Doron Wisotzky hat unter anderem die Drehbücher für Matthias Schweighöfers Kinoerfolge „What a Man“ und „Schlussmacher“ geschrieben und bei „Für Emma und ewig“ zum ersten Mal Regie geführt. Sat 1, das vor einigen Jahren gern mal Hollywoodstoffe kopiert hat, ohne gebührend darauf hinzuweisen, räumt allerdings offen ein, dass sich Wisotzky an Micha Lewinskys Kinofilm „Die Standesbeamtin“ (Schweiz 2009) orientiert hat. Vergleiche mit den turbulenten Schweighöfer-Inszenierungen verbieten sich zwar, zumal Wisotzky bei der Sat-1-Komödie ungleich weniger Geld zur Verfügung stand, aber sein Talent als Autor ist zumindest offenkundiger als seine Regiebegabung. Trotzdem macht der Film viel Spaß, weil er von großer Zuneigung zu den Figuren geprägt ist und die Handlung durchaus ernste Untertöne hat, denn im Grunde erzählt Wisotzky eher vom Scheitern einer Ehe als von einer neuen alten Liebe: Emma und ihr Mann Thomas (Max von Thun) haben sich nach gut zehn Jahren Ehe nicht mehr viel zu sagen; eine Paartherapie scheitert kläglich, und irgendwann findet Emma raus, dass Thomas eine Affäre mit einer Yoga-Lehrerin hat, in deren Kursen auch fernöstliche Erotik praktiziert wird. Aber da ist sie ohnehin schon längst wieder in Ben verliebt, der einst, was sie nicht weiß, seinen einzigen Hit, „Ein bisschen für immer“, für sie geschrieben hat.
Aleardi macht schon seit vielen Jahren selbst Musik. Die klingt zwar völlig anders, aber sein Zweittalent prädestiniert ihn für Filme dieser Art (tatsächlich wollte er ursprünglich Musiker werden); davon profitierte schon das ZDF-Musical „Nur eine Nacht“. Wenn sich Ben ans Klavier setzt, muss Aleardi nicht so tun, als ob er spiele, vom Singen ganz zu schweigen. Tatsächlich könnte „Ein bisschen für immer“ ohne Weiteres im Radio laufen, das Lied ist kein anspruchsloser Schlager. Diese Einschätzung gilt auch für Film. Die Idee mit der Standesbeamtin, die Andere in den Hafen der Ehe lotst, während ihr der eigene Glücks-Kompass schon lange abhanden gekommen ist, gab’s zwar schon öfter, aber Wisotzky macht aus diesem Aspekt einen unterhaltsamen roten Faden mit amüsantem Running Gag: Emmas Ansprachen an die wechselnden Brautpaare verlieren sich in immer düsterere Metaphern, sodass sich ihr Chef (Sigi Zimmerschied) Sorgen um den Ruf der Behörde macht. Beim Zwiegespräch droht er ihr nicht ganz ernstgemeint mit einem Umschlag, der angeblich die Kündigung, in Wirklichkeit aber einen Werbeprospekt erhält. Wenn sich Emma wieder mal zu finsteren Prophezeiungen hinreißen lässt, zückt der Chef den Umschlag wie eine Gelbe Karte.
Komponist von „Ein bisschen für immer“ ist Chris Buseck, der auch schon für Yvonne Catterfeld und Mark Foster gearbeitet hat. Der Song wird als Single veröffentlicht und über alle gängigen Streaming-Plattformen verbreitet. Parallel dazu erscheint ein Musikvideo, das aus den Filmszenen zusammengeschnitten wurde. Aleardis eigene Musik gibt es hier: www.pasqualealeardi.com
Nadja Becker mag nicht die offenkundige Attraktivität anderer Schauspielerinnen haben, aber sie spielt nicht nur diese Szenen sehr hübsch, zumal sie darauf verzichtet, allzu dick aufzutragen. Die romantischen Momente zwischen Emma und Ben sind ohnehin glaubwürdig, aber auch die Auseinandersetzungen mit Thomas sind nicht bloß Komödie, sondern stellenweise recht realitätsnah. Einige Szenen sind allerdings Comedy pur, wenn Emma zum Beispiel dem Rat der Therapeutin (Paula Lambert) folgt, die dem Paar Rollenspiele empfohlen hat, und es schmerzhaft bereuen muss, dass sie Thomas als „Einbrecherin“ überraschen will. Sehr nett ist auch die Idee, Emma mit Erdbeeren und Schlagsahne dekoriert auf dem Esstisch auszubreiten, als der Gatte zwei Freunde zum gemeinsamen Fußballabend mitbringt.
Aus dem Rahmen fällt eigentlich nur ein zwar übertriebenes, aber witziges Solo von Manuel Cortez als Bens Plattenboss, der einen bühnenreifen Auftritt hinlegt, als er vorführt, wie er sich das nächste große Ding vorstellt: Ben soll beim Comeback von Eurodance eine maßgebliche Rolle spielen; der Musikverleger will aus ihm die deutsche Antwort auf Conchita Wurst machen, den nötigen Bart habe er ja bereits. Ben, den Wisotzky dankenswerterweise nicht zum abgehalfterten „One Hit Wonder“ degradiert, hat jedoch ungleich künstlerischere Ambitionen und sieht sich ganz sicher nicht in der elektronischen Tanzmusik. Dieses Missverständnis ist nicht nur ein treffender Seitenhieb auf die Musikbranche, sondern auch ein früher Hinweis darauf, dass es in Bens Beziehung kriselt, denn seine Freundin Julia ist auch seine Managerin. Mit Inez Bjørg David ist diese Rolle streng genommen überbesetzt. Dass die Dänin mehr Ausstrahlung besitzt als Nadja Becker, mag Geschmacksache sein, aber schauspielerisch ist sie deutlich interessanter. Andererseits repräsentiert Becker die ganz normale Zuschauerin, die sich problemlos in Emma wiederfinden kann. Außerdem kann sie singen: Gemeinsam mit Aleardi legt sie ein „Hallelujah“-Duett hin, das sich hören lassen kann. Einige Dialoge klingen ein bisschen bemüht (ihre Ehe sei „bis zum Dünndarm im Arsch“, stellt Emma fest), und eine Furzeinlage gleich zu Beginn ist ein völlig falsches Vorzeichen für diesen Film. Umso schöner ist Wisotzkys Inszenierung des vermutlichen ältesten Komödiengags der Welt: Emmas Kollegin (Sandra Steffl) ist überzeugt, dass sich Ben wieder in Emma verliebt hat, und führt ihr vor, wie sie sich seinen neuen Song vorstellt, den sie mit allerlei Zweideutigkeiten versieht; und natürlich steht Ben derweil amüsiert hinter ihr.