Ein tolldreister Kerl, dieser Friedrich Goethe. In Weimar sollen dem Möchtegern-Schreiberling, der gerade durch die Juristenprüfung gefallen ist, im Reichskammergericht von Wetzlar mit Paragraphen und Stapeln verstaubter Akten die jugendlichen Flausen ausgetrieben werden. Doch der Sturm und Dränger fühlt sich allein der Stimme seines Herzens verpflichtet – und verliebt sich: in Charlotte Buff. Tragischerweise ist Lotte ausgerechnet seinem Vorgesetzten, dem Gerichtsrat Kestner versprochen – denn der hat Geld, während die Buffs darben. Etwas Gutes hat diese unerfüllte Liebe: das Leid beflügelt Goethe zum Schreiben. Das Ergebnis ist (Literatur-)Geschichte: „Die Leiden des jungen Werther“. Der Briefroman wird ein Bestseller, der eine Selbstmordwelle unter unglücklich Verliebten nach sich zieht.
„Goethe!“ (man beachte das Ausrufezeichen) blendet den Dichterfürsten gänzlich aus, erzählt allein vom „Hoppla-jetzt-komm-ich“-Schöngeist der frühen Jahre, der mit dem Roman-Werther mehr gemeinsam zu haben scheint als mit dem realen Goethe. Der Kinofilm von Philipp Stölzl hat vornehmlich das junge Publikum im Visier und gerade noch die, deren gesunde Halbbildung das Spiel mit den Zitaten aus Goethes Werk („Faust“, „Sesenheimer Lieder“, „Iphigenie“) einen wohltuenden Mehrwert verschafft. Dieser „Goethe!“ verzichtet konsequent auf historische Wahrhaftigkeit („es ist mehr als die Wahrheit“, sagt Lotte am Ende) und intellektuellen Anspruch, ergeht sich vielmehr in einem ästhetischen Spiel, das einfach nur Spaß macht. Stölzl zieht alle Register des Kostümfilms mit literarischer Aura. Und immer ist ein kräftiger Schuss Ironie spürbar: in der Sprache, im wilden Treiben der Hauptfigur (augenzwinkernd verspielt: Alexander Fehling), im bezaubernd heutigen Lächeln Lottes (hinreißend frisch: Miriam Stein), in der selbstreferentiellen Erzählhaltung („die banalste Geschichte der Welt“). Schön unwirklich bisweilen auch die Landschaftaufnahmen, die an Caspar David Friedrichs Kompositionskunst erinnern. Der Film, der auf jegliche Tiefe verzichtet, ist mit leichter Hand gewirkt – luftig die jugendlichen Charaktere, flott die Montage, federleicht die Dialoge. Wer nichts Schwergewichtiges erwartet hat – der wird bei „Goethe!“ 100 sehr unterhaltsame Minuten haben! (Text-Stand: 29.6.2013)
Goethe für die SMS-Generation: die Wiedergeburt eines romantischen Klassikers“ (Cinema)
„Das Filmduell zwischen Goethe und Kestner hat in Wirklichkeit nicht stattgefunden. Belegt ist aber, dass Goethe Kestner den Tod wünschte. Solch eine Tatsache könnte man natürlich in einen Dialogsatz einbauen. Doch viel filmischer ist es, dieses Motiv dramatisch umzusetzen, um auszudrücken, was Goethe tatsächlich bewegte.“ (Produzent Christoph Müller)
Durch die Leichtigkeit, mit der der Film seine Geschichte erzählt, kommt er dem übermütigen Jungpoeten auf jeden Fall näher als durch akkurate Werktreue“ (Inge Kutter, Die Zeit)