Beim deutschen Gesundheitssystem krankt es an allen Ecken und Enden; beste Voraussetzungen für eine Filmreihe, die sich erklärtermaßen als Anwalt der Patienten versteht. Leider wird das auch regelmäßig allzu wortreich zum Ausdruck gebracht.
„Kopfgeld“, der vierte Film mit Katja Weitzenböck als unerschrockene Juristin, bleibt dem gewohnten Muster treu. Im Vordergrund werden zwei gänzlich unterschiedliche medizinische Fälle behandelt, die Patricia Engel als Anwältin für Arzthaftungsrecht übernehmen soll, im Hintergrund schlängelt sich die durchgehende familiäre Erzählebene durch die Geschichte: Die Ehe von Patricias Eltern ist endgültig zerrüttet; Vater Brenner (Robert Atzorn) ist allein zuhaus, weil er seine Arbeit als Chefarzt am Klinikum Hamburg stets wichtiger fand als das Familienleben. Für Aufregung sorgt diesmal vor allem Assistentin Jennifer (Birthe Wolter), die im wahren Leben mit ihren kurzen Röckchen den Ruf jeder ehrbaren Anwaltskanzlei gefährden würde: Sie lässt sich auf ein Techtelmechtel ausgerechnet mit dem schnöseligen Anwalt (Johannes Brandrup) ein, der vor Gericht regelmäßig Patricias Gegner vertritt.
Zum Glück sind die Fälle von seriöserem Zuschnitt: Ein leidenschaftlicher Sportler (Bernhard Schir) ist nach einem Unfall querschnittsgelähmt und bittet Patricia um Beistand gegen seine Frau (Esther Scheins), die ihn entmündigen lässt. Als die Anwältin durch Zufall herausfindet, dass der Mann bereits Vorkehrungen für einen unterstützten Freitod getroffen hat, kommt sie ins Gewissensnöte. Parallel dazu will sie einem Klinikchef (Miroslav Nemec) das Handwerk legen, der Hausärzte dafür bezahlt, dass sie Patienten in sein Krankenhaus überweisen. Einer Frau, die mit Herzproblemen eingeliefert worden ist, hat er ohne Not die Gallenblase entfernt.
Foto: ZDF / Nicolas Maack
Der Reiz der Reihe liegt vor allem in der Kombination, die die Titelfigur, jener „Engel der Gerechtigkeit“, verkörpert: Juristin Engel ist auch Ärztin, kann den Medizinern auch in deren Fach die Stirn bieten. Außerdem liegt es auf der Hand, dass sich viele Zuschauer von den Geschichten angesprochen fühlen, denn Patient ist jeder mal; und wem, um es mit Brenner zu sagen, sollen kranke Menschen vertrauen, wenn nicht ihren Ärzten? Ein grundsätzliches Manko der Filme sind jedoch die Vorträge, die sich Weitzenböck und Atzorn immer wieder gegenseitig halten müssen, um ihre moralische Entrüstung über das marode Gesundheitssystem zum Ausdruck zu bringen und die Zuschauer mit dem nötigen Hintergrundwissen zu versorgen. Die Plädoyers finden bevorzugt auf dem Krankenhausflur oder im elterlichen Wohnzimmer statt, und selbst diesen versierten Hauptdarstellern gelingt es nicht, die Unterbrechung des Spielflusses zu kaschieren. In dieser Hinsicht sind das Buch von Jürgen Werner und die Regie von Sigi Rothemund doch recht einfallslos. Davon abgesehen leben die Filme von den hochkarätigen Darstellern: Nemec ist erfolgreich gegen sein Image besetzt, Thieme verleiht der Rolle eines erschütterten Ehemanns eine für eine Randfigur respektable Tiefe. Einige der weiblichen Nebendarstellerinnen passen sich allerdings umso eifriger den Modalitäten des ZDF-„Herzkino“-Sendeplatzes an. (Text-Stand: 5.12.2013)