Gefährliche Wahrheit

Potthoff, Kriener, Preuss, Hunfeld/Zertz, Wischnewski. Oben unter Vermischtes

Foto: ZDF / Christiane Pausch
Foto Martina Kalweit

Die engagierte Lokaljournalistin Maren Gehrke (Lisa-Marie Potthoff) ist einem Verbrechen auf der Spur. Sie wittert Brandstiftung aus politischen Motiven.„Gefährliche Wahrheit“ (ZDF / Odeon Fiction GmbH) folgt ihren Recherchen und thematisiert mehr als nur nebenbei den schweren Stand seriöser journalistischer Arbeit in Zeiten des Social-Media-Hypes. Eine gutgemeinte Titelstory, die etwas zu verbissen auf ihre Heldin zugeschnitten ist.

Beim Brand einer Mietskaserne sterben drei Menschen. Maren Gehrke (Lisa-Marie Potthoff) und Hans Buttke (Uwe Preuss) sind für die Lokalzeitung vor Ort. Sie brennt für ihren Job. Er hat schon alles gesehen und erlebt. Nach ersten Recherchen und den Aussagen eines Informanten wittert Gehrke Brandstiftung aus politischen Motiven. Mit Mühe kann sie sich mit der Theorie in der Redaktion durchsetzen. Noch mehr Mühe macht es der Chefredakteurin (Ulrike Kriener), auf Maren zu vertrauen und den Laden zusammenzuhalten. Anzeigen brechen weg, es ist kein Geld mehr in der Kriegskasse, man gerät in Abhängigkeiten. Als sich Verleger Freydank (Hanns Zischer) für eine neue Doppelspitze in der Redaktion entscheidet, scheint es für die Wahrheit über den tödlichen Brand endgültig zu spät.

Im vom Blaulicht durchwirkten Vorspann macht Regisseur Jens Wischnewski („Tatort – Anne und der Tod“) schon mal Vieles klar: Hier kämpft eine junge Frau um die Wahrheit und gegen Widersacher aus den eigenen Reihen. Damit der Zuschauer diese Maren Gehrke, von Lisa-Marie Potthoff angenehm unaufgeregt gespielt, ohne Abstriche mögen kann, sitzt sie nicht im Newsroom der BILD, sondern kehrt als Lebensretterin vom Einsatz in ein etwas abgehangenes Großraumbüro der Lokalzeitung zurück. Während ihre Online-Kollegin (Almila Bagriacik) am Laptop Geschichten über einen möglichen Anschlag generiert („Unsere Leser sind unsere Kunden, wir liefern, was sie bestellen“), wählt Maren den unbequemen Weg und hält sich an die Fakten. Ihr Privatleben gleicht ihrem Kühlschrank: Es ist leer. Ein Liebhaber und ein verwitweter Vater in der Ferne. Beide lässt Maren nicht wirklich an sich ran.

Geht es auf erzählerischer Ebene vorrangig um die Aufklärung des Brandes als Unglück oder Verbrechen, so bespielt „Gefährliche Wahrheit“ (Arbeitstitel: „Die letzte Ausgabe“) dahinter zwei Themenkomplexe, zu denen der Titel genauso gut passt: Den Kampf um Qualitäts-Journalismus und den Umgang mit der Wahrheit zu Wahlkampfzeiten. Beides ehrwürdige Anliegen, beide etwas zu streng in Gut-gegen-Böse-Schemen gepresst. Offensichtlich wird das in der Bildsprache zweier parallel ablaufender Handlungsstränge zur Mitte des Films. Maren trifft sich mit ihrem Informanten (Nyamandi Adrian), einem IT-Mitarbeiter der in den Brand verwickelten Immobiliengesellschaft. Das vertrauliche Gespräch findet im sanften Licht eines Hotelzimmers statt. Dazu die Wahrheit in ruhigen, verlässlichen Tönen. Gleichzeitig erfährt Immobilien-Chef Carsten Altmann (Torsten Liebrecht), wer da Geschäftsgeheimnisse verraten hat. Wut und Entschlossenheit in graublauen, kalten Bildern. Dazu ein anschwellender bedrohlicher Ton und Altmanns gebrüllter Befehl, das Problem endgültig zu lösen.

Gefährliche WahrheitFoto: ZDF / Christiane Pausch
Ist die Wahrheit heute noch finanzierbar? Maren Gehrke (Lisa Maria Potthoff) mit ihren Kollegen Sarah Karimi (Almila Bagriacik), Hans Buttke (Uwe Preuss), Benno Frick (Christoph Letkowski) und Redaktionsleiterin Posch (Ulrike Kriener).

Es gibt nur eine Person, die sich zwischen diesen Welten bewegt. Nah an Maren Gehrke, nah an Drahtzieher Altmann. Benno Frick, Chef vom Dienst beim Lokalblatt und einst Marens Geliebter, gerät in knifflige Situationen. Christoph Letkowski nimmt man diesen soft-skill-begabten Entscheider sofort ab. Aber leider muss er bleiben wie er (im Drehbuch angelegt) ist. Das macht die Sache auf Dauer nicht spannender. Auch die ermittelnde Kommissarin (Anna Thalbach) darf nicht viel mehr als wahlweise mit Journalistin Maren oder der Gerichtsmedizin telefonieren. Die stringent auf die Investigativ-Journalistin ausgelegte Dramaturgie lässt keine anderen Perspektiven zu und vergibt hier ein paar Chancen. Glücklich dagegen die Entscheidung, den Fall nicht in eine tödliche Gefahr für die Heldin und damit in einen unglaubwürdigen Krimi ausarten zu lassen. Stattdessen deutet sich wenigstens bei Maren Gehrke ein Wandel an. Kurz vor Schluss ist ihr Kühlschrank fast voll. (Text-Stand: 21.9.2021)

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Fernsehfilm

Arte, ZDF

Mit Lisa-Marie Potthoff, Ulrike Kriener, Uwe Preuss, Christoph Letkowski, Almila Bagriacik, Hanns Zischler, Nyamandi Adrian, Sahin Elmyraz, Anna Thalbach, Torben Liebrecht, Teresa Harder

Kamera: Dominik Berg

Szenenbild: Silke Buhr

Kostüm: Teresa Grosser

Schnitt: Falk Peplinski

Musik: Peter Thomas Gromer

Redaktion: Laura Mae Cuntze, Caroline von Senden, Olaf Grunert

Produktionsfirma: Odeon Fiction

Produktion: Katja Herzog

Drehbuch: Frauke Hunfeld

Regie: Jens Wischnewski

Quote: im ZDF: 5,31 Mio. Zuschauer (18,8% MA)

EA: 15.10.2021 20:15 Uhr | Arte

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