Dünentod – Ein Nordsee-Krimi: Das Grab am Strand

Duryn, Barucki, Hasenheit/Cronauer, Sahin. Diese kaputte Welt da draußen

Foto: RTL / Stephan Rabold
Foto Tilmann P. Gangloff

Mit dem Auftakt der möglichen neuen „Dünentod“-Reihe (MadeFor) bietet RTL seinem früheren Serienstar Hendrik Duryn („Der Lehrer“) die Möglichkeit, in eine völlig andere Rolle zu schlüpfen: Tjark Wolf, LKA-Kommissar aus Wilhelmshaven, ist ein Typ mit Ecken und Kanten, der es seinen Mitmenschen nicht immer leicht macht. Die junge ostfriesische Streifenpolizistin Femke Folkmer findet bei der gemeinsamen Suche nach einem Serienmörder allerdings rasch einen guten Draht zu dem Kollegen, dem ein gewisser Ruf vorauseilt; Pia-Micaela Barucki hat schon mit „Der König von Palma“ (ebenfalls RTL, mit Henning Baum) bewiesen, dass sie sich neben markanten Männern behaupten kann. Regisseur Ismail Şahin hat aus den Drehbücher fesselnde Krimis gemacht.

Mit der Flut kommt der Tod.
Ein Ermittler sucht eine verschwundene junge Frau und stößt auf einen Serienmörder: Das ist, radikal kurz gefasst, der Handlungskern dieses Auftakts zu einer möglichen neuen RTL-Reihe. Die Geschichte ist weitaus komplexer, aber die wesentlichen Einschaltargumente sind die zentralen Figuren: Hendrik Duryn, jahrelang Hauptdarsteller der stets sehenswerten Serie „Der Lehrer“, feiert mit „Dünentod“ sein RTL-Comeback. Die Frau an seiner Seite ist Pia-Micaela Barucki, die bereits Erfahrung darin hat, sich neben starken Partnern zu profilieren: Sie war ein erheblicher Grund, sich die Serie „Der König von Palma“ (2022, ebenfalls RTL, mit Henning Baum) anzuschauen. Im ersten von zunächst zwei Filmen spielt sie eine junge ostfriesische Streifenpolizistin, die um Amtshilfe ersucht, als eine Frau verschwindet.

Soundtrack: Dua Lipa („Levitating“), Motörhead („Ace Of Spades”), Red Hot Chili Peppers („Snow“), The Police („De Do Do Do, De Da Da Da”), José González („Stay Alive”)

Dünentod – Ein Nordsee-Krimi: Das Grab am StrandFoto: RTL / Stephan Rabold
Tjark (Hendrik Duryn), Femke (Pia-Micaela Barucki) und Ceylan (Yasemin Cetinkaya) entdecken die Gräber des Serienmörders.

Nordsee ist Mordsee. Seit Jahren gibt es den Trend, Krimis („Nord Nord Mord“, zuletzt über 9 Mio. Zuschauer) an die Küste zu verlegen. Auch die Ostsee („Nord bei Nordwest“, immer gut für über acht Mio.) wird gern genommen. Jetzt zieht RTL nach, dienstags, wenn in den Hauptprogrammen von ARD und ZDF ausnahmsweise keine Krimis in der Primetime laufen. Dass das Genre von der öffentlich-rechtlichen Zielgruppe gesucht wird, beweisen die für ZDFneo relativ hohen Einschaltqoten für Krimis am Dienstag. Und da RTL so langsam auch zielgruppentechnisch umdenkt in Richtung 14-59, ist das ein strategisch guter Termin. Und Dünen und Watt kommen immer gut. tit.

