Ein junges Paar nimmt sich auf Formentera eine Auszeit vom Alltag, das gemeinsame Kind wird von der Großmutter in Berlin betreut. „Wir brauchen etwas Zeit für uns“, sagt Nina zu den Bekannten ihres Mannes Ben, Alt-Hippies, bei denen das Paar für den Beziehungs-Urlaub unterkommt. Nina fühlt sich unwohl, trotz Sonne, Strand und Meer, trotz einer scheinbar entspannten Atmosphäre auf der Insel. Das ungezwungene, unverbindliche Leben ist ihr fremd. Das Interesse der hübschen Mara an Ben beobachtet sie mit Misstrauen. Und davon, dass Ben, ein Solartechniker, mit dem Gedanken spielt, von Berlin nach Formentera umzuziehen, erfährt sie erst durch eine Bemerkung ihres Gastgebers. „Ich habe nur geträumt“, rechtfertigt sich Ben. „Wieso träumst du nicht mit mir?“, fragt Nina.
Foto: ZDF / Titus Kreyenberg
Landschaft, Liebe, Licht – ein schöner Dreiklang ist das in diesem wunderbar fotografierten, stimmungsvollen Film, dem zweiten von Regisseurin Ann-Kristin Reyels (nach „Jagdhunde“). Sie erzählt in dem „Kleinen Fernsehspiel“ von einer Beziehungskrise unter der hellen Sonne der Balearen-Insel, in der Finca, am Strand und bei Fahrten mit dem Motorroller, oder abends beim gemeinsamen Essen am Tisch, mit warmem Licht gekonnt in Szene gesetzt. Lange, ruhige Einstellungen, kaum Musik, reduzierte Dialoge – das Regie-Konzept ist stimmig, taugt aber sicher eher für einen Kino-Abend als für den nächtlichen Genuss vor dem Fernseher.
Der Film wirft Fragen auf, die sich sicher viele „Thirtysomethings“ stellen. Die Familie ist gegründet, die ersten Schritte im Berufsleben sind getan – oder auch nicht – und nun? Ist der Lebensweg vorgezeichnet, ohne die Möglichkeit für Umwege oder Alternativen? Der Vergleich mit „Alle Anderen“, auch ein Film über ein Paar mit Beziehungsproblemen im Urlaub, drängt sich auf. Doch wo „Alle Anderen“ die verschiedenen Perspektiven von Frau und Mann schmerzhaft genau seziert, erzählt „Formentera“ von der Unfähigkeit, überhaupt miteinander ins Gespräch zu kommen. Auch das ist ein legitimer Ansatz, zumal mit der attraktiven Sabine Timoteo eine Schauspielerin im Zentrum des Films steht, die die Stimmungen Ninas mit zum Teil kindlich wirkender Natürlichkeit verkörpert. Eine Figur, schon erwachsen, aber noch nicht am Ziel der Reise. Ben bleibt dagegen etwas blass, was weniger an Schauspieler Thure Lindhardt liegt als an der Konzentration auf die weibliche Hauptfigur.
Die Darstellung der kleinen Hippie-Nachbarschaft ist in gewisser Weise bösartig gut gelungen. Man schnipselt Gemüse, isst zusammen, man kommt und geht oder schnitzt schweigsam vor sich hin wie Christian Brückner in einer seiner seltenen Rollen vor der Kamera. Sympathische Typen sind das, nur angedeutet in ihrem Auf-sich-selbst-Bezogensein, aber hinter all der freundlichen Unverbindlichkeit lauert auch eine Art von Enge. (Text-Stand: 19.4.2013)