Ein starkes Team – Die letzte Runde

Martens, Stappenbeck, Galinowski, Preuss, Berndt, Zrenner. Verdammt lang her

Foto: ZDF / Katrin Knoke
Foto Tilmann P. Gangloff

Mit Linett Wachow ist 2016 ein gewisses nostalgisches Flair in die ZDF-Reihe „Ein starkes Team” (UFA) eingezogen, weil die junge Kollegin ebenso wie der alte Fahrensmann Otto Garber aus dem Osten stammt. In der 87. Episode, „Die letzte Runde“, geht der Blick anders als zuletzt („Verdammt lang her“) zwar nicht ganz so weit zurück, doch auch diesmal spielt die Vergangenheit nach dem Mordversuch an einer jungen Frau eine große Rolle. Ulrich Zrenners Inszenierung ist routiniert und handwerklich sauber, aber nicht sonderlich aufregend, weshalb der Film nach dem Buch von Vielschreiber Timo Berndt vor allem vom Entwurf der Figuren lebt; und von der sehr lange offenen Frage, wer es warum auf das Mädchen abgesehen hatte. Interessant ist auch die Alibi-Variante: Mehrere Männer hätten ein Motiv, können jedoch ihre Unschuld beweisen, weshalb dem Ermittlertrio schließlich die Verdächtigen ausgehen.

„Verdammt lang her“ hieß der letzte Film der langlebigen ZDF-Reihe „Ein starkes Team“. In der Geschichte ging es um alte Freundschaften und alte Rechnungen. Der Titel würde auch zu dieser, der 87. Episode mit dem Titel „Die letzte Runde“ passen: Die Handlung kehrt immer wieder zu einer Kiezkneipe zurück, in der Otto Garber (Florian Martens) einst Stammkunde war; bis er sich vor zwanzig Jahren mit einem Freund überworfen hat. Das Lokal heißt „Zur Linde“; die Namensgeberin existiert schon lange nicht mehr, und auch die Kneipe macht bald dicht. Zum Schauplatz der Geschichte wird sie, weil sich am späten Abend quasi vor der Tür ein Unfall mit Fahrerflucht ereignet. Das Opfer ist schwerverletzt; zum Glück ruft ein Passant den Notarzt. Tödlich wäre jedoch nicht der Unfall, sondern eine Stichwunde im Bauch gewesen. Aber warum nimmt der Mann das Telefon der jungen Frau an sich?

Ulrich Zrenner, der auch „Verdammt lang her“ inszeniert hat, beginnt seine sechste Regie-Arbeit für „Ein starkes Team“ als moderaten Thriller, findet dann aber bald zu seinem Thema. Der Blick geht erneut in die Vergangenheit, und das nicht nur wegen der viel beschworenen Kiezromantik: Auch die Bankfiliale um die Ecke wird schließen, weil hier ohnehin nur noch „Oma und Opa“ Kunden waren. So erklärt es jedenfalls der Abwickler (Anton Weil) im Gespräch mit Garber und Linett Wachow (Stefanie Stappenbeck); der Hauptkommissar wohnt in der Nähe, er ist einer der „Opas“, was ihm einen amüsierten Seitenblick der Kollegin einbringt. Online-Banking kommt für ihn nicht infrage, und dass der Banker – er war es auch, der das Mädchen gerettet hat – mit einem E-Scooter durch die Gegend braust, ist ihm ebenfalls suspekt. Als sich herausstellt, dass sich die junge Jule mit letzter Kraft vom Hinterhof der „Linde“ auf die Straße geschleppt hat, muss sich Garber wohl oder über seiner Vergangenheit stellen, und zu der gehört nicht nur Kneipier Ralf (Uwe Preuss), sondern auch sein Kumpel von einst: Hartmut Jenke (Robert Galinowski) war ein Kollege, aber dann hat ein Vorfall die beiden für immer entzweit. Heute betreibt er mit seinem Bruder eine Geldtransportfirma. Einziger Kunde ist eine Supermarktkette, deren Einnahmen die Männer zu just jener Bank bringen, deren Tage gezählt sind, und auch das Unternehmen der Jenkes steht vor dem Aus.

