Frauenherzen

Brennicke, Baumeister, Julia Hartmann, Ruppert. Was Frauen in Berlin so treiben

Foto: Sat 1 / Frank Zauritz
Foto Tilmann P. Gangloff

„Frauenherzen“ war im vergangenen Jahr ein zwar nicht herausragendes, aber durchaus sehenswertes romantisches Drama über die Einsamkeit von jungen Großstädterinnen. Besondere Relevanz hatte der vergleichsweise namhaft besetzte Sat-1-Movie allerdings nicht. Nun gehen die vielen kleinen und großen Geschichten, die Astrid Ruppert über ihre verschiedenen Heldinnen erzählt hat, in Serie. Einige Darstellerinnen sind nicht mehr dabei, aber Machart und Tonfall sind gleich geblieben. Episodisch, beliebig, nett & abgesetzt.

Die sechsteilige Serie muss ohne Valerie Niehaus und Anna Fischer auskommen, dafür wirkt als bekanntes TV-Gesicht Muriel Baumeister („Bis in die Spitzen“) mit. Hinter der Kamera ist das verantwortliche Personal dagegen weitgehend das gleiche (Astrid Ruppert, Autorin des Films, hat für die Serie ebenso Verstärkung bekommen wie Regisseurin Sophie Allet-Coche), was daher auch für Tonfall und Machart gilt: Wie in einer Daily Soap hüpft die Handlung zwischen den verschiedenen dramaturgisch gleichrangigen Strängen hin und her.

Nicht nur aus diesem Grund ist „Frauenherzen“ gewissermaßen das Gegenstück zu „Mila“. Während die täglich ausgestrahlte Sat-1-Vorabendserie vorwiegend heiter ist und mit ihrer knallbunten Anmutung auch optisch Wohlfühlfernsehen signalisiert, sorgen die etwas gedeckteren Farbtöne in der Hauptabendserie für eine andere Atmosphäre. Die vier Protagonistinnen, deren Lebenswege sich gelegentlich beiläufig kreuzen, stehen für unterschiedliche Stimmungen, aber selbst der potenziell komische Handlungsstrang mit der dicken Friseurin Mandy (Christina Petersen hat die Rolle von Marie Schöneburg übernommen) birgt ein tragisches Potenzial: Sie hat keine Ahnung, dass es sich bei dem Chatpartner, den sie als Seelenverwandten betrachtet, um ihren neuen Chef (Florian Panzner) handelt, den sie nicht ausstehen kann. Auch die anderen Geschichten sind nicht lustig: Britta (Baumeister) schlägt sich mehr schlecht als recht mit ihren zwei Kindern durchs Leben und wird am neuen Arbeitsplatz mit einer jungen kinderlosen Konkurrentin (Anna Julia Kapfelsperger) konfrontiert, die ihr auch noch eine pfiffige PR-Idee klaut. Fe (Nadeshda Brennicke), im Film eine karrierefixierte Model-Agentin, deren Ehe beinahe in die Brüche ging, ist mittlerweile schwanger, aber hin und her gerissen zwischen dem Kinderwunsch und der Überzeugung, dass sich ein Baby mit ihrem Beruf nicht vereinbaren lasse. Auf dieser Erzählebene steht allein Brennickes Spiel für eine gewisse Comedy-Ausrichtung: In ihren komischen Rollen gibt sich die Schauspielerin ja gern mimisch flirrend & gestisch flatterhaft.

FrauenherzenFoto: Sat 1 / Frank Zauritz
Die Neu-Berlinerin Britta (Muriel Baumeister) muss sich allein und momentan ohne Job mit zwei Kids durchs Leben schlagen.

Am interessantesten ist die Geschichte von Café-Besitzerin Frieda (Julia Hartmann), deren Einsamkeit und deren Problem mit verbindlicher Nähe, durch die wechselnden Männerbekanntschaften im Film noch betont wurde. In der Serie bekommt sie Besuch von ihrer krebskranken, emotional ähnlich gestrickten Mutter (Sabine Vitua), die sich gegen jede Form von Mitgefühl wehrt. Frustriert schnappt sie sich im Krankenhaus den nächstbesten Arzt: Mark (Tobias Oertel) geht es nicht viel besser, er ist der Mann von Fe und zweifelt an der Liebe seiner Frau. Frieda erlebt auch den skurrilsten Moment der ersten Folgen: Als sie betrunken im Bus sitzt, taucht wie aus dem Nichts ein ausgewachsener Schimpanse neben ihr auf. Sie schüttet ihm ihr Herz aus, der Affe nickt verständnisvoll und ist bald darauf wieder verschwunden. Anschließend ist sie überzeugt, dass sie sich das alles nur eingebildet habe, aber am nächsten Tag liest sie in der Zeitung, dass das Tier aus einem Zoo ausgerissen sei.

Leider hat die Serie Szenen wie diese, die aus dem üblichen Rahmen fallen, sonst kaum zu bieten. Statt dessen orientiert sich die Machart von „Frauenherzen“ am üblichen Standard: Statt Filmmusik gibt es Popsongs, als Kapiteltrenner fungieren urbane Berlin-Motive, und weil die einzelnen Szenen mitunter nur eine Einstellung lang sind, wirkt die Erzählweise sehr episodisch. Temporeich ist die Serie trotzdem nicht, aber auch das galt schon für den Film. Unterm Strich gilt daher für beide Produktionen das gleiche Urteil: Auch die Serie ist keine Zeitverschwendung, aber Spuren hinterlassen wird sie nicht. (Text-Stand: 26.8.2015)

FrauenherzenFoto: Sat 1 / Frank Zauritz
Die interessanteste Figur in der Sat-1-Serie „Frauenherzen“ ist Café-Besitzerin Frieda (Julia Hartmann). Durch den Besuch der krebskranken Mutter (Sabine Vitua) wird angedeutet, was in ihrem Leben schiefging.

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Serie & Mehrteiler

Sat 1

Mit Nadeshda Brennicke, Muriel Baumeister, Julia Hartmann, Christina Petersen, Tobias Oertel, Sabine Vitua, Reza Brojerdi, Anna Julia Kapfelsperger

Kamera: Christian Paschmann, Felix Poplawsky

Ausstattung: Matthias Klemme

Schnitt: Günter Schultens, Bernhard Wießner

Musik: Thomas Klemm

Soundtrack: Lena Meyer-Landrut („Wild & Free“, Titellied)

Produktionsfirma: Wiedemann & Berg Television

Drehbuch: Marie-Helene Schwedler, Astrid Ruppert, Fabian Wiemker, Melanie Brügel

Regie: Sophie Allet-Coche, Florian Gärtner

EA: 15.09.2015 20:15 Uhr | Sat 1

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