Vor Jahren, als sie noch eine aufstrebende Ärztin war, ging es ihr in erster Linie darum, Menschenleben zu retten. Dieses Anliegen ist Dr. Patricia Engel in Fleisch und Blut übergegangen. Auch heute noch, da sie längst den Weißkittel durch die schwarze Robe ersetzt hat, will sie helfen, Leben zu erhalten. Als Expertin für Arzthaftungsrecht muss sie jetzt gegen ihre ehemalige Klinik, an der ihr Vater Chefarzt ist, juristisch vorgehen. Ein Behandlungsfehler des Oberarztes hat aus einer Frau, die mit einer simplen Blinddarmentzündung eingeliefert wurde, eine Todeskandidatin gemacht. Die Anwältin ist außer sich. Der Fall reißt bei ihr alte Wunden auf. Auch ihrem Vater ist einmal ein folgenschwerer Fehler unterlaufen. Das war der Grund für sie, das Skalpell aus der Hand zu legen. Wie sie diese ungeschriebenen Regeln hasst! „Ärzte machen keine Fehler. Und wenn doch einmal, dann wird es unter den Teppich gekehrt.“ Jetzt droht, eine Frau zu sterben, nur weil ein Arzt seinen Fehler nicht zugeben will.
Es dürfte viele Zuschauer geben, die sich dieser Geschichte nicht entziehen werden können. Zumindest dem Stoff nicht. Denn es geht um die Krankenhaus-Misere, um den hippokratischen Eid und was er noch bedeuten kann in Zeiten von OPs im Stundentakt, um Menschen, die an Therapiefehlern sterben, um die Halbgötter in Weiß, die Leben erhalten wollen, aber auch am Image vom perfekten Arzt festhalten. Das Krankenwesen ist und bleibt das Sujet, aus dem sich die bewegendsten Geschichten bauen lassen. Dieser Stoff rennt allerdings bei den Zuschauern offene Türen ein. Für die Breitenwirksamkeit von „Engel der Gerechtigkeit“ ist das freilich die beste Voraussetzung, für einen guten Film nicht unbedingt.
Diese Polyphon-Produktion, eine Melange aus „Schwarzwaldklinik“, sozialkritischer Anwaltsserie und „Apotheken-Umschau“, nimmt einen mit auf die vorhersehbare Reise in ein Happy End, das die Familien wieder zusammenführt: da ist die Heldin, sympathisch gespielt von Katja Weitzenböck, da ist ihr störrischer Vater, den Robert Atzorn mit dem Versprechen auf Läuterung verkörpert, da ist Maria Simon, die dem Leiden ein Gesicht gibt, und da ist Marie Gruber, als im Innern ihres Herzens „gute Seele“. Die vier Schauspieler sind die Säulen dieses auf Konsens gebürsteten Anwalts-Ärzte-Dramoletts, bei dem der Stoff und das Buch mehr versprechen, als die (biedere) Inszenierung halten kann. (Text-Stand: 27.4.2011)