Die hochschwangere Katrin (Nicolette Krebitz) turnt noch immer zwischen Schule und Familie hin und her – und hat schon Pläne für die Zeit nach dem Mutterschutz. Die Schuldirektorin Dr. Schulze-Stadler (Sophie Rois) hat sie zu ihrer Nachfolgerin bestimmt. Das Einstellungsgespräch soll jedoch bereits in acht Wochen stattfinden – und Isalie, ihr drittes Kind nach Saskia (Emilie Neumeister) und Leo (Luis August Kurecki), lässt sich Zeit. Die Hektik im Hause Wiedemann-Esch hat dann aber auch ihr Gutes: Nach einem Ausrutscher im Garten platzt die Fruchtblase – und weil Philipp (Hary Prinz) die falsche Notruf-Nummer wählt, bekommt Katrin ihr Baby wenig später im Wagen ihres Lieblingspolizisten (Matthias Brenner). Da sich Philipp schon seit langem darauf freut, die Elternzeit zu übernehmen, dürfte Katrins Karrieresprung nichts mehr im Wege stehen. Doch die Sturzgeburt hat den Hormonhaushalt nicht nur der Mutter, sondern auch des Kindes durcheinandergebracht. Wochenlang schreit Isalie die Nächte durch. Völlig übermüdet und auch sonst etwas neben der Spur schwinden die Chancen auf Katrins Traumjob. Da kommt der Noch-Direktorin unter Mithilfe des redseligen Papas die großartige Idee, dass Philipp die Schulleitung übergangsweise übernehmen könnte – mit Katrins Konzept. Die findet das gar nicht so großartig. Und dann quartieren sich auch noch Vater Horst (Peter Prager) und Diana (Daniela Ziegler), die Mutter ihres ersten Mannes, im Haus ein – natürlich nur, „um zu helfen“. Die Sache mit der Frau vom Jugendamt (Milena Dreißig) haben sich die Eltern aber selbst eingebrockt. Wer legt schon sein Kind „aus Versehen“ in eine Babyklappe!?
Foto: MDR / Steffen Junghans
Nach „Familie mit Hindernissen“ (2017) und „Trauung mit Hindernissen“ (2018) gibt es nun in „Eltern mit Hindernissen“ ein Wiedersehen mit den Wiedemanns und einem Großteil ihrer buckligen Verwandtschaft. Drehbuchautorin Sophia Krapoth („Die Hochzeit meiner Eltern“) hat das Chaos der von ihr erdachten Leipziger Patchwork-Familie weitergesponnen mit der Frage: Was könnte alles passieren, wenn das neue Paar noch ein eigenes Kind bekommen würde? Da es sich bei Katrin und Philipp um zwei ebenso auf- wie vermeintlich abgeklärte Charaktere handelt und die beiden eine moderne Ehe führen, in der eher die Frau entscheidet, wo es langgeht, hat sich die Autorin gute Tricks einfallen lassen, damit es nichts zu werden scheint mit der Elternzeit des Mannes und wodurch es Streitereien gibt, die das Paar eigentlich für überwunden hielt. Und dann kitzelt den eigentlich wenig ehrgeizigen Philipp, der sich vor der Geburt in die Rolle des „Super-Papa“ träumte und dessen Euphorie jetzt deutlich nachlässt, der Gedanke, „Herr Direktor“ zu werden, doch auch ein Stück weit seine Eitelkeit.
Und in einem dieser typischen Beziehungsstreits, die sich irrational hochschaukeln, kommt es schließlich zu diesem unfassbaren Moment, der der Handlung eine Wende gibt: Das Paar befindet sich auf einem abendlichen Streitspaziergang. Der Zufall will es, dass sie zu einem Krankenhaus kommen. „Ich nehme sie, sonst merkt sie noch, dass du sie am liebsten gleich nach der Geburt da hineingelegt hättest“, pflaumt der Göttergatte. „Hast du sie nicht alle?!“ Katrin ist fassungslos. „Schau mal, so wärst du alle deine Probleme los.“ Philipp sagt’s und legt den Schreihals in die Babyklappe der Klinik. Das Baby hört auf zu brüllen, und auch das Paar streitet nicht mehr. „Das scheint ihr zu gefallen da drin‘“, merkt die Mutter an. Philipp will Isalie wieder rausholen. „Jetzt lass mal kurz“, bremst Katrin. Schön, diese Ruhe. Mit der aber ist es endgültig vorbei, denn nun mischt sich auch noch das Jugendamt ständig ein.
