Dieser Freitag ist ein Wahnsinn. Während Andere dem Wochenende entgegenfiebern, steht Frederike (Mina Tander) und Philipp (Ulrich Brandhoff) ein mehr als turbulenter Arbeits- und Kinderbetreuungstag bevor. In Köln wurde eine Fliegerbombe gefunden, was die Evakuierung eines halben Stadtteils zur Folge hat. Dass ausgerechnet heute die Schule ausfällt, passt den beiden Single-Eltern gar nicht ins Programm. Sie, die Mutter von Fritz (William Vonnemann), muss am späten Nachmittag zum Probekochen antreten, wo ihr Traumjob in einer Schulmensa auf dem Spiel steht; dafür hat sie noch vieles vorzubereiten. Dummerweise liegt ihre Wohnung in der Sperrzone. Und er, der Vater von Miriam (Mia Grace Herold), ist in wenigen Minuten als Stadtführer gebucht. Absagen geht nicht; denn neben seiner Arbeit im Stadtmuseum soll der Job ein zweites Standbein werden. Außerdem sucht Philipp dringend eine neue Wohnung; ausgerechnet heute gibt es einen Besichtigungstermin. Wohin also mit den Kindern? Zweiteilen geht nicht, sich gegenseitig helfen schon. Und so beschließen die beiden, sich mit der Kinderbetreuung abzuwechseln. Die Kids kennen sich ohnehin von der Schule, und sie verstehen sich prima. Obwohl noch weitere Herausforderungen warten, finden die zwei Improvisationstalente stets charmante Lösungen. Ein gutes Team sind sie also schon mal…
Foto: Degeto / Martin Rottenkolber
Von einem etwas anderen Freitag erzählt diese mehr als nur etwas andere „Endlich Freitag“-Komödie im Ersten. „Ein Wahnsinnstag“: Auch der Titel lässt sich problemlos mit der Qualität des Films von Katja Benrath („Das Leben ist kein Kindergarten“) nach dem Drehbuch von Michael Meisheit & Betty Platz in Verbindung bringen. Der Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg ist das einzig weltbewegende Ereignis, das die Domstadt in Aufregung versetzt. Der Rest der Geschichte speist sich aus dem vermeintlich Gewöhnlichen, dem Alltäglichen, den kleinen Dingen des Lebens. So winzig die narrative Saat, so wunderbar die filmische Ernte. Die strukturierte Frederike sucht eine Küche zum Kochen, und Philipp, ein unkonventioneller Hans Dampf in allen Kölner Gassen, eine passende Wohnung, damit die Tochter auch mal ihre Freundinnen einladen kann. Schusseligkeit vor lauter Stress, ein Baby, das nicht warten kann, eine vergessene Soße, eine liegengelassene Tasche, kindliche Neugier, ein Missgeschick zur falschen Zeit, ein Ausrutscher, eine Platzwunde, die genäht werden muss – es bedarf keiner großen Erfindungen, um diesen Tag auch für den Zuschauer zu bester Unterhaltung zu machen. Der Film schafft es, nicht nur den Stress, den kleine Kinder für deren Eltern bedeuten können, sondern eben auch den Zauber, der dem Leben mit Kindern innewohnen kann, spürbar zu machen. Kinder bestimmen den Alltag von Erwachsenen maßgeblich mit, warum also nicht auch mal den Plot und die Tonlage eines Familienfilms!?
Wie die Eltern die situativen Unwägbarkeiten meistern, wie sie versuchen, die beruflichen Aufgaben und die unmittelbaren Bedürfnisse der Kinder unter einen Hut zu bringen und wie sie das stets aufs Neue entfachte Chaos in den Griff bekommen: Das alles ist Alltag. Das ist aber auch beste Komödie, von der sich Eltern mit Kindern inspirieren lassen können! Auch wenn es in Degeto-Dramödien gerne heißt, das Leben sei kein Ponyhof oder Familie kein Wunschkonzert, ein bisschen was von dieser sympathischen Lockerheit, die Mina Tander und Ulrich Brandhoff, diese beiden Strahle-Weltmeister mit auffallend natürlicher Charme-Offensive, ihren Rollen mitgeben, das könnte auch im wahren Leben guttun. Weniger Perfektion, weniger materielle Werte, dafür mehr Herzenswärme – in Filmen jedenfalls macht sich das gut. Auch wenn das Meiste in „Ein Wahnsinnstag“ zu schön ist um wahr zu sein, an die in meist warmes Frühlingslicht getauchte Wunschbilder eines solchen Lebens sollte man sich dennoch immer mal wieder erinnern lassen dürfen. „Ein Wahnsinnstag“ ist ein ganz & gar wohltuender Film – auch und gerade in Krisen-Zeiten wie diesen. Zum echten Feelgood-Erlebnis, das man trotz der Flüchtigkeit der Situationen nicht so schnell vergessen wird, werden die 90 Filmminuten aber nicht durch das Happy End, sondern durch die liebevolle Inszenierung und die stimmige Besetzung bis in die kleinste kölsch sprechende Nebenrolle.
Foto: Degeto / Martin Rottenkolber
Ein Schlüssel für die besondere Strahlkraft dieser Produktion der Ester.Reglin.Film ist die Zwölf-Stunden-Dramaturgie. Was bei einer Krimi-Reihe wie „Nachtschicht“ oder in Chaos-TV-Komödien wie „Dienstreise – Was für eine Nacht“ oder „Sprinter – Haltlos in die Nacht“ bestens funktioniert – das ist auch und gerade in einer Alltagskomödie mit Kids möglich, ohne kriminelle Handlungen, ohne klassische Genremuster. Nur leider wird selten versucht, diesen ganz normalen Wahnsinn von Eltern mit Kind zu erzählen. In „Ein Wahnsinnstag“ kommen – quasi im Vorbeigehen – auch noch romantische Gefühle hinzu. Dabei passt sich die Tonlage allerdings ganz dem Nachwuchs im Grundschulalter an: Die Erwachsenen-Kommunikation bleibt verspielt, ihre Aktionen sind sprunghaft, das Tempo ist hoch (was der wunderbare Score mit rhythmischen Klatschgeräuschen noch verstärkt), das Ende angenehm offen, und die Kinder behalten ihren Eigen-Sinn, werden nicht zu kleinen, alles besserwissenden Erwachsenen gemacht. Als Zuschauer hat man den Eindruck, Katja Benrath habe Mia Grace Herold und William Vonnemann in einigen Szenen einfach nur am Rande spielen lassen, ganz bei sich, vertieft, ohne davor eine Klappe geschlagen zu haben. Dass die Kinder dazugehören, zeigt sich im liebenswert ausgespielten Finale mit Familien- und Zweisamkeits-Happy-End. Hier wird kein dramaturgisches Muster bedient, hier wird ein individueller Schluss gefunden, der die Zuschauer:innen in die sympathische Grundstimmung eins(ch)wingen lässt.