In den letzten Kriegstagen 1945 wird der kleine Ort Altaussee in der Steiermark zu einem historisch bedeutsamen Schauplatz: Führende NS-Funktionäre wie Ernst Kaltenbrunner suchen hier Zuflucht vor den Alliierten, und im Salzbergwerk lagern die Machthaber Tausende Gemälde und Skulpturen ein – Raubkunst aus ganz Europa. Dass diese nicht unwiederbringlich verloren ging und überdies das Bergwerk und damit die Lebensgrundlage vieler Menschen nicht zerstört wurde, ist dem Widerstand vor Ort zu verdanken. „Ein Dorf wehrt sich“ erzählt gewissermaßen eine der Vorgeschichten zu George Clooneys Hollywood-Drama „Monuments Men“ über eine US-amerikanische Einheit, die die europäischen Kunstschätze im zweiten Weltkrieg sichern sollte. Denn bevor die US-Army einrückte, wollte der Linzer Gauleiter August Eigruber das Bergwerk mit amerikanischen Fliegerbomben sprengen („Wir können zugrunde gehen und nehmen eine Welt mit“). Dieser fanatische Nazi mit Hitlerbärtchen wird von Philipp Hochmair gespielt, der immer eine sichere Besetzung für extreme Figuren am Rande des Wahnsinns ist, der auch hier säuft und brüllt, aber letztlich vergeblich gegen das im Film schon so vielfach interpretierte Rollenbild des Nazi-Ungeheuers anspielt. Bedrohlicher erscheint da die kalte, unberechenbare Ruhe, mit der Oliver Masucci den Leiter des Reichssicherheitshauptamtes Ernst Kaltenbrunner gibt.
Foto: ZDF / Bernd Schuller
Aber die Nazis sind nur Nebenfiguren, die Hauptrollen spielen andere: Fritz Karl als alleinstehender Fischmeister Sepp, der zu Beginn und am Ende auch als Erzählerstimme aus dem Off fungiert; Harald Windisch als Franz, dessen Freund aus Kindheitstagen, und Brigitte Hobmeier als Franz‘ schwangere Ehefrau Elsa. Eine Liebes- und Eifersuchts-Dreiecksgeschichte hat Drehbuch-Autorin und Regisseurin Gabriela Zerhau erfreulicher Weise nicht entwickelt, vielmehr stehen die Hauptfiguren für das zentrale Thema: den Mut, den es kostet, sich gegen Gewaltherrschaft aufzulehnen. Sepp kapselt sich ab, lehnt sich nicht auf gegen die Willkür des Ortsgruppenleiters (Norman Hacker) und will auch seinen Freund Franz davon abbringen, die in den Bergen versteckten Deserteure weiterhin mit Lebensmittel zu versorgen. „Feig bist einfach“, zürnt Elsa, die sich ebenso wie Franz immer wieder furchtlos in Gefahr begibt. Der Stolz und die Überzeugungskraft, mit der Brigitte Hobmeier diese starke weibliche Figur ausstattet, ist allein schon das Einschalten wert. Harald Windisch spielt den Franz, einen einfachen Mann, der die Holzschuhe für die Bergleute fabriziert, als sympathischen, fröhlichen Optimisten. Sepps Figur erscheint dagegen ambivalenter, was in dem doch ziemlich eindeutigen Gut-und-Böse-Schema des Films durchaus wohltuend ist. Der Flirt zwischen ihm und der schicken Nazi-Gattin Eva, die von Verena Altenberger als verführerische, fröhlich am Abgrund tanzende Frau gespielt wird, sorgt für etwas erotische Spannung, hat aber vermutlich eher dramaturgische Gründe, was sich erst am Ende erschließt.
