Am Anfang steht ein Familienidyll – irgendwo in Niedersachsen, nahe der Nordseeküste. Doch dann kommt der achtjährige Sohn von Katja Winzer abends nicht nach Hause. Wegen eines Kindermordes in der Gegend, wenige Monate zuvor, ist die Polizei alarmiert. „Das große Programm fahren“, heißt die Order von oben. Suchtrupps werden organisiert, eine SOKO nimmt die Arbeit auf, außerdem bekommt die Mutter einen Kripo-Betreuer an die Seite gestellt. Die Tage vergehen, doch Katja Winzer hofft weiter, sie gibt sich aktionistisch, sie will sich nicht an den Gedanken gewöhnen, dass ihr Sohn aller Wahrscheinlichkeit nach tot ist. Als ihr Lebenspartner unter Verdacht gerät, bleibt ihr niemand als der einfühlsame Kripo-Mann Roman Maartens, der über den Fall seine eigene Familie zu vergessen droht.
Gibt es so was!? Ein Christine-Neubauer-Film, der stellenweise richtig gut ist! „Haltet die Welt an“ beginnt atmosphärisch, Sorgenfalten liegen auf den Gesichtern und der Herbstnebel hängt tief. Der Neubauer, die nicht umsonst zwei Grimme-Preise im Schrank hat, zwei kernige Typen an die Seite zu stellen, zahlt sich aus. Feifels Mimik macht deutliche Ansagen, im Rahmen dieses Krimi-Melos aber wirkt dessen verschwitzte Nervosität durchaus passend. Und für Filip Peeters gilt: wie sein Maartens die Heldin rettet, so rettet er diesen Film. Seine Empathie und Männlichkeit bilden mit Neubauers wuchtiger Natürlichkeit ein Spannungsfeld, das für mehr Aufregung sorgt als die im Stile eines Protokolls erzählte Handlung.
Krimi, Rührstück, Drama – von allem ein bisschen ist von allem zu wenig. Das ist denn auch das grundlegende Manko dieses gut gespielten und souverän inszenierten Degeto-Films. Wie die TV-Movies der 1990er Jahre vergisst Annette Hess dem Ganzen eine Haltung zu geben. Die Dramen häufen sich gegen Ende, die Perspektiven wechseln, die Chronologie der Ereignisse dominiert. Daraus entsteht ein intellektuell diffuser Gefühlscocktail, bei dem sich die Frage stellt: Ist es moralisch vertretbar, mit realem Leid Gefühle zum Zwecke der Unterhaltung zu erzeugen? Die TV-Macher haben – im Zuge des Reality-Booms – für sich diese Frage längst beantwortet. Doch als Zuschauer sollte man ruhig mal wieder über diese Grundsatzfrage nachdenken. Die Heldin begibt sich erst nach den zwei Monaten, die der Film erzählt, in psychotherapeutische Behandlung. Das wäre der interessantere Film geworden.