Eine schräge Familie

Peter Sattmann, Saskia Vester und die Midlife-Krise: Let’s talk about Sex

Foto: NDR / SWR / Jeanne Degraa
Foto Rainer Tittelbach

Ein Paar in der Klemme. Jakob war 15 Jahre lang Hausmann und keinem erotischen Abenteuer abgeneigt, derweil seine Marie als Architektin schuftete und nicht viel von den außerhäusigen Aktivitäten ihres Gatten mitbekam. Jetzt flirtet sie fremd. „Sex and the City“ in Hamburg? Der deftige Ton passt nicht zu dieser bieder erzählten & konventionell inszenierten Ehe-Komödie, die alle Beziehungsthemen, die die letzten Jahre durch die Frauenzeitschriften gingen, aufköchelt. Das ist keine schräge, eher eine schrecklich normale Familie.

Nach den 68ern durchleiden derzeit im TV die 78er ihre Midlife-Krise. Nostalgietrunken schwärmen die Mamas und Papas um die 40 von den alten Zeiten, ziehen Joints durch und proben die dritte Pubertät, während die Kinder im Teenie-Alter das alles nur “daneben” finden. Der Fernsehfilm “Eine schräge Familie” beweist, dass das, was die frühreifen Schulmädchen heute können, die ehemaligen Alternativlinge der späten 70er Jahre schon lange können: stundenlang über Sex reden und alles grapschen, was bei zehn nicht auf dem Baum ist.

Ein Ehepaar in der Klemme. Jakob war 15 Jahre lang Hausmann und keinem erotischen Abenteuer abgeneigt, derweil seine Marie als Architektin schuftete und nicht viel von den außerhäusigen Aktivitäten ihres Gatten mitbekam. “Sex ja, Gefühle nein”, hatten sie irgendwann einmal abgemacht, erinnert sich Jakob, als sich Marie Hals über Kopf verliebt – in einen über zehn Jahre Jüngeren. Plötzlich ist der Schürzenjäger von einst mehr als kleinlaut. Ohne Job, ohne Frau und bald ohne Dach über dem Kopf steht Jakob völlig im Regen.

“Eine schräge Familie” ist ganz nach dem Motto gestrickt: “Let’s talk about Sex”. Da ist von “jungen Springböcken”, vom G-Punkt und von Orgasmusproblemen zwischen Dusche und Frühstück die Rede, als ob die Macher “Sex and the City” nach Hamburg verlegen wollten. Doch der deftige Ton passt nicht zu dieser sonst bieder erzählten und konventionell inszenierten Ehe-Komödie, die alle Beziehungsthemen, die die letzten Jahre durch die Frauenzeitschriften gingen, aufköchelt. Die Schrägheit ist aufgesetzt, die Sex-Sprüche wirken aufgesagt. Peter Sattmann & Saskia Vester vermitteln weder Esprit, noch spürt man Emotion hinter der Krise. Die Schmidts sind keine schräge, eher eine schrecklich normale Familie.

Es überrascht, dass Hannah Hollinger, die Frau für die schweren Dramen, das Drehbuch zu dieser verunglückten Zeitgeist-Komödie geschrieben hat. Offenbar wollte sie schon immer einmal das über Sex schreiben, was andere nicht zu sagen wagen. Warum sie die amourösen Irrungen und Wirrungen ihrer Helden aber in eine solch konventionelle Dramaturgie einpassen musste, bleibt ihr Geheimnis. Oder das der NDR-Redaktion. (Text-Stand: 11.2.2004)

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Fernsehfilm

NDR

Mit Saskia Vester, Peter Sattmann, Sabrina Rattay, Paul Herwig, Teresa Harder, Roman Rossa

Kamera: Markus Silberschmidt

Szenenbild: Hans Jürgen Deponte

Schnitt: Markus Silberschmidt

Produktionsfirma: NFP

Drehbuch: Hannah Hollinger

Regie: Jan Ruzicka

EA: 11.02.2004 20:15 Uhr | ARD

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