Der Hamburg-Harburger Heinz Strunk sieht zurück auf seine schlimmen Jugendjahre in den Achtzigern auf der falschen Seite der Elbe. Im Leben des Hobbymusikers geht nichts mehr: kein Job, keine Freundin, kein Antrieb, nur eine psychisch kranke Mutter, eine Tod unglückliche Nachbarin und das ganze Gesicht voller Akne. „Ich fand alles scheiße an mir“, resümiert er. Doch dann kommt Gurkis Anruf – und aus dem Trauerkloß wird ein „Mucker“, der mit der Unterhaltungskapelle Tiffany’s die Dorf-, Schützenfeste und Hochzeitsfeiern der Umgebung unsicher macht. Gute Laune auf der Bühne, Komasaufen im Saal, humorlose Veranstalter – irgendwann will der „Heinzer“ am Saxofon mehr, will eigene Songs schreiben. Da trifft es sich gut, dass die nervige Mutter in eine geschlossene Einrichtung muss. Jetzt hat der Möchtegern-Produzent schon mal das Wohnzimmer als „Tonstudio“ zur Verfügung. Nur mit der Sängerin scheint das nichts zu werden. Musikalisch. An etwas anderes denkt Heinz überhaupt nicht… „Ganz Harburg war von minderjährigen Sexbomben verseucht.“ … fast überhaupt nicht. Auch mit den anderen Frauen klappt es kaum besser. Die eine stirbt im Stillen, die andere nimmt sich das Leben.
Eigentlich ein Unding, den autobiografischen Kultroman „Fleisch ist mein Gemüse“ von Heinz Strunk zu verfilmen. Eine episodisch und lakonisch erzählte Geschichte ohne klassische Spannungsbögen, eine Tonlagen-Mischung aus urkomischen Momenten und ernsthafter Kleinbürger-Tristesse, die in Filmen für gemeinhin scheitert. Der Film von Christian Görlitz ist sicher kein Komödien-Meisterwerk, aber dieser Spagat gelingt ihm gut. Vielleicht benötigt man als Zuschauer eine Portion Masochismus, um diese ganz speziellen Provinz-Achtziger-Jahre und die Unzulänglichkeiten des postpubertären Anti-Helden goutieren zu können. Was die Oberfläche angeht – da haben sich die Macher Gurkis Wahlspruch zu Herzen genommen und „geil abgeliefert“. Deutscher Wohnzimmermuff und geschmacksfreier Bühnen-Show, Kostüme und Zeitgeist, Fleischfetischismus und deutsche Gemütlichkeit sind bestens getroffen. Die Minipli von Andreas Schmidt sitzt – und sicher nicht nur dafür und für Gurkis alberne Sprüche („Lieber witzig mit 70 als ranzig mit 20“ oder „Erst mal ein Bierchen für die Nierchen“) bekam er den Deutschen Filmpreis. Als Sittengemälde jedenfalls überzeugt die Verfilmung von Strunks Roman. Anna Fischer deutet an, dass mit ihr zu rechnen ist, der Soundtrack, von der Filmband eingespielte Schlager- & Popklassiker, wirkt authentisch, und die menschliche Ironie als Erzählhaltung und ein glamouröses Wohlfühlende, durch das es sich dann doch erübrigt, dass man nach den 90 Minuten erst mal durchlüften muss, geben dem Film etwas Sympathisches und treffen wunderbar den Ton der Vorlage.