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Mag die Babyklappen-Nummer auch eine typische Komödien-Situation sein, so ist doch das, was dahintersteckt, dem Beziehungsalltag frischgebackener Eltern abgeguckt: ein schreiendes Baby, schlaflose Nächte, übermüdete, reizbare Eltern. Auch der dritte Film dieser losen, höchst unterhaltsamen ARD-Reihe setzt auf Figuren, die es eigentlich besser wissen müssten. Krapoth versetzt sie in Ausnahmesituationen und lässt sich diese Charaktere am Rande des Nervenzusammenbruchs immer wieder selbst mit Hilfe der eigenen Vernunft aus dem Schlamassel ziehen. Das ist in „realistischen“ Komödien, die die Haltung weitgehend ihren Figuren überlassen, stets eine Gratwanderung zwischen individuellem Eigensinn und sozialromantischer Moral. Das Plädoyer der Heldin am Ende des Films ist ein Plädoyer für das Modell Familie, für das Miteinander von Beruf und Arbeit, welches jede(r) Zuschauer*in unterschreiben kann. Trotzdem gelingt es dem flott & frisch inszenierten und angenehm flüssig erzählten Feelgood-Movie von Anna-Katharina Maier („Trauung mit Hindernissen“) diesem Konsens nicht diese banale Alles-wird-gut-Naivität der ARD-Freitagsfilme unterzumischen. Hilfreich dabei ist eine gewisse Intelligenz (und eben nicht nur das Herz am rechten Fleck), die die Vier des Wiedemann-Haushalts mitbringen, um die Konflikte Baby vs. Berufsplan und Familie vs. Jugendamt gemeinsam zu meistern. Dazu müssen aber erst mal die Störfaktoren Katrins Vater, ihre Ex-Schwiegermutter & ihr Ex-Lover aus dem Haus.
Insgesamt geht es im dritten Streich dieser Komödien-Reihe nicht ganz so schräg und durchgeknallt zu wie in den ersten beiden Filmen. Das könnte daran liegen, dass in „Eltern mit Hindernissen“ der Mikrokosmos Familie stärker von zwei gesellschaftlichen Institutionen, Schule und Jugendamt, heimgesucht wird und dass der Film keine Comedy ist (in diesem Genre lässt sich alles ungeniert durch den Kakao ziehen), sondern eine 90minütige Komödie mit durchaus realistischer Erdung. Gegen eine ausgelebte Affäre kurz vor der geplanten Hochzeit, die dann zu einer Trauerfeier umfunktioniert werden muss, sind die Paar-Probleme in „Eltern mit Hindernissen“ eher konventioneller Natur, und auch die Nebenfiguren bleiben diesmal blasser – obwohl Daniela Ziegler die dementen Aussetzer ihrer Diana durchaus charmant präsentiert und auch die filmische Auflösung des Problems von Katrins Vater inklusive des Spiels von der mal wieder hinreißend agierenden Nicolette Krebitz und von Peter Prager köstlich ist: Er ist seiner neuen, fast 30 Jahre jüngeren Partnerin sexuell nicht mehr gewachsen; während seiner Schilderungen der Situation hält sich seine Tochter peinlich berührt die Ohren zu. Und als später jene „unersättliche“ Beate auftaucht, redet sie ihm ins Gewissen: Beziehung, das sei Arbeit. Darauf Horst: „Ich muss nicht mehr arbeiten – ich bin in Rente.“ Etwas vordergründig bleibt der Streit zwischen Philipp und Katrins Ex-Lover, der plötzlich annimmt, dass er der Vater von Isalie sei. Komisch ist das allerdings im Kontext der übrigen Szene: Ständig geht die Haustürklingel. In solchen Momenten gelingt Krapoth und Maier pfiffiges Tür-auf-Tür-zu-Boulevard. „Wer war jetzt diese Frau“, fragt die Dame vom Jugendamt, die sich nicht als die nervige Spinatwachtel erweist, wie zunächst angenommen. Das ist erfreulich, bestätigt aber eben genau die politisch korrekte Mittelschicht-Moral dieser Konsenskomödie. Fazit: „Eltern mit Hindernissen“ ist eine alltagsnahe, anschlussfähige Wohlfühl-Komödie. Der Film macht großen Spaß, weil die Figuren sympathisch und aufgeklärt sind (gerade letzteres ist mit ein Quell der Komik) und weil neben der Moral immer eine gehörige Portion Ironie mit im wunderbar lockeren Spiel ist. (Text-Stand: 9.5.2020)
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