Entwickelt sich der Kriminalpsychologe und Psychotherapeut Dr. Vincent Flemming, Spezialgebiet Körpersprache und Paarverhalten, zum Klammeraffen? Er ist es, der als letzter loslässt, wenn er und seine (wieder) geliebte Ann händchenhaltend zum Tatort kommen. Und er ist es, der am liebsten mit seiner Ex-Frau wieder zusammenziehen würde. Dass die beiden ausgerechnet nach ihrer Scheidung noch ein Kind zusammen bekommen haben, hat den Mann, der die Frauen liebt, offenbar verändert. „Privat war es immer Vince, der emotionale Wirbel in die Beziehung brachte“, betont „Flemming“-Erfinder Gregor Edelmann. „Jetzt ist es Ann Gittel, die insbesondere die erotischen Beziehungen der beiden zum Tanzen bringt.“ Sprich: die schöne Kommissarin wird vom neuen Polizeifotografen ernsthaft umflirtet. Sie geht auf Distanz. Flemming weiß, dass er mit „Besitzansprüchen“ seiner Ex nicht kommen kann. Und Ann kämpft gegen die neue Liebe an – vergebens. Nach zwei Jahren Babypause kehrt die Kommissarin an ihren Arbeitsplatz zurück. Emotionaler Ausnahmezustand an allen Beziehungsfronten.
„Flemming“ geht in die dritte Runde. Die Beziehungsarithmetik hat sich verändert – und plötzlich steht die Körpersprache des ewigen Analytikers im Fokus. Der selbstgefällige Besserwisser hat schon in Staffel 2 Federn lassen müssen. In den neuen acht Folgen muss er teilweise mächtig leiden. Doch er ist Profi (und eitel) genug, um seine Fälle mit gewohntem Scharfsinn und großer Menschenkenntnis zu lösen. Flemming setzt Hypnose ein, behandelt traumatisierte Opfer und überlistet eine redeunwillige Zeugin mit einem tatortbezogenen Assoziationstest. Den Psychologen verschlägt es ins Außenministerium, in ein Callcenter, in dem die Belegschaft zwei Tage einen toten Kollegen ignoriert, und er soll bei einem Clan-Krieg zweier krimineller, arabischer Familien für Deeskalierung sorgen. Autor Edelmann spricht von der „Königsebene“, auf der der Psychologe nun eingesetzt wird. Die Spielchen (in Staffel 1) zwischen dem klugscheißenden Seelenklempner und den ignoranten Bullenärschen, ein rhetorisches Mittel, um den Vorbehalten der Zuschauer gegenüber angewandter Psychologie ein Ventil zu geben, haben ein Ende. Flemmings Methode wird akzeptiert. Rund 4,5 Millionen Zuschauer in der zweiten Staffel sind der Beweis. Produzent Markus Brunnemanns Einschätzung, „die Fälle sind in psychologischer Hinsicht noch ausgefeilter, die Beziehung von Ann & Vince ist gereifter, vielschichtiger“, lässt sich nur bestätigen.
Hannelore Elsners Ex-Kommissarin in der Auftakt-Episode über Flemming: „Ein Kriminalist, der kein Psychologe ist, ist kein Kriminalist. Und das heißt: Sie sind der unnützeste Typ bei der Polizei, von dem ich je gehört habe.“
„Flemming“ vergeudet keine Zeit, um ergebnislose Spuren zu verfolgen, die Serie nimmt stattdessen Charaktere ins Visier, Täter, die aus einer psychologischen Dysfunktion heraus ihre Taten begehen. Daraus ergeben sich zumeist 45 konzentrierte, dichte Filmminuten. „Die alte Kommissarin“ zum Auftakt ist gleich so ein Klasse-Serienkleinod. Für solche seriellen Extra-Touren stehen natürlich auch die entsprechenden Schauspieler zur Verfügung. Hier sind es Hannelore Elsner und Martin Brambach. Weitere Episodenhauptrollen übernahmen Karoline Eichhorn, Lavinia Wilson, Jürgen Tarrach, Justus von Dohnányi, Katharina Wackernagel oder Christoph Maria Herbst. Damit sie – im Gegensatz zur zweiten Staffel – ins richtige Licht gesetzt werden, entschloss sich die Phoenix Film, der Qualität der Inszenierung wieder größeren Wert beizumessen und engagierte mit Matthias Tiefenbacher, Florian Kern und Uwe Janson drei sehr versierte Fernsehfilm-Regisseure. Fazit: „Flemming“ schöpft die seriellen, visuellen und kommunikativen Möglichkeiten immer besser aus. (Text-Stand: 5.9.2012)