Foto: ZDF / Bernd Schuller
Das Ende des Krieges ist absehbar, aber die Gefahr ist immer noch groß, den Nazi-Schergen zum Opfer zu fallen. Um den Preis, dass die meisten linientreuen Nazi-Figuren ziemlich holzschnittartig geraten sind, hält Zerhau die Spannung hoch. Zu Beginn wird der junge Kalli (Aaron Friesz) wegen einer abschätzigen Bemerkung beim Verladen der Kunstwerke ins Bergwerk vom Ortsgruppenleiter und Vorarbeiter zum Einsatz an der Front verdonnert. Der Widerstand hat sich allerdings bereits organisiert: Kalli springt am nächsten Tag vom Zug und wird von der Gruppe der Deserteure aufgenommen, die sich hoch oben im noch tief verschneiten Wald verstecken. Franz wiederum wird in der Nacht bei der Übergabe von Lebensmitteln von einer Patrouille überrascht und kann nur knapp und verletzt entkommen. Er näht sich die Fleischwunde am Oberschenkel, ohne mit den Wimpern zu zucken, selbst zu und entzieht sich schlau und seelenruhig auch dem ersten Zugriff der Gestapo. Als sie ihn dann doch holen wollen, wird er gewarnt und flieht ebenfalls ins Versteck im Wald. Sepp hatte bei der Rettung seines Freundes die Hände im Spiel. Wie wichtig ihm diese Freundschaft ist, erzählt Zerhau ohne große Worte, sondern mit Hilfe einiger Rückblenden auf die gemeinsame Kindheit in Schwarz-Weiß. Man ahnt: Wenn das Drehbuch einen derart makellosen, tapferen Helden entwickelt, dann kann das nicht gut ausgehen. Insofern ist das Feld bereitet für den tragischen Wendepunkt des Films: Franz wird bei einem nächtlichen Besuch bei seiner Frau von der Gestapo erwischt und erschossen. Und als ihn die Nazis ohne Sarg verscharren wollen, ist der Punkt gekommen, an dem auch Sepp Furcht und Zurückhaltung aufgibt. Wie die Menschen aus dem Ort zusammen laufen und schweigsam den Leichnam durch die Straßen tragen, ist ein starkes Bild. Soviel antifaschistisches Pathos darf schon sein.
Und dann sind da die acht Bomben, die Gauleiter Eigruber in die Stollen bringen ließ. Die Arbeiter werden misstrauisch, schauen in die Kisten und beschließen, die Sprengung zu verhindern. Es zieht sich etwas, bis es zum Showdown kommt, doch den Irrsinn der letzten Tage des „Tausendjährigen Reichs“ fängt der Film recht überzeugend ein. Der Krieg ist längst verloren, der Führer tot, aber immer noch greifen die Soldaten bereitwillig zu den Waffen, wenn ihnen nur irgendein Vorgesetzter den Befehl dazu erteilt. Immer noch wird denunziert und terrorisiert, als würde sich das Regime nicht längst auflösen. Und zwei alte Herren streifen als Volkssturm durch die Wälder Steiermarks. Gespenstisch, aber keinesfalls abwegig. Als dann die Amerikaner kommen, werden Löcher gegraben, Parteiabzeichen und Führerbilder verbuddelt, will im Verhör niemand ein Nazi gewesen sein. Aber „die, die sich gewehrt haben, Nein gesagt haben, haben sie lange noch Verräter geschimpft“, erklärt Sepp aus dem Off. Gabriela Zerhau widmet ihren Film „all den stillen Helden“. In ihrer Fiktion hat der Fischmeister an der Rettung des Bergwerks samt der unermesslichen Kunstschätze wesentlichen Anteil, und weniger den Einsprüchen des Betriebsleiters (Francis Fulton-Smith) als der Tatkraft der Arbeiter um Kallis Vater (Gerhard Liebmann) ist es zu verdanken, dass das letzte Zerstörungswerk der „braunen Herren“ scheitert. Wie die Aktion in der Realität genau ablief, wer die „stillen Helden“ waren und was aus ihnen wurde, würde man nun gerne wissen. Aber wenn ein Fernsehfilm neugierig macht, ist das auch kein schlechtes Zeichen.