So richtig dazu gehört er noch immer nicht. Unmissverständlich geben ihm die Kollegen zu verstehen, dass er ihnen die Arbeit nur erschwert. Zu Beginn der zweiten Staffel der Kultserie „Dr. Psycho“ steht der Polizeipsychologe Max Munzl mal wieder im Regen. „Ich werde den Psycho nicht kampflos behalten“, wettert Soko-Leiter Hendricks. „Er kann’s nicht. Ein Wurm wird kein