dieser Lust-Spiels ist eine einzige Spiegelfechterei. Aber nicht einmal als hübsche komödiantische Seifenblase überzeugen die ersten 60 Minuten von „Heiraten ist nichts für Feiglinge“.
Soundtrack: u.a. Louis Armstrong („What A Wonderful World“), INXS („Mistify“ / „Need You Tonight“), Barry White, Miles Davis, Jamiroquai („Cosmic Girl“), Beck („Everybody’s Got To Learn Sometime“), Frank Sinatra („Strangers in the Night“), Jimi Hendrix („Foxy Lady“), Daft Punk („Get Lucky“), The Love Affair („Everlasting Love“), Vicky Leandros („Theo, wir fahren nach Lodz“)
Foto: ZDF / Georges Pauly
Die Gegen-Meinung von TV-Spielfilm:
„… Trotzdem fällt die überraschungsfreie und schlichte Geschichte erstaunlich unterhaltsam aus – schräge Typen und guter Wortwitz helfen über Momente des Fremdschämens, und die Hauptdarstellerin liefert eine erfrischende One-Woman-Show. Erobert im Sturm Herzen altmodischer Romantiker!“
Dramaturgisch gebunden wird die Handlung, die wie an einem Faden aufgezogen ist, von den Genre-Konventionen der Romantic Comedy ganz alter Schule. Das auserwählte Paar kann sich anfangs nicht riechen, die Kontraste knallen (hier der smarte Karriereschönling – da die liebenswerte Spielwarenladenbesitzerin), das Glück des Ex ist offenbar auch nur vordergründig und die Phänomene des Zeitgeists poltern nicht weniger grobklotzig durch den Plot. Stüwe gelingt es nicht, die Single-Börsen & die oberflächlichen Ideale einer gestressten Generation mit einem lockeren Augenzwinkern zu belegen, stattdessen schießt er sich auf Nebenfiguren ein, spinnerte Karikaturen, mit denen er die schnellen Lacher sucht (aber nicht findet). Und so macht sich der Film selbst zum Sprachrohr jener Oberflächlichkeit, die er vorgibt zu kritisieren, indem er die miesen Praktiken aus dem Internet (Häme, Lästern, Mobbing) selbst auf Nebenfiguren wie Ekel Rolf oder Radfahrfetischist Holger anwendet.
Die ersten Hälfte dieses vermeintlich „jungen“ ZDF-Fernsehfilms sind eine wenig erfreuliche Zeitreise in die Sat-1-Komödien-Tradition der frühen 2000er Jahre. So launig sich die banale Handlung vermeintlich wegerzählen lässt, was der ZDF-Pressetext gleich einmal vormacht („Eigentlich sollte Kathi glücklich sein…“), so sehr macht die Geschichte von der sich als Ladenhüter fühlenden Ladenbesitzerin die Widersprüchlichkeit der Figuren zur Funktion der Handlung, anstatt den Widersprüchen um die Beziehungsware Mensch nachzugehen. Erst nach 70 Minuten kommt die Heldin zu der Erkenntnis „Lieber allein als mit einem Arsch zusammen“. Diese Erkenntnis kommt 70 Minuten zu spät. Die letzten 20 Minuten löst der Film dann vor allem aber auch Romantic-Comedy-technisch all das ein, was man sich bei dieser Ausnahmebesetzung und unter Regisseur Haase schon sehr viel früher erwartet hatte. Endlich springt der Funke über – es darf wohlgefühlt werden und Anna Maria Sturm und ihre Kathi müssen endlich nicht mehr unter ihrem Niveau agieren. (Text-Stand: 10.8.2015)