Spätherbst 1947. In Frauenburg, einem süddeutschen Garnisonsstädtchen der US-Besatzungsarmee, steht ein Ereignis an, das gerade recht kommt für die frierende und hungernde Bevölkerung. Eine der drei Bürgermeistertöchter heiratet einen US-Kommandanten – und die Honoratioren des Kaffs dürfen bei heißen Getränken und coolen Swing mitfeiern. Doch es gibt ein Problem: am Abend vor der Hochzeit steht ein übler Geselle draußen vor der Tür der Sonnenberg-Sisters, der Nazi-Fotograf Schubert – und der will auch mal wieder auf der Seite der Gewinner stehen. Mitgebracht hat er kompromittierende Fotografien aus der Wehrmachtshelferzeit der Braut. Hatte sie tatsächlich etwas mit Goebbels? Sie bestreitet es. Für die US-Medien wäre es eine sensationelle Meldung – und für den aufstrebenden Ami-Colonels wohl das Ende seiner Karriere. Und die drei Schwestern könnten die Hoffnung auf eine bessere Zukunft begraben. Also steht für sie fest: dieser elende Erpresser muss weg!
Mit „Drei Schwestern made in Germany“ setzt Oliver Storz, der große alte Mann des historischen TV-Dramas, dem deutschen Weib und seinem „gesunden Pragmatismus“ kurz nach dem Jahre Null ein filmisches Denkmal. In der Provinz profilierte sich das schöne Geschlecht nach Kriegsende nicht als rackernde Trümmerfrau, hier entstand aus Trümmern ein neues (altes) Frauenbild: aus der braven höheren Tochter wurde das willfährige Ami-Liebchen, bevor Jahre später das „Frolleinwunder“ von sich reden machte. Barbara Rudnik spielt die große Schwester Nora, die in der Hochzeit der jüngeren Freya eine Art Wiedergutmachung sieht: der Vater, einst ein angesehener Bürgermeister, wurde von den nationalsozialistischen Kleinbürgern aus dem Amt getrieben und ist darüber aus Gram gestorben. Karoline Eichhorn, Grimme-Preis-gekrönt für den vorletzten Storz-Film „Gegen Ende der Nacht“, verkörpert die Braut. Sie hält wenig von der betulichen Harmoniesucht ihrer großen Schwester. Sie sieht nur ihren eigenen Vorteil und geht notfalls über Leichen. Gudrun, die Jüngste, gespielt von Mavie Hörbiger, ist ein Wildfang mit Hang zur Provokation. Mit Alkohol, Sex und jugendlichem Leichtsinn rebelliert sie gegen die verlogene Kleinbürgermoral.
Menschen im Ausnahmezustand, in einer Phase zwischen gestern und morgen. In einer Zeit, in der Berechnung alles, Liebe fast unmöglich und Glück Zufall ist. Storz zeigt kaum mehr als einen Tag aus dieser schnelllebigen Zeit und formt daraus ein Sittenbild zwischen Schwarzmarkt, Stolz und Vorurteil. Oliver Storz zeigt uns, wie tragisch, aber vor allem auch wie absurd Geschichte sein kann: Unter amerikanischer Flagge wird aus Rassenschande nun Rassendiskriminierung. Ein Schwarzer in einer guten amerikanischen Familie, das gehe nicht, macht der Bräutigam der Braut in Weiß klar, dann schon lieber ein Nazi. Und unmöglich ist auch die Liebe zwischen der großen Sonnenberg-Schwester Nora und dem jüdischen KZ-Häftling und Schwarzhändler Jacob Horwitz, den Stefan Kurt eindringlich verkörpert. Vieles aus der kollektiven Psyche jener Jahre schwingt mit bei diesem fesselnden Nachkriegsdrama, das auch stilsicher durch die Genres streift, im Gepäck Film Noir und Farce, die historische Moral und den schwarzen Humor. (Text-Stand: 20.1.2006)