Ein starkes Team – Die letzte RundeFoto: ZDF / Katrin Knoke
Die Kommisssare (Martens & Stappenbeck) kommen gerade noch rechtzeitig, bevor die Situation zwischen den Leutheusers (Steffen Schroeder & Meike Droste) eskaliert.

Der routiniert und handwerklich sauber inszenierte Film ist nach einem Drehbuch von Timo Berndt entstanden; der viel beschäftigte Drehbuchautor der ZDF-Reihen „Die Toten von Bodensee“ und „Sarah Kohr“ ist in der Regel ein Garant für gute Gebrauchskrimi-Geschichten. Diesmal spielt er mit einem typischen Krimi-Element. Während in anderen Film gern nacheinander die Alibis platzen, gehen Garber, Wachow und Klöckner (Matthi Faust) irgendwann die Verdächtigen aus, wie Teamchef Reddemann (Arnfried Lerche) schließlich frustriert feststellt: Die 17jährige Jule, ein Heimkind, das schon mehrere Pflegefamilien verschlissen hat, war offenbar nicht wählerisch, wenn es darum ging, das Taschengeld aufzubessern, und hat mehrere Männer erpresst, die somit natürlich auch ein Mordmotiv hätten; doch alle haben ein Alibi. Aber was hat der Banker damit zu tun? Und warum sind Jenke und der Kneipenbesitzer so entspannt, obwohl ihre Zukunft völlig ungewiss ist?

Der Krimi lebt in erster Linie von der tatsächlich sehr lange offenen Frage, wer der schwer erziehbaren Jule nach dem Leben getrachtet hat; und von der Figurenzeichnung. Robert Galinowski muss zwar wie stets einen äußerst vierschrötigen Typen verkörpern, aber die Beziehung zwischen Jenke und Garber, beide mit der gleichen Frisur, ist durchaus interessant, zumal Berndt geschickt die Neugier schürt, was die früheren Freunde entzweit hat. Eine kleine, aber feine Nebenrolle spielt Trang le Hong als vietnamesische Freundin des Kneipiers: Ralf ist überzeugt, dass sie ihn nicht versteht, und erlaubt sich allerlei Entgleisungen; dabei studiert die Frau Deutsch. Jules Pflegefamilie entspricht dagegen den erwartbaren Profilen: Die Mutter (Meike Droste) ist verständnisvoll, der Vater (Steffen Schroeder) hat einen verhängnisvollen Fehler begangen, der verliebte Bruder (Yuri Völsch) entspricht dem Filmklischee „zorniger Teenager“. Dafür ist Garbers Kumpel Sputnik (Jaecki Schwarz) wie schon in „Verdammt lang her“ auch diesmal kein lästiger Mitläufer, sondern Teil der Nostalgie-Ebene: Die beiden haben in der „Linde“ einen einsamen Rekord aufgestellt, was wiederum für eine nette Schlusspointe sorgt. Originell ist auch die Idee, dass ausgerechnet ein sogenannter Wunder-Baum das Finale einläutet. (Text-Stand: 14.12.2021)

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Reihe

ZDF

Mit Florian Martens, Stefanie Stappenbeck, Matthi Faust, Robert Galinowski, Uwe Preuss, Meike Droste, Anton Weil, Arnfried Lerche, Thomas Bestvater, Trang le Hong, Eray von Egilmez, Jaecki Schwarz, Steffen Schroeder, Yuri Völsch

Kamera: Wolf Siegelmann

Szenenbild: Miodrag Nerandzic

Kostüm: Anneke Troost

Schnitt: Matthias Wilfert

Musik: Ludwig Eckmann.

Soundtrack: Tina Turner („The Best“)

Redaktion: Matthias Pfeifer

Produktionsfirma: UFA Fiction

Produktion: Lena Kraeber, Simon Müller-Elmau

Drehbuch: Timo Berndt

Regie: Ulrich Zrenner

Quote: 7,96 Mio. Zuschauer (26,1% MA)

EA: 08.01.2022 20:15 Uhr | ZDF

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