Romanze, Melodram oder vielleicht sogar Themen-Fernsehfilml? Pro Sieben verzichtete bei der Eigenproduktion „Geliehenes Glück“ ausnahmsweise einmal auf die gewohnte 100%ige Genre-Festschreibung. „Ein einfühlsames TV-Movie“ heißt es schlicht im Presseheft. Und noch ein Novum gibt es in diesem 90-Minter aus dem Hause der Bavaria: Uwe Ochsenknecht muß hier weder den cholerischen Haudrauf mimen, wie zuletzt in „Die Gang“ oder „Die Straßen von Berlin“, noch muß er die komödiantische Post-„Männer“-Nummer abziehen. Zurückgenommen wie selten darf er einen ganz normalen Mann spielen.
Dieser Mr. Durchschnitt, Hendrik Jansen, lebt in Hamburg, ist Geschäftsmann und ein liebender Gatte. Er und seine Frau haben sich für eine Leihmutterschaft entschieden. Die junge Neapolitanerin Giuliana soll für sie ein Kind austragen. Verträge, künstliche Befruchtung – das Technische geht glatt. Doch die Emotionen spielen verrückt. Ehemann und Leihmutter kommen sich näher. Giuliana, die noch immer nicht den Tod ihres geliebten Gatten überwunden hat und im Innersten den Traum von der glücklichen Familie träumt, sieht sich auf einmal als die „wahre“ Mutter an und möchte das Kind nicht hergeben.
„Nicht alles, was die Medizin als Errungenschaften feiert, macht uns das Leben leichter.“ Mit diesem Leitsatz sei man vor zwei Jahren an das Projekt herangegangen, so die Redakteurin Christiane M. Conradi. Ursprünglich sollte eine deutsch-amerikanische Geschichte erzählt werden. Conradi: „Vor allem in den Staaten gibt es kommerzielle Agenturen, die Leihmütter vermitteln.“ Doch USA war als Produktionsland zu teuer.
Ziel sei es gewesen, größtmögliche Authentizität zu erzielen. Deshalb sollte auf jeden Fall eine Italienerin Guiliana spielen. Maria Pia Calzone bekam die Rolle ohne großes Casting. Conradi: Ihr Temperament hat uns sofort überzeugt.“ Authentizität wollte man aber auch über die Optik erzeugen. Kameramann Kay Gauditz („Bella Block“) schuf atmosphärische Bilder: hier das warme Neapel mit seinen schwülen Sommernächten, dort das regnerisch kühle Hamburg. Keinesfalls wollte man bei Pro Sieben die Glaubwürdigkeit dem Genre opfern. Conradi: „Man hätte natrlich alles mehr ins Melodram ziehen können.“ Doch so bleibt etwas vom Thema Leihmutterschaft in den Bildern hängen. Wenn beispielsweise die tastende Hand des Vaters auf dem Bauch der Leihmutter den Kontakt zum Baby sucht. (Text-Stand: 17.3.1998)