Die deutsche Friseurin Doro ist in der ungarischen Pampa gelandet. Drei Wochen soll die quirlige junge Frau, die es nie lang aushält an einem Ort, in einem kleinen Dorf die einzige Friseurin weit und breit vertreten. Verblichener Charme vergangener Tage strahlt ihr aus dem Frisiersalon entgegen, sie strahlt zurück, lässt die Schere kunstvoll kreisen und hat nach ersten Revierkämpfen die Damenwelt ganz auf ihrer Seite. Aber auch die Männer finden Gefallen an der so undeutschen Deutschen – insbesondere der ehemalige Konzertgeiger Tamás, der in einer Lebenskrise steckt. Während sie ihre Kundschaft mit ausgefallenen Frisuren beglückt, soll er dem angestaubten Friseurgeschäft einen frischen Anstrich geben – während der Geschäftszeit. Das erhöht das ohnehin schon nicht geringe Konfliktpotenzial zwischen den beiden – denn auch Doro hat ein Auge auf den gut aussehenden Melancholiker geworfen. Deshalb würde sie mal wieder am liebsten ihrem Fluchtimpuls folgen.
Foto: ZDF / Hans-Joachim Pfeiffer
Willkommen in der guten alten Zeit! Auch wenn die Heldin, fester Wohnsitz derzeit Berlin, von diesen Land-gegen-Stadt-Klischees nichts hören mag – „Ein Sommer in Ungarn“ spielt schon sehr deutlich mit den Bildern von unberührter Natur, von stilvoller Vorgestrigkeit, von Sehnsucht nach Kindheit, Gemeinschaft und Geborgenheit. Dieses Film-Ungarn kommt – trotz einiger pittoresker Ausflüge nach Budapest – noch weitaus naturbelassener daher als das idyllische Wunsch-Schweden in den meisten „Inga-Lindström“-Filmen. Nicht umsonst gibt das Auto der mütterlichen Freundin von Doro gleich in den ersten Filmminuten seinen Geist auf, und so wird in der Folgezeit auf dem Land nur Kutsche oder Fahrrad gefahren.
Autorin Beate Fraunholz vollzieht einen geschickten Spagat zwischen Erwartungen bedienen und dezenten, spielerischen Brechungen des Genres. Die Heldin ist kein Kitsch beseeltes Mauerblümchen, sondern eine junge Frau, die eine klare Haltung zu den Dingen hat und damit allen Friseusen-Klischees Lügen straft. Auch muss hier gar nicht so viel Weltbewegendes erzählt werden. Ein bisschen Landluft, Lokalkolorit (ob Ungarn so ist – wen kümmert’s?!), nostalgischer Flair und eine Besetzung, die trotz weniger ungarischer Darsteller keinerlei Glaubwürdigkeitsprobleme besitzt. Diese kleine Geschichte, die nichts weiter ist als Vorwand dafür, den geneigten Zuschauer in entspannte Stimmung zu versetzen, funktioniert bestens.
Foto: Foto: ZDF / Hans-Joachim Pfeiffer
Genügte es in den Hochzeiten des Kinos noch, dass in Filmen schöne Frauen schöne Dinge tun, müssen heute im frauenaffinen Fernsehen auch die Männer ansehnlich sein. Chiara Schoras, die Frische in Person, und Erika Marozsan als schwermütige Beauty finden in David Rott und Blerim Destani ihr passendes Gegenüber. Ansonsten kann diese Regel, die Truffaut gern zitierte, für „Ein Sommer in Ungarn“ noch erweitert werden – auf die schöne Optik, auf die urwüchsige Landschaft, die heimeligen Szenarien. Dieser Film kommt wie die besten Episoden der „Ein Sommer in…“-Reihe der Luftigkeit des Sommers, der Flüchtigkeit des Mediums, aber auch der Vergänglichkeit von Beziehungen ziemlich nahe. So bittet der romantische Liebhaber am Ende eben nicht um die Hand der schönen Deutschen, sondern um romantische Augenblicke, „wenigstens einen Sommer lang“. Die Unterhaltungsfilm-erfahrene Regisseurin Sophie Allet-Coche setzt entsprechend auf Blicke, Perspektiven und Landschaft und lässt so einen luftigen Mikrokosmos entstehen, der weder wirklich überrascht noch (Tief-)Sinn vorgaukelt, der aber bereits im April eine große Lust auf den Sommer macht. Ähnlich wie eine neue Frisur den Puls der holden Weiblichkeit im Film höher schlagen lässt.