„Fährst du noch Mofa?“ Allein für diese Frage muss man Frank Koops (Aljoscha Stadelmann) lieben – beziehungsweise die erstmals fürs „Harter Brocken“-Drehbuch verantwortlichen Anke Winschewski und Niels Holle loben. Koops, Dorf-Sheriff in St. Andreasberg im Harz, ist nach einer gemeinsam mit Revierförster Heiko (Sebastian Weiss) und viel Alkohol auf einem Hochsitz verbrachten Nacht von einem Schuss geweckt worden. Heiko ist auf dem Weg zum Scheidungstermin verschwunden, dafür trifft Koops mitten im Wald auf einen alten Bekannten, auf „Mofa-Andy“ (Nicki von Tempelhoff), der da nun allerdings im Rocker-Outfit aus dem Boden wächst. „Blutadler Harzpower“ steht auf seiner Rockerweste. Und diesen „President“, einen Baum von einem Kerl – breite Schultern, mächtiger Schädel, mächtiger Bart – fragt Koops also ernsthaft: „Fährst du noch Mofa?“ Die Mofas konnte Andy in seinen Jugendjahren in St. Andreasberg frisieren wie kein zweiter. Nun „reitet“ er mit seinen Kumpanen auf schweren Maschinen in sein Heimatkaff ein, um ein Waffengeschäft abzuwickeln. Was Koops (noch) nicht weiß, weiß das Publikum: Der arme Heiko wurde im Wald von Andy erstochen und in einer Grube versenkt. Außerdem hat der Chef auf Bandenmitglied Bert (Aurel Manthei) geschossen, weil er angeblich ein Verräter ist. Laut der Anrufliste in seinem Handy hatte Bert Kontakt mit der Staatsanwaltschaft.
Foto: Degeto / Kai Schulz
Der sechste Film „Der Waffendeal“ hat alles, was die Reihe so unterhaltsam macht: eine kurzweilige Geschichte, starke Typen auch in den Episodenrollen und eine im deutschen Krimifernsehen seltene Kombination aus trockenem Humor und blutigem Thrill. Im Zentrum steht nach wie vor das sympathische Provinz-Trio, das mit Verve und Witz dem organisierten Verbrechen die Stirn bietet. Besonders für den wie einst Columbo stets unterschätzten Frank Koops wird es gleich mehrfach richtig eng. Seine Kollegin Mette (Anna Fischer) ist schwanger und wird von ihrem besorgten Freund Heiner (Moritz Führmann), dem Briefträger, per Smartwatch buchstäblich rund um die Uhr überwacht – was ihr schon bald auf die Nerven geht. Aber Heiners Kontrollwahn wird noch von Nutzen sein, und Mette ist hier keine in Watte gepackte Polizistin, sondern springt ihrem Chef tatkräftig zur Seite. Etwa als sie die Rocker mit einer Kontrolle ihrer Motorräder davon ablenkt, dass Koops im ehemaligen Elternhaus von Andy nach dem verschwundenen Förster sucht – eine schöne Szene mit Anna Fischer als furchtloser Polizistin und dem zwei bis drei Köpfe größeren Nicki von Tempelhoff.
Foto: Degeto / Kai Schulz
Dass die „Kleinen“ die „Großen“ ärgern, ist ja ohnehin der vergnügliche Kern der Reihe – und ein klassisches erzählerisches Muster. Stets fühlen sich die zu allem entschlossenen Gangster Koops & Co. überlegen, nur um am Ende festzustellen, dass dieser ein wenig schlampig daher schlurfende Bulle mitsamt seiner Helfershelfer aus dem Harzer Hinterwäldler-Kaff viel schlauer und pfiffiger ist als gedacht. Das hat etwas Märchenhaftes, was den Krimi-Plot gleichzeitig vor zu hoher Realitätserwartung bewahrt. Umso schwungvoller können die dramaturgischen Wendungen ausfallen. Wie in diesem Fall: Der angeschossene Rocker Bert erholt sich im verlassenen Haus des Försters und schlägt Koops hinterrücks nieder, als der nach Heiko sucht. Mit dem gefesselten Polizisten im Kofferraum fährt Bert nun zu seiner Bande. Um zu beweisen, dass er nicht die „Ratte“ ist, will er Koops vor den Augen seiner Kumpane erschießen. Wer aber ist dann der Verräter? Nach erregtem Hin und Her greift sich schließlich Andys Geliebte Jessie (Kim Riedle) die Waffe und drückt zweimal kurz entschlossen ab – auf Koops im Kofferraum. „Kompliment fürs Fast-Vorbeischießen“, wird der am Arm getroffene Koops später mit der ihm eigenen Gelassenheit sagen.
Das Autoren-Duo Winschewski/Holle hat sich da ein hübsches Verwirrspiel ausgedacht, eine waldreiche Berg-und-Tal-Fahrt mit knackigen Spannungs-Gipfeln. Jessie hat natürlich absichtlich (fast) vorbeigeschossen, denn sie heißt in Wirklichkeit Nina Kuro, arbeitet beim Bundeskriminalamt (BKA) und hat noch eine Rechnung mit Victor Koslow (Kasem Hoxha) offen, mit dem die Rocker den Waffendeal abwickeln wollen. Der wiederum hat einen eigenen „Maulwurf“ beim BKA: Anna-Lea Gritz (Hanna Plaß), eine Polizistin, die über sich selbst sagt: „Geld ist mein Fetisch.“ Koops wiederum ist gezwungen, von der Bildfläche zu verschwinden, denn die Rocker halten ihn ja für tot. Jessie scheint fürs erst von jedem Verdacht befreit, aber Rocker-„President“ Andy vertraut ohnehin nur seinem Bruder Chris (Merlin Leonhardt). Auffällig ist gegenüber den beiden letzten Filmen der Reihe, dass hier auf ein beiläufig behandeltes Thema verzichtet wurde. In „Die Fälscherin“ ging es um den Kunstmarkt, und die Folge „Der Geheimcode“ handelte von einer begehrten Formel für ein Krebs-Medikament, eingeschlossen einiger Dialoge um ethische und philosophische Aspekte. „Der Waffendeal“ ist dagegen schlicht ein von Markus Sehr geradlinig und schnörkellos inszenierter Film, der nicht mehr sein will als eine Thrillerkomödie um Verrat und Vertrauen.