Die Liebe ist die Triebfeder fast aller Romane von Johannes Mario Simmel. In seinem Frühwerk „Gott schützt die Liebenden“ geht es um zahlreiche Varianten jenes universalen Gefühls, das Berge versetzen, aber auch Verbrechen anziehen kann. Nach „Und Jimmy ging zum Regenbogen“ (5,5 Mio. Zuschauer) verfilmten Produzent Oliver Berben und Regisseur Carlo Rola den 55 Jahre alten Roman als zweiten einer geplanten, mehrteiligen Simmel-Reihe.
Es scheint die ganz große Liebe zu sein – was sich zwischen Paul Holland und seiner neuen Freundin Sibylle abspielt. Leidenschaft, wahre, bedingungslose Liebe. Umso betroffener ist der Kriegsreporter, als seine Geliebte eines Tages spurlos verschwunden ist. Die deutsche Polizei hält sie offenbar für tot. Doch der Journalist, der selbst dem Schicksal seiner Sibylle hinterher recherchiert, muss bald erfahren, dass man ihn als Lockvogel missbraucht. Und schlimmer noch: Sibylle Loredo heißt eigentlich Viktoria Brunswick. Sie war Mitglied der 4. Generation der RAF – eine Mitläuferin aus Liebe. Auch sie wurde einst als Lockvogel benutzt, um an einen viel gesuchten Links-Terroristen heranzukommen. Iris Berben spielt diese von Liebe, Politik und Hass gebeutelte Frau. „Ich gehörte nicht zu den vielen Fans, die damals jeden neuen Simmel-Roman sofort gelesen haben“, gesteht die Schauspielerin. Seit einigen Jahren ist sie mit dem Autor befreundet. Ihr beider Engagement gegen rechte Strömungen führte sie zusammen. Heute liebt Berben die Bücher Simmels: „Man wird ganz anders aufmerksam auf einen Menschen und auf das, was er schreibt, wenn die Anonymität, die ein Buch vorher hatte, verschwindet.“ Berbens Rezeption ist mit der vieler Kritiker vergleichbar. Erst spät fand Simmel als bedeutender Autor des Nachkriegsdeutschlands Anerkennung.
Drehbuchautor Günter Schütter („Tatort – Frau Bu lacht“) verlegte die Handlung in die Gegenwart, versehen mit Rückblenden in die 1990er Jahre. Aus der Gangsterbraut der Nachkriegsjahre wurde die Geliebte eines späteren RAF-Terroristen. Iris Berben verteidigt die „Modernisierung“ des Romans, da so ihre Rolle als Mitläuferin besonders deutlich werde: „Die Frau ist in meinen Augen ein unpolitischer Mensch gewesen. Sie hat sich, aus Angst vor einem Liebesverlust, in eine Welt begeben, die ihr eigentlich keine politische Heimat war.“
Der Mann, der die ganz große Liebe erfährt, sie verliert, der sich betrogen fühlt und der die Liebe wieder zu finden scheint, wird gespielt von Peter Simonischek. Mit der Souveränität eines „Burg“-Schauspielers nimmt er den Zuschauer mit auf eine Reise durch den Simmel-Kosmos, dem der Autor den Hang zur Kolportage nicht austreiben konnte. Auch die Veredelungsmomente einer heutigen, verschachtelten Erzählweise können nicht wirklich über die Banalität der Geschichte hinwegtäuschen. Was dem Grimme-Preisträger Schütter besser gelang als dem Autor von „Und Jimmy ging zum Regenbogen“ sind die Dialoge. Simmel, ein Freund von simplen Aphorismen und Metaphern, alles andere als ein sinnlich beschreibender Autor, ließ seine Helden nicht selten ihre Gesinnung mit Worten vor sich hertragen. Dieses Problem umging Schütter weitgehend, indem er wenig Originaldialoge übernahm. Nur wenn sich Holland an die Schreibmaschine setzt, klingt das deutlich nach Simmel: „Ich glaube nicht an Gott – nur die Liebe hat mir Hoffnung gegeben.“ (Text-Stand: 3.12.2008)