Duell der Brüder – Die Geschichte von Adidas und Puma

Ken Duken, Torben Liebrecht, Schnalke, Dommenget. Politik befeuert das Privatduell

Foto: RTL / Willi Winkler
Foto Rainer Tittelbach

Mit dem Wunder von Bern beginnt und endet das historische Bio-Pic „Duell der Brüder – Die Geschichte von Adidas und Puma“. Der Film erzählt die Pioniergeschichte eines Unternehmens, aus dem zwei Jahrzehnte später zwei Weltkonzerne hervorgehen werden, und sie ist die private Entzweiungsgeschichte zweier Brüder, die einst beste Freunde waren. Die deutsche Historie – die Nazis, der Krieg, die US-Besatzung – fungiert dabei wirkungsvoll als Funktion der privaten Geschichte. Der emotionale Zweikampf ist spannend, telegen – und ausgesprochen unterhaltsam. Die Geschichte lebt von ihren Charakteren, von vier ideal besetzten Hauptdarstellern, sie kommt ohne dramaturgische Ausrufezeichen aus und selbst die Chronologie der Ereignisse wirkt in ihrer Anmutung angemessen statt bieder.

Vom Aufstieg bis zum Zerwürfnis der Dassler-Brüder
Mit einer kleinen Schuhmanufaktur in den 1920er Jahren beginnt die Geschichte der Gebrüder Dassler: Adolf (Ken Duken), der idealistische Tüftler, und Rudolf (Torben Liebrecht), der Pragmatiker mit Verkäufertalent, raufen sich zusammen – und beliefern bald aus dem beschaulichen fränkischen Herzogenaurach ganz Deutschland mit Sport- und Turnschuhen. Auch als Sport wenig später Leibesertüchtigung heißt, ändert sich nichts daran, im Gegenteil: die Dassler-Brüder profitieren von der Gleichschaltung des Sports. Dass allerdings der „Feind“, dazu noch ein „Neger“, 1936 in Berlin mit Dassler-Schuhen olympisches Gold holt, das werden die Nazis nicht vergessen. Und so muss die Firma während der Kriegsjahre unter Adis Leitung umrüsten, während Rudi dem Einberufungsbefehl Folge leistet. Der Krieg beschleunigt den Zerrüttungsprozess der Brüder. Differenzen gab es immer schon zwischen den beiden: Visionen & Vertretermentalität, Perfektionismus & Produktionsvorgaben vertrugen sich nicht. Geschürt wurden die Spannungen noch von Rudis eifersüchtiger Ehefrau Friedel (Nadja Becker): Als sie nach dem Krieg Adis emanzipierte Frau Käthe (Picco von Groote) des Ehebruchs bezichtigt, bringt sie das Fass zum Überlaufen – und es kommt zum endgültigen Zerwürfnis: Adi bastelt weiter am Adidas-Schuhwerk, während der ältere Rudi, der sich immer im Schatten des genialen Bruders sah, die Firma Puma gründet, ebenfalls in Herzogenaurach. Nun sind die Brüder Konkurrenten: Ihr erster Kampf ist der Kampf um die Fußballnationalmannschaft. Welcher Firma wird Sepp Herberger ’54 wohl den Vorzug geben?

Duell der Brüder – Die Geschichte von Adidas und PumaFoto: RTL / Willi Winkler
Gleichschaltung des Sports. Die Dassler-Brüder können gut mit dem Leichtathletik-Reichstrainer – und bald tragen die meisten deutschen Sportler die Turn- und Sportschuhe der beiden. Ken Duken, Torben Liebrecht und David C. Bunners

Zwei Brüder, zwei Pole: der Tüftler & der Macher
Mit dem Wunder von Bern beginnt und endet das historische Bio-Pic „Duell der Brüder – Die Geschichte von Adidas und Puma“. Dieser nationale Mythos, inklusive Fritz-Walter-Wetter, ist ein zugkräftiger Einstieg und ein klug gewählter Endpunkt für die bisher unerzählte Geschichte der Gebrüder Dassler. Sie ist die Pioniergeschichte eines Unternehmens, aus dem zwei Jahrzehnte später zwei Weltkonzerne hervorgehen werden, und sie ist die private Entzweiungsgeschichte zweier Brüder, die einst beste Freunde waren. Damit bietet sie selbst reichhaltiges Material für einen eigenen Mythos – und Autor Christian Schnalke verdichtet die Fakten noch entsprechend Event-Movie-like: Der eine will den perfekten Schuh, der andere sammelt lieber Frauen. „Die besten Sportler tragen meine Schuhe“, das ist die Vision von Ken Dukens Figur. Dagegen machen den von Torben Liebrecht gespielten Rudi steigende Stückzahlen glücklich. Die klare Polarisierung betrifft auch die Ehefrauen der ungleichen Brüder: Da ist die von Nadja Becker gespielte frustrierte Frau an des Schürzenjägers charmanter Seite und die moderne Frau des Sportschuhverrückten, die Picco von Groote mit Blick auf die feminine Ikonografie der 1930er Jahre ungewöhnlich freigeistig verkörpert. Die deutsche Historie – die Nazis, der Krieg, die amerikanische Besatzung – fungiert dabei wirkungsvoll als Funktion der privaten Geschichte: Jesse Owens Goldmedaille macht den Adidas-Erfinder selig, einige Szenen später kommt die Retourkutsche der Nationalsozialisten („der Sport dient der Förderung der arischen Rasse und sonst nichts“); nach dem Krieg indes rettet der US-amerikanische Olympiasieg in Adis Weichlederschuhen den Erhalt der Firma.

