“Ich habe das doch für dich getan!” Eine junge Frau saß fünf Jahre im Gefängnis. Im Affekt hat sie den Mann ihrer besten Freundin umgebracht. Jetzt ist sie auf der Suche nach der Vergangenheit, sie will Klarheit in ihrem Kopf. Doch die ehemalige Busenfreundin will nichts mehr von ihr wissen. “Fremde Freundin” ist ein “Kleines Fernsehspiel” mit zwei großen Schauspielerinnen. Grimme-Preisträgerin Karoline Eichhorn und Inga Busch (“Aprilkinder”) laufen in dem Hochschul-Abschlussfilm von Anne Hoegh Krohn zu großer Form auf.
Ellen beginnt nach ihrer Haft langsam wieder Fuß zu fassen. Sie lebt spartanisch in einer kleinen Neubauwohnung, jobbt im Supermarkt, hat wenig Kontakt. Doch Katrin geht ihr nicht aus dem Sinn. Sie hört deren unverwechselbare Stimme im Radio, wo sie eine freche Night-Call-Sendung moderiert. Sie stellt ihr nach. Anfangs trifft sie auf großen Widerstand. Doch mehr und mehr scheint sich Katrin an die guten Zeiten mit Ellen zu erinnern. Nach einer feuchtfröhlichen Feier konfrontiert die verurteilte Mörderin ihre ehemalige beste Freundin auf brutale Weise mit der verhängnisvollen Nacht von damals.
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Der Filmemacherin Hoegh Krohn ging es bei ihrem ersten Langfilm um das Phänomen der “besten Freundin”. Katrin ist die vermeintlich Stärkere, die (sexuell) Aktivere von den beiden, ist extrovertiert und liebt einen dynamischen Lebensstil. Ellen dagegen ist die Nachdenklichere, die Normalere, vielleicht auch die Ehrlichere. Was sich aber genau in ihrem Kopf abspielt, was sich hinter ihrem sympathischen Äußeren und ihrer ernsten Art versteckt, das erschließt sich dem Zuschauer erst am Ende. Dieses menschliche Geheimnis, aber auch diese suggestive Montage-Methode – wie die Gegenwart fast unmerklich in die Szenen der Vergangenheit hinübergleitet – machen “Fremde Freundin” trotz der scheinbar am Alltag orientierten Dramaturgie zu einem spannenden Psycho-Drama ohne viel Worte. Vor allem Karoline Eichhorn, der man ihre Theater-Erfahrung ansieht, lotet ihren Charakter nuancenreich aus, wartet mit dem ganzen Spektrum an Gefühlsregungen auf. Wobei ihr Spiel trotz der artifiziellen Montage in jeder Situation psychologisch stimmig bleibt: eine junge Frau auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Sie und die sehr physisch agierende Inga Busch sorgen dafür, dass bei dem Film nie das Kunstgewerbliche die Oberhand gewinnt. (Text-Stand: 2000)