Hanna Hellmann – Der Ruf der Berge

Diana Staehly, Tobias Licht, Anja Weber, Kai Meyer-Ricks. Die Alpen-Schlichterin

Foto: ZDF / Erika Hauri
Foto Tilmann P. Gangloff

„Der Ruf der Berge“ ist der Auftakt zur Tirol-Reihe „Hanna Hellmann“, mit der das ZDF eine „neue Heimatfarbe“ anbieten will. Die Zutaten sind allerdings die alten: viel Landschaft und Alpenpanorama, viel Drama, ein bisschen Naturschutz und selbstredend etwas Romantik. Aber die Darsteller passen gut zu ihren Figuren, und der Mut des ZDF, die Titelrolle einer unverbrauchten Schauspielerin zu geben, zahlt sich aus. Und auch der Flow stimmt.

Als „neue Heimatfarbe“ hat das ZDF die Alpenfilm-Reihe „Hanna Hollinger“ angekündigt. Damit ist klar benannt, was man zu erwarten hat: Berge, Drama und garantiert auch Liebe. Tatsächlich werden die Freunde des Genres nicht enttäuscht. Aber natürlich will das „Zweite“ auch jüngere Zuschauer ansprechen. Deshalb ist die Heldin Mitte dreißig und somit aus Sicht des ZDF-Stammpublikums im Tochteralter. Da Hauptdarstellerin Diana Staehly („Die Rosenheim-Cops“) auf bodenständige Art attraktiv ist, müssten die Filme eigentlich auch die Ehemänner der vermutlich vorwiegend weiblichen Zielgruppe ansprechen.

Davon abgesehen aber gehorcht die Auftakt-Episode „Der Ruf der Berge“ einem erprobten Muster. Einziger Unterschied: Die Heldin ist nicht zu ihren Wurzeln zurückgekehrt, sondern eher zufällig in den Tiroler Bergen gelandet. Der Einstieg in die Geschichte ist immerhin halbwegs originell: Hanna wacht mit Filmriss auf. Erst nach und nach ergeben ihre bruchstückhaften Erinnerungen den Grund, warum sie in der Almhütte gelandet ist: Ihr Freund hat ihr in München einen Antrag gemacht, worüber sie derart außer Fassung geraten ist, dass sie gemeinsam mit einer offenbar trinkfreudigen Wandergruppe das Weite gesucht hat. Da sie nun mal da ist, macht sie das Beste draus und verdingt sich bei Hüttenwirtin Lisa (Catherine Bode) als Hilfskraft. Eigentlich kommt Hanna aus Köln und ist Anwaltsgehilfin. Lisa findet, die juristische Erfahrung prädestiniere sie zur Schlichterin: Hanna soll helfen, einen jahrelangen Erbstreit zwischen Lisa und ihrem Bruder Enzo (Adrian Topol) zu beenden. Dabei geht es jedoch nicht nur um Geld, sondern auch um ein von Enzo mit Hilfe von viel Alkohol tatkräftig verdrängtes düsteres Geheimnis, von dem Lisa nichts ahnt.

Hanna Hellmann – Der Ruf der BergeFoto: ZDF / Erika Hauri
Trink ma noch a Schnäpserl. Für einen Joke am Rande immer gut: Ottfried Fischer

Soundtrack: Adele („Rolling In The Deep“), Jack Johnson (“Anything But The Truth”), Milow (“Echoes In The Dark”), Madness (“Night Boat to Cairo”), Green Day (“Restless Heart Syndrome”)

Die Geschichte ist nicht uninteressant, und da es zudem noch den äußerst schmucken Bergführer Alessandro (Tobias Licht) gibt, ist auch für Romantik gesorgt. Stellenweise wirkt „Der Ruf der Berge“, als habe Autorin Anja Weber eine Liste abarbeiten müssen: Der Bürgermeister ist wie in nahezu allen Filmen dieser Art nebenbei auch Unternehmer, der die schöne Landschaft durch eine Liftanlage verschandeln will; immerhin muss Florian Fitz den Mann nicht als kompletten Schurken verkörpern. Zwischendurch bricht auch mal ein eindrucksvolles Unwetter aus, damit Alessandro das Stadtkind retten kann. Auf den Regen folgt aber wie bestellt ein Regenbogen, und auch sonst sorgt Regisseur Kai Meyer-Ricks dafür, dass das prachtvolle Panorama regelmäßig zur Geltung kommt (Kamera: Daniel Koppelkamm). Ähnlich schlicht wie das visuelle Konzept ist auch die Dramaturgie: Wäre „Der Ruf der Berge“ ein Einzelstück, müsste Hannas Freund spätestens zu Beginn des letzten Akts auftauchen, als sie gerade dabei ist, ihre Gefühle für den Bergführer in die Tat umzusetzen. Aber der Film ist ja ein Reihenauftakt, und weil Teil 2 bereits am 19. März folgt, gönnen sich Buch und Regie den Luxus, Alessandros Gegenspieler (Roman Knižka) erst zum Abspann auf die Alm zu schicken. Genauso kurz ist ein Auftritt von Otti Fischer, der als Kneipengast einen Umberto-Witz zum Besten gibt, den er vermutlich bei Klaas Heufer-Umlauf abgeguckt hat.

Der Rest ist Heimatfilm von der Stange, wenn auch mit schönen Bildern; der Blick von der Alm aufs nächtlich illuminierte Innsbruck ist ähnlich imposant wie ein Sonnenaufgang überm Wolkenmeer. Der Himmel über den Alpen scheint es Meyer-Ricks ohnehin angetan zu haben. Ähnlich übertrieben ist der Einsatz von Luftaufnahmen, erst recht, wenn Hanna bei einer Busfahrt aus dem Fenster schaut und die anschließende Vogelperspektive nahe legt, sie säße in einem Hubschrauber. Ansonsten aber ist der Erzählrhythmus flüssig, und die Darsteller sind gut besetzt; gerade Tobias Licht ist als wortkarger Naturbursche eine gute Wahl. Seltsam nur, dass mit Ausnahme der gelegentlich ihren Senf dazutuenden alten Kneipenbesucher niemand Dialekt spricht; und die Musikauswahl ist mit ihren schmusigen Popsongs so einfallslos wie immer. Mit einer Ausnahme allerdings: Als eine Horde Finnen die Almhütte stürmt und Party macht, passt der Madness-Song „Night Boat To Cairo“ perfekt. Es wäre zwar witziger gewesen, ein Stück der finnischen Leningrad Cowboys zu verwenden, aber für subtile Anspielungen ist „Hanna Hellmann“ das falsche Genre.

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Reihe

ZDF

Mit Diana Staehly, Tobias Licht, Roman Knižka, Ottfried Fischer, Teresa Harder, Manuel Cortez, Florian Fitz, Catherine Bode, Adrian Topol, Florian Eisner

Kamera: Daniel Koppelkamm

Szenenbild: Christiane Rothe

Schnitt: Melania Singer

Musik: Maurus Ronner

Produktionsfirma: UFA Fiction

Drehbuch: Anja Weber

Regie: Kai Meyer-Ricks

Quote: 4,60 Mio. Zuschauer (14,1% MA)

EA: 12.03.2015 20:15 Uhr | ZDF

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