Wikipedia über das Verhältnis der Dassler-Brüder nach Kriegsende:
„Von diesem Zeitpunkt an verstritten sich die beiden Brüder bis zu ihrem Tod; dieses Verhalten sollte sich auch auf die Nachkommen und darüber hinaus auswirken. In der Gefangenschaft sollen Amerikaner Rudolf Dassler erzählt haben, dass er aus seinem nahen Umfeld denunziert worden sei. In ihm kam der Verdacht auf, dass sein Bruder Adolf der Denunziant gewesen sein könnte, um ihn aus dem Unternehmen zu drängen. Zuvor hatte es bereits immer wieder Spannungen und Auseinandersetzungen gegeben, an denen auch die Ehefrauen beteiligt waren. Nach seiner Entlassung denunzierte Rudolf seinerseits Adolf bei den Militär-Behörden. Da diese nicht zu entscheiden vermochten, wer log und wer die Wahrheit sagte, entließen sie die beiden endgültig aus der Gefangenschaft.“

Duell der Brüder – Die Geschichte von Adidas und PumaFoto: RTL / Willi Winkler
War da was zwischen Womanizer Rudi (Torben Liebrecht) und Käthe (Picco von Grooten), der Frau von Adi (Ken Duken)? Rudis Frau, die sich zurückgesetzt fühlt und einen Keil zwischen die Brüder treiben will, behauptet das, Käthe streitet es ab.

Wütender Zweikampf auf dem Hintergrund deutscher Historie
„Duell der Brüder“ folgt der Chronologie der politischen und privaten Ereignisse. Die Liebespaare finden sich, die Hakenkreuze werden präsenter, die Affären des Luftikus-Bruders ebenso, und die Sportschuhfabrikation läuft und läuft. Politik kommt angenehm beiläufig ins Spiel, beispielsweise die NSDAP-Mitgliedschaft der beiden Brüder. Die Gleichschaltung des Sports kommentieren die Dasslers nassforsch mit den Worten: „Hauptsache, die Sportler tragen dabei unsere Schuhe“. Dass sie anfangs Profitteure des Systems waren steht damit außer Frage, auch, dass sie wohl nicht zu Unrecht 1945 von den Amerikanern als Mitläufer eingestuft wurden, denen es vor allem um den Erfolg ihrer Firma ging. Dass zu Kriegsende die Schuhfabrik in Herzogenaurach eine „Waffenschmiede“ wurde und Adolf Dassler französische Zwangsarbeiter beschäftigen musste, wird im Film zwar verhandelt, wesentlich nachhaltiger erscheint allerdings der private Vertrauensbruch, der politisch aufgeladen wird (siehe Kasten), der ebenfalls verbürgt ist und schließlich zum endgültigen Zerwürfnis führt. Dieser emotionale Zweikampf auf dem Hintergrund der deutschen Historie ist spannend und facettenreich genug erzählt, um fast zwei Stunden lang gut zu unterhalten. Die Geschichte lebt von ihren Charakteren, von vier ideal besetzten Hauptdarstellern, sie benötigt kaum dramaturgische Ausrufezeichen und selbst die weitgehende Chronologie der Ereignisse wirkt bei dieser – ohnehin nur episodenhaft durch die Zeiten streifenden – Erzählung keineswegs bieder in ihrer Anmutung. Auch, weil der Film dem Zuschauer reichlich Augenfutter bietet, insbesondere die Bilder vom Nürnberger Reichssportfest und vom WM-Endspiel 1954 in Bern sind dank der Spezialeffekte sehenswert, aber auch die zahlreichen Outdoor-Szenen, die privaten Treffen am See, die Autofahrten oder Adis sportliche (Lauf-)Einlagen sorgen für optische Abwechslung. Und dann gibt es immer wieder die verbalen Nadelstiche, die das Drama befeuern: „Sprich nie mehr so mit meiner Frau“, droht der eine, „hintergeh mich nie wieder“, mit hochrotem Kopf der andere. Einigermaßen geschockt sind sie dann beide, als der ihnen so wohl gesonnene Leichtathletikreichstrainer, mit dem es sich so ungezwungen feiern lässt, lächelnd prophezeit: „Bis zur Olympiade haben die jüdischen Verbände noch Gnadenfrist, danach ist Schluss, dann zählt nur noch das Soldatische.“ (Text-Stand: 3.3.2016)

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Fernsehfilm

RTL

Mit Ken Duken, Torben Liebrecht, Picco von Groote, Nadja Becker, Jesse Albert, Annina Hellenthal, Florian Bartholomäi, Christoph Gareisen, David C. Bunners, Christopher Buchholz, Moritz Führmann, Thomas Lawinky

Kamera: Georgij Pestov

Szenenbild: Julian Augustin, Pierre Pfundt

Kostüm: Elisabeth Kraus

Schnitt: Ingo Recker

Musik: Frederik Wiedmann

Produktionsfirma: Zeitsprung Pictures

Produktion: Michael Souvignier, Daniel Mann

Drehbuch: Christian Schnalke

Regie: Oliver Dommenget

Quote: 4,94 Mio. Zuschauer (14,9% MA)

EA: 25.03.2016 20:15 Uhr | RTL

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