Es gibt Filme, bei denen möchte man nicht beschreiben, worum es geht: weil mit jedem Detail schon zu viel preisgegeben ist. Soll man verraten, dass sich Yüksel (Tayfun Bademsoy), der stets loyale Kollege der Hauptfiguren Verena (Maja Maranow) und Otto (Florian Martens), diesmal von Anfang an seltsam benimmt? Kann man andeuten, dass der freundliche Deutschtürke viel tiefer in den jüngsten Fall verstrickt ist, als seine Kollegen je für möglich gehalten hätten? Zumindest dies darf man wohl, denn der Film tut es ja selbst. Schon bei den Schießübungen zu Beginn benimmt sich Yüksel höchst seltsam, ist nicht bei der Sache und schießt prompt daneben. Als das Team zum Tatort gerufen wird, läuft er ohne Handschuhe durchs Haus und hinterlässt überall seine Fingerabdrücke. Man braucht nicht sonderlich viel kriminalistisches Gespür, um zu ahnen, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugeht.
Das gilt auch für das Opfer. Gemeinsam mit der Tatwaffe liegt ein Mann leblos in der Wanne: Tod durch Stromschlag. Nun lernt man ja schon als Kind, dass man elektrische Geräte beim Baden tunlichst meiden sollte, zumal der Fön angesichts der Kurzhaarfrisur des Mannes erst recht deplaziert wirkt. Andererseits galt er als depressiv, wie Yüksel ungewöhnlich rasch bestätigen kann; und über die telefonischen Verbindungen der angesichts einer ordentlichen Lebensversicherung naturgemäß verdächtigen Witwe macht er sich auch eifrig her, obwohl Ermittler diesen Teil der Recherche hassen. Yüksel also, der in den vielen Filmen der Reihe viel zu kurz gekommen ist; aber das gilt für die anderen Nebenfiguren (Arnfried Lerche als Reddemann, Kai Lentrodt als Ben) nicht minder. Endlich rückt Bademsoy stärker in den Mittelpunkt; und dass Yüksel tatsächlich ein enges Liebesverhältnis mit der Witwe hatte, ist angesichts der dramaturgischen Bombe, die Autorin Katrin Bühlig noch platzen lässt, fast schon wieder zu vernachlässigen. Gleiches gilt für den ohnehin nicht ernsthaft verfolgten Seitenstrang mit dem Bruder (Kai Scheve) und der Mutter (Gudrun Ritter) des Toten. Die Familie hat eine Spree-Reederei und steckt in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten.
Foto: ZDF / Katrin Knoke
Selbst bei diesem Teil der Geschichte von „La Paloma“ aber bleibt Katrin Bühlig (2008 mit einem Deutschen Fernsehpreis für „Bella Block – Weiße Nächte“ ausgezeichnet) dem großen Thema ihres Drehbuchs treu: Sämtliche Beteiligten müssen erkennen, dass sie von den Menschen in ihrer direkten Umgebung keine Ahnung haben. Schockiert erfährt zum Beispiel Otto, der letzte Raucher im deutschen Fernsehen, dass sich seine Kollegin Verena mal das Leben nehmen wollte; und zwar schon während ihrer Partnerschaft. Und weil ohnehin eine gewisse Melancholie über dem von Markus Imboden mit viel Gefühl inszenierten Film liegt, passen selbst die Duette von Otto und Sputnik (Jaecki Schwarz), die gemeinsam uralte Schlager zum Besten geben, wunderbar ins atmosphärische Bild. (Text-Stand: 2.5.2009)