Natürlich ist es erst mal nicht besonders originell, dass nun auch RTL vom „Morden im Norden“-Trend profitieren möchte. Die gleichnamige ARD-Vorabendserie hat 2012 eine regelrechte Welle von Nord- und Ostseekrimis losgetreten, in denen es oft heiter zugeht. Davon kann bei „Das Grab am Strand“ keine Rede sein, der Reihenauftakt ist auch dank der Musik (Alex Komlew) Thriller pur. Dafür sorgen schon allein die Zwischenschnitte auf die entführte Vicky (Amelie Hennig), die in einem Kellerloch gefangen gehalten wird. Als Wolf gemeinsam mit der einheimischen Kollegin Femke Folkmer den Strand absucht, fallen ihm drei Hügel auf, die nicht in die Landschaft passen; darunter verbergen sich drei weibliche Leichen. Wolfs Chef, Hauke Berndsten (Florian Panzner), ist jedoch überzeugt, dass diese Verbrechen nichts mit Vickys Verschwinden zu tun haben; die Frauen waren osteuropäische Sexarbeiterinnen. Ein weiterer Verdächtiger neben dem örtlichen Brauerbesitzer (Lucas Prisor), der seine weiblichen Angestellten zum Sex nötigt, ist ein Wattführer (David Bredin), der gern Schauergeschichten über Seegeister verbreitet („Mit der Flut kommt der Tod“); vor seinem Wohnwagen in den Dünen wird schließlich Vickys Leiche gefunden. Kurz drauf wird eine weitere junge Frau vermisst, und nun wird die Sache persönlich: Journalistin Jule (Franziska Brandmeier), die Material für einen Bericht über den niedersächsischen Ort mit der niedrigsten Kriminalitätsrate sammeln wollte, ist Berndstens Tochter.

Dünentod – Ein Nordsee-Krimi: Das Grab am StrandFoto: RTL / Stephan Rabold
Tjark kommt Nommsen auf die Schliche. Vom Lehrer zum Ermittler: Hendrik Duryn macht auch in „Dünentod“ eine gute Figur.

Wie immer bei Literaturverfilmungen – die beiden „Dünentod“-Filme basieren auf Büchern von Sven Koch – bestand die Arbeit der Autoren Kai-Uwe Hasenheit und Jan Cronauer nicht zuletzt in der Reduktion von Komplexität. Wolfs Romanvorbild hat unter anderem ein äußerst distanziertes Verhältnis zu Wasser, das in der Adaption allenfalls angedeutet wird: Mehrfach zeigen Rückblenden den kleinen Tjark, der seiner versinkenden Mutter nachschaut. Dass der Film auf dieses Element verzichtet, ist erstaunlich: Gegen Ende muss der Kommissar die im steigenden Wasser an eine Boje gekettete Jule retten; seine Hydrophobie hätte der Szene zusätzlichen Nervenkitzel beschert.

Wie gut Ismail Şahin das Thriller-Genre beherrscht, hat er mit seinem Abschluss der Degeto-Reihe „Mordkommission Istanbul“ („Entscheidung in Athen“, 2021) sowie zuletzt mit zwei nicht minder fesselnden „Amsterdam-Krimis“ (2022) gezeigt. Sehenswert ist „Das Grab am Strand“ auch wegen der Bildgestaltung, die die Szenerie in ein fahles Italo-Western-Licht taucht; Aljoscha Hennig war bereits bei den drei anderen Filmen dabei. Das Ensemble ist gleichfalls ausgezeichnet zusammengestellt. Duryn versieht den erfahrenen Polizisten, dem ein gewisser Ruf vorauseilt, mit deutlich mehr Ecken und Kanten als seine einstige Serienfigur; auf Anhieb sympathisch ist Wolf jedenfalls nicht. Trotzdem finden er und Femke nach einer ruppigen ersten Begegnung („nicht alle Latten am Zaun“) dank ihres ähnlichen kriminalistischen Instinkts rasch zueinander. Die junge Kollegin ist selbstverständlich viel zu talentiert für ihren Job als Streifenpolizistin. Wolf rät ihr dennoch von der angestrebten Versetzung zur Kripo ab: „Das ist eine kaputte Welt da draußen“; und davon erzählt die nächste Geschichte. (Text-Stand: 14.1.2023)

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Reihe

RTL

Mit Hendrik Duryn, Pia-Micaela Barucki, Yasemin Cetinkaya, Florian Panzner, Rainer Reiners, Bernd-Christian Althoff, David Bredin, Amelie Hennig, Lucas Prisor, Franziska Brandmeier

Kamera: Aljoscha Hennig

Szenenbild: Romy Gawlik, Stefan Lincke

Kostüm: Markus Ernst

Schnitt: Bernhard Wießner

Musik: Alex Komlew

Redaktion: Nico Grein

Produktionsfirma: MadeFor Film

Produktion: Mirko Schulze, Nanni Erben, Gunnar Juncken

Drehbuch: Kai-Uwe Hasenheit, Jan Cronauer – Romanvorlage: Sven Koch („Dünengrab“)

Regie: Ismail Sahin

Quote: 3,52 Mio. Zuschauer (13% MA); Wh.: 2,86 Mio. (11,3% MA)

EA: 31.01.2023 20:15 Uhr | RTL

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