Noch immer tanzen Agnes und Leo gemeinsam in den Himmel hinein. Selbst der 13 Jahre jüngere Ehemann hat nur Augen für SIE. Gemeinsam führen die zwei in Wien ein exquisites Juweliergeschäft. Doch dann ist da dieses Hüsteln von Agnes. Eine verschleppte Erkältung, behauptet sie, doch die Diagnose lautet Lungenkrebs. „Eine alte, kranke Frau mit kahlem Kopf – das hat er nicht verdient“, sagt sie zu ihrer Mutter. Die demenzkranke Frau soll lange Zeit die Einzige bleiben, der Agnes von ihrer Krankheit erzählt. Anstatt sich zu erklären, arrangiert die (selbst)bestimmte Frau die Zukunft ihres Mannes – mit einer jungen Frau an seiner Seite und mit einem Ersatzsohn noch dazu. „Das ist ein Wink des Schicksals“, glaubt die Todkranke und zieht sich zurück – gute Miene machend zum schmerzvollen Spiel.
Aus Liebe wird die Heldin zur Lügnerin, dann zur Kupplerin – auch zur Selbstmörderin?! Der Mythos von der Liebe über den Tod hinaus ist das treibende Motiv des österreichisch-deutschen Fernsehfilms „Glücksbringer“. Es geht um die ganz große Liebe, aber auch um das Alte, das Gewachsene, um die Werthaftigkeit des Traditionellen. Man sollte vorsichtig sein bei diesem Film mit dem Kitsch-Vorwurf. Sieht man darüber hinweg, dass der Ehemann, der seinem Glücksstern sonst alle Wünsche von den Augen abliest, plötzlich ein bisschen schwer von Begriff ist, dann ebnet dieses Melodram einem den Weg zu einigen universalen Wahrheiten: „Erst der Tod stellt die Fragen nach dem Sinn des Lebens“ ist eine solche.
„Glücksbringer“ ist ein Melodram – das heißt: der Film (be-)nutzt auch die Ängste um den Tod, und das Mehrwissen des Zuschauers sorgt immer wieder für heftige Empathiestöße. Vorausgesetzt: man akzeptiert als Zuschauer diese eigenwillige Ausgangsidee von der Ehefrau, die uneigennützig das Glück ihres Mannes in Angriff nimmt. Das geht umso leichter als es sich bei „Glücksbringer“ um ein Fünf-Personen-Stück handelt, das konsequent die Ausgangssituation durchspielt und bewusst nie in die Nähe eines realistischen Dramas gerät. So ist dieses aus der Verzweiflung geborene Dramolett als hoch emotionale Versuchsanordnung zu sehen. Passend zu diesem Spiel mit dem Tod: Wien als Spielplatz.
Was ist schon die von Kritikern gern eingeklagte „Glaubwürdigkeit“ gegen die Wahrhaftigkeit des Moments, die vor allem in den Szenen zwischen Christiane Hörbiger und Erwin Steinhauer zu Tage tritt, aber auch in den Monologen, die Agnes vor ihrer Mutter hält. „Jetzt, wo du nichts mehr verstehst, kann ich endlich über alles mit dir reden.“ Wie Hörbiger diesen Satz oder einen simplen, rasch bedeutungsschwanger wirkenden wie „Die Zeit ist unbarmherzig, gnadenlos“ spricht, ist großes Melo mit einer dicken Träne im Augenwinkel.