Flugkapitän Uli Becker (Michael Gwisdek) erlebt nach 65 Jahren seine erste richtige Bruchlandung. Seine Frau Heide (Barbara Schöne) hat ihn und seine Seitensprünge eine Ehe lang ausgehalten. Kaum ist er im Ruhestand, stirbt sie – die Worte „eins ist nicht von dir“ auf den Lippen. Mit wem hat sie ihn betrogen? Und wichtiger noch: Wer ist das Kuckuckskind? Diese Ungewissheit nervt den egomanischen Schwerenöter gewaltig. Also macht er sich auf die Reise, er, der seine Kinder ebenso wenig kennt wie sie ihn, um den dreien auf den Zahn zu fühlen – das Röhrchen mit den Wattetupfern für den Vaterschaftstest im Gepäck. Also dieser Thomas (David Rott), der vor der Hochzeit mit Jessica (Karolina Lodyga) steht und trotzdem nichts anbrennen lässt, kommt ganz nach ihm. Und Bettina (Petra Kleinert), diese duldsame bessere Hälfte eines Manager-Ekels (Stephan Grossmann), die sich reichlich Kummerspeck angefuttert hat, lebt das Leben ihrer verstorbenen Mutter weiter. Bleibt Christian (Andreas Guenther), der seiner Frau ihre Karriere als Ärztin ermöglicht und dabei selbst zur „schlecht gelaunten Hausfrau“ geworden ist. Dieses Weichei muss das Kuckuckskind sein, ist sich Uli Becker sicher. Doch das ist nicht die einzige Erkenntnis, die ihm seine Reise bescheren wird.
Foto: Degeto / Nik Konietzny
Man ahnt früh, wohin diese Geschichte führen muss, die sich die Autoren Lo Malinke und Philipp Müller („Die letzten Millionen“) für die Dramödie „Eins ist nicht von dir“ ausgedacht haben. Schließlich handelt es sich um einen Degeto-Freitagsfilm – und bei den Genre-Mixturen und Erzählformaten, die auf diesem Sendeplatz zuhause sind, kann sich dieses Szenario nur zu einer Läuterungsgeschichte auswachsen. Herz siegt über Hosenschlitz. Dass der verwitwete Lautsprecher-Papi am Ende klein beigibt, das versteht sich von selbst. Und dass jeder der Beckerschen Ursprungsfamilie einen finalen Lernprozess durchmacht, mag familientherapeutisch ein Gewinn sein, wertet das vorhersehbare Treiben – sprich: den Film – aber nur unerheblich auf. Was man gemeinhin gern „Feelgood-Touch“ nennt, in dem Gwisdek-Solo mit Bordeaux-Dogge wird diese Unterhaltungsformel ins allzu Formelhafte ausgereizt. Dass sich alle, zumindest die liebenswerten, Figuren nach 90 Minuten wohl fühlen, das ist allerdings nicht unbedingt mit „Wohlfühlfilm“ gemeint. Drei Partnerschaftsmodelle (und ihre Protagonisten) werden im wahrsten Sinne des Wortes vorgeführt. Und wer hätte das gedacht: keine dieser extrem geführten Ehen ist das Gelbe vom Ei! Die Lebensweisheiten, zu denen der Film am Ende abhebt, sind nicht mehr als fröhliche Gemeinplätze. Fernsehfilme, die thematisch offene Türen einrennen, laden häufig zum Fremdschämen ein (und manch einen stört das mehr als andere). „Aber muss man denn das Ganze so hoch hängen?“, könnte jemand zur Ehrenrettung dieser Zeigefinger-Komödie fragen. Greift hier nicht das Kritiker-Argument vom „Spiel mit Klischees der Wirklichkeit“, wie es dem Komödiengenre eigen ist?
Für das (überdeutliche) Drehbuch mag der Einwand teilweise zutreffen. Aber der filmische Flow, der sich gemeinhin aus der Inszenierung und dem Spiel der Schauspieler speist, hat so gar nichts Locker-Leichtes, sondern quält sich unentschlossen zwischen problembeladen und vermeintlich komödiantisch, zwischen didaktisch und moralinsäuerlich dahin. Und wenn gar nichts mehr hilft, muss die hässliche Bulldogge ran! Gibt es einen größeren dramaturgischen Offenbarungseid als eine Hauptfigur, die (aus Ermangelung eines menschlichen Gegenübers) mit einem Hund reden muss?! Michael Gwisdek spielt den nachdenklich werdenden Rentner selbstredend mit Links; die anderen mimen 1:1 das, was für ihre stereotypen (sozialen) Rollen im Textbuch steht – eine passende Meta-Tonlage findet Regisseur Udo Witte nicht. Auch das Wechselspiel zwischen Komödie und Drama, zwischen witzig und ernsthaft, funktioniert ganz und gar nicht. So entwickelt „Eins ist nicht von dir“ weder einen filmischen Rhythmus noch irgendeine erkennbare Eleganz im Detail, sondern hangelt sich allenfalls an der dramaturgischen Vorgabe der drei Familienbesuche plus Hochzeit entlang. Wem es reicht, Ehe-Konstellationen tragikomisch präsentiert zu bekommen und dabei auf ästhetische Geschlossenheit gern verzichten kann, der könnte – Gwisdek sei dank – den Film vielleicht sogar „ganz unterhaltsam“ finden. Wer allerdings auch von Fernsehfilmen am Freitag erwartet, dass sie, anstatt Beziehungsmodelle nur zu bebildern, Geschichten erzählen (die idealerweise auch visuell reizvoll sein können), wie es andere Filme im Auftrag der Degeto zuletzt sehenswert gemacht haben – der dürfte enttäuscht sein. (Text-Stand: 14.5.2015)
Foto: Degeto / Nik Konietzny