Ex-Hippie Tina rauscht gleich mit mehreren Hochzeitskleidern an. Tochter Anna hat sich entschlossen, vor der romantischen Kulisse Marrakeschs „den glücklichsten Tag im Leben einer Frau“ zu feiern. Da macht sich Weiß nicht schlecht, findet die Mutter. Doch Anna lehnt dankend ab. Denn sie heiratet nicht Jugendliebe Markus, sondern den Marrokkaner Karim – und gewählt hat sie auch die dazu passende Form: eine traditionelle Berberhochzeit. „Das ist ein Araber – das ist eine völlig andere Kultur!“ Die Mutter ist fassungslos, Vater Rudi, schon längst nicht mehr Tinas Ehemann, lächelt nur und hält sich mal wieder fein raus. Nur langsam verliert die widerspenstige Deutsche ihre Vorbehalte gegenüber der fremden Kultur. Nachhilfe bekommt sie vor allem vom Onkel des Bräutigams, einem Literaturprofessor und Liebhaber der deutschen Romantik, und so taucht Tina ein in ein Märchen aus „1001 Nacht“.
Die Wege der Liebe sind unergründlich in dem TV-Movie „Ein Sommer in Marrakesch“, das noch einen weiteren Kalenderspruch bemüht: „Gegensätze ziehen sich an.“ Sehr viel mehr fällt Autorin Stefanie Sycholt, die in „Ein Sommer in Kapstadt“ immerhin das Genre Screwball Comedy und in „Ellas Geheimnis“ das Polit-Epos wirkungsvoll romantisierte, für diesen gepflegt melodramatischen „Kulturfilm“ nicht ein. In Gero Weinreuters frauenaffinen Sonntagsfilm müssen es also mal wieder die Schauspieler richten: Jutta Speidel, Luise Helm und Wladimir Tarasjanz. Den Rest übernimmt das nordafrikanische Sehnsuchtsland, das einst die Hippies verzauberte. Dass diese „Generation 60 plus“ von den Beatles und Stones nun komplett auf Carmen Nebel steht, dürfte ein großer Trugschluss öffentlich-rechtlicher Programmmacher sein. Auch wenn es, was Story und Machart angeht, bei „Ein Sommer in Marrakesch“ reichlich Luft nach oben gibt, so ist es doch clever, die ZDF-Klientel mit den Visionen, der Musik und den Gesichtern ihrer Jugend abzuholen. Und was den Plot angeht: es gibt weitaus Schlimmeres als die angekitschte Utopie von einer interkulturellen Liebe!