Udo ist mehr als unscheinbar; er wird regelmäßig von aller Welt übersehen. Es ist ein bizarres Krankheitsbild, eine gefährliche Anomalie. Nur wenn er seine Mitmenschen direkt anspricht, wird er von ihnen wahrgenommen, ansonsten schwebt er ständig in Gefahr, umgerannt oder überfahren zu werden. Udo hat den bestmöglichen Beruf gewählt: Er ist Kaufhausdetektiv. Außerdem lässt es sich als sogenannter „Schwersichtbarer“ preiswert leben. Eine Wohnung braucht er nicht. Er übernachtet an seinem Arbeitsplatz, in der Campingabteilung des Kaufhauses, schnallt sich nach Geschäftsschluss die Rollschuhe an und gleitet durch die Verkaufsräume. Manchmal stibitzt er sogar den Kunden in der Cafeteria den Kuchen. Doch eines Tages raunt eine Frauenstimme: „Hey, Sie da!“ und die Hotelfachfrau Jasmin steht neben Udo – und sieht ihn! Der ist völlig perplex. Es folgt ein erstes Date. Doch wie geht das? Als Unsichtbarer hat man keine Dates. Udo ist dennoch zuversichtlich: „Ich weiß schon, wie die Menschen ticken; ich habe sie ein Leben lang beobachtet.“ Ein bisschen peinlich sind die ersten Treffen schon. Macht aber fast nichts. Denn auch Jasmin ist reichlich kauzig. Doch dann gibt es ein gravierendes Problem: Plötzlich wird Udo von allen gesehen!
In „Eine Insel namens Udo“ begegnen sich zwei Außenseiter: ein weltfremder Mann ohne Eigenschaften, der seine Sätze zusammenbaut aus dem, was er die Jahre so alles im Kaufhaus gehört hat, und eine verwandte weibliche Seele, die allerdings mit den kommunikativen Anforderungen des Alltags durchaus umzugehen weiß. Im Beruf funktionieren sie beide, doch anderswo wird es schwierig. Die Beerdigung des Vaters wird für die komplizierte, wenig entscheidungsfreudige Jasmin zum Jahrhundertprojekt. Udo macht sich da weniger Gedanken: mit dem Gestus des Kindlich-Naiven stellt er sich den Herausforderungen – und für den Zuschauer heißt das nicht selten: Fremdschämen total! Gelegentlich schämt sich auch die Hotelfachfrau mit, doch – keine Frage – diese kleine Kino-Koproduktion, der Debütfilm von Markus Sehr, bekommt sein Happy End. Zwei, die sich gegenseitig erkennen, die sich ein Stück weit gespiegelt sehen im Anderen – die müssen einfach zusammenkommen in diesem Film voller kleiner Wunderlichkeiten, die in der Besetzung ihre Entsprechung findet. TV-Komödiant Kurt Krömer, einmal ohne Brille, ohne Faxen & ohne egozentrisches Hoppla-da-bin-icke, macht seine Sache als Schauspieler überraschend gut. Die lebendigere Rolle hat dennoch Fritzi Haberlandt und was sie aus der Rolle macht, ist einmal mehr umwerfend.
Dagegen sind die dramaturgischen Schwächen von „Eine Insel namens Udo“ unverkennbar. Die Möglichkeiten des unsichtbar/sichtbar-Wechsels werden nicht ausgereizt und die verbalen Jokes sind zumeist Rohrkrepierer. Anrührend dagegen sind die märchenhaften Motive. Mit dem ersten Anflug von Verliebtheit bekommt der Film einen neuen Ton, eine emotionale Grundspannung, die weniger darauf abzielt, ob sich die beiden langfristig kriegen, als darauf, wann sich dieser Udo das nächste Mal blamieren wird. Am schönsten sind die Bilder, in denen sich das Paar auf Rollschuhen das Wunderland Kaufhaus erschließt. Das hat Poesie. Ähnlich wie das „Erweckungsbild“, in dem Udo die Tiefkühltruhe öffnet und seine Prinzessin Jasmin erlöst. Insgesamt aber bleibt „Eine Insel namens Udo“ ein filmischer Balance-Akt zwischen Skurrilität und ausgestelltem Witz, zwischen Geschichte und Gag-Revue, zwischen Melancholie und Albernheit, zwischen Oberflächen-Unsinn und tieferer Bedeutung, zwischen Romantic Comedy und deren Brechung. Fazit: Für 8 € sicher nicht der Bringer, aber für einen einigermaßen kurz(weilig)en Fernsehabend durchaus gut geeignet. (Text-Stand. 8.5.2013)