Die Gebrüder Dunckel sind ständig in Geldnöten. Freddy (Oliver Korittke) hat eine zu anspruchsvolle Freundin, Tommy (Sebastian Blomberg) ist spielsüchtig und der 19-jährige Benny (Florian Lukas) macht, was seine großen Brüder sagen. Und die wollen eine Bank überfallen. Weil sie das – wie alles in ihrem Leben – ziemlich plan- und kopflos tun, haben sie am Ende zwar das Geld, dafür aber mussten zwei Polizisten mit ihrem Leben bezahlen. Nach dem Bankraub, bei dem Benny angeschossen wird, trennen sich die Wege der ungleichen Brüder. Freddy macht sich auf den Weg zu seiner Ex, in der Hoffnung, dass sie ihn mit Kohle wieder nimmt. Anstifter Tommy taucht unter bei seinem Freund und Lehrmeister, und der verletzte Wirrkopf Benny will schleunigst aus der Schusslinie – mit einem Gewehr bewaffnet, nötigt er eine iranische Taxifahrerin, ihn umgehend über die polnische Grenze zu bringen.
Der Abschlussfilm von Lars Kraume, ist ein kraftvolles, dichtes Porträt dreier Irrläufer, die aus dem Schlamassel einfach nicht herauskommen. Ihre Flucht ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Nicht umsonst heißt der Film „Dunckel“, es ist der Nachname der drei, der Familienname des Versagervaters, dessen Erbe sie leben. Das Sujet ist Krimi, doch die Ausführung ist Drama. Das wird nicht zuletzt betont durch die ungewöhnliche Erzählweise: Kraume verschränkt nach der Trennung der Brüder ihre Geschichten nicht miteinander, sondern erzählt sie nacheinander – jede mit derselben Gewichtung. Inszeniert ist „Dunckel“ wie ein artifizieller Genrefilm zwischen Realismus-Touch und Stilisierung. Das erinnert gelegentlich an Jarmusch oder Melville und natürlich kennt Kraume auch „Reservoir Dogs“ – und doch gelingt ihm etwas sehr Eigenes, was es Ende der 1990er Jahre im deutschen Film so präzise nicht zu sehen gab. Kein Vergleich mit dem Überraschungs-Kinohit „Knocking on Heaven’s Door“ von Til Schweiger, der dagegen einfach nur „gewollt“ aussieht.
„Dunckel“ ist kein cooles Oberflächen-Movie. Die Figuren sind psychologisch austariert und die Dialoge sind authentisch und zugleich aufgeladen mit Ironie & Sarkasmus. Nicht umsonst bekam „Dunckel“ drei Grimme-Preise und den Nachwuchspreis des Studio Hamburg. „Brillant entwickelte und geführte Charaktere, originelle Struktur mit in die Tiefe entwickelten Konflikten voller szenischer Ideen und Überraschungen, spannend, unterhaltsam und intensiv erzählt“, brachte es die Jury auf den Punkt. Bleibt nachzutragen, dass Kraumes Debüt bis in die kleinsten Rollen hinein großartig und zum Teil sehr prominent (Horst Buchholz, Vadim Glowna) besetzt ist. Ein Meilenstein der ZDF-Nachwuchsreihe „Das kleine Fernsehspiel“!
Foto: ZDF / Joachim von Vietinghoff