„Frau Rademacher sagt, der Aufschwung ist jetzt überall spürbar“, macht sich Wolfgang Mut. Seinen besten Kumpel Günther nervt dieser Optimismus – und diese Rademacher von der Arbeitsagentur hat er gefressen. Der gelernte Herrenausstatter und der Ex-Tierpfleger sind zwei Langzeitarbeitslose mit wenig Aussicht auf einen neuen Job und mit extrem unterschiedlichen Methoden, damit umzugehen. Extrem unterschiedlich ist auch die private Situation: Wolfgang ist trotz Geldsorgen glücklich verheiratet, während Günther in ein ungemütliches Hochhaus-Appartement ziehen musste und von Frauen gewaltig die Nase voll hat. Doch Günther findet bald mehr Anschluss, als ihm lieb ist: da ist zum einen der demenzkranke Nachbar Hermann, der bei ihm ständig auf der Matte steht, und auch diese Eva von gegenüber guckt so seltsam! Alles scheint anders zu werden, als Günther einen Geldschatz in der Werkzeugkiste des verwirrten Seniors findet. „Der hat das Geld nicht mehr auf dem Schirm!“ Doch sich so einfach bedienen?! Wolfgang hat eine Idee: Sie übernehmen die Pflege von Hermann und greifen dafür öfters mal in den Werkzeugkasten.
Foto: WDR
Drei göttliche Komödianten
„Ein Schnitzel für drei“ ist ein Film über Freundschaft, der vom großen Frust und vom kleinen Glück erzählt, der von Mutterwitz und einer tiefen Moral beseelt ist. Vier Autoren haben Hand angelegt an den Stoff: für gewöhnlich ist so etwas kein gutes Zeichen. Im Falle dieser wunderbaren Ruhrpott-Komödie hat es nicht geschadet. Die WDR-Produktion verzichtet auf schnelle Pointen und verbale Gags. Die Figuren tragen nicht den Witz, sondern Realitätssinn auf der Zunge und man spürt den Schmerz, der auf ihren Seele lastet. Die täglichen Probleme fressen Löcher ins Selbstwertgefühl. Das ist die Ausgangslage – und die ist per se nicht komisch. Komisch aber ist die Art, wie die beiden mit der Situation umgehen und wie verschieden sie es tun. „Das sind zwei völlig unterschiedliche Naturelle“, betont denn auch Günther-Darsteller Armin Rohde. „Das ist wie Faust aufs Auge oder Arsch auf Eimer.“ Das britische Humorverständnis, von Ludger Pistor leicht ins Loriotsche variiert, stößt in Manfred Stelzers Film auf den typisch deutschen Ruhrpott-Prolet-Kult. „Schon allein unsere unterschiedliche Physiognomie reizt zum Lachen“, glaubt Rohde. Dieses Komik-Kontrastprogramm ist grandios. Der Film braucht keinen Dialogwitz, weil das komische Potenzial in den Körpern liegt, in den Gesichtern, dem Mienespiel, dem Verhalten. Auch Branko Samarovski ist großartig als Hermann. Zur göttlichen Komödie reicht es nicht ganz, dafür bekommt der Zuschauer drei göttliche Komödianten präsentiert mit brillantem Timing.
Lachen über einen Demenzkranken?
Ob man über Demenzkranke in Filmen Witze machen darf, wird im Presseheft diskutiert. Wenn man es so macht, wie in „Ein Schnitzel für drei“ (Auschnitt), indem man das Krankheitsbild nicht nur für die Story und den einen oder anderen Schmunzeleffekt „missbraucht“ – auf jeden Fall! Strukturell hat diese Krankheit einen immanenten Witz. Solange diese innere Logik herausgearbeitet wird, muss ein Lacher über einen Demenzkranken schon mal drin sein. Außerdem setzen sich auf der Handlungsebene die Figuren mit der Krankheit auseinander – Günther zunächst zynisch: „Wenn es bei mir so losgeht, dann knall mich ab!“. Danach entwickeln die Helden ein geradezu freundschaftliches Verhältnis zum vergesslichen Hermann. Auch Samarovski findet nichts Ehrenrühriges an der Komik: „Es ist ein abgründiger Humor. Man kann Hermann noch so oft sagen: Die Anna ist tot. Dann brummt er: Ja, ja, ja. Und zwei Minuten später schnauzt er: Wenn die Anna kommt, soll sie bügeln, versteht Ihr? Da muss man einfach lachen! Wobei man ihn nicht auslacht. Hermann wird nicht lächerlich gemacht.“ (Text-Stand: 2.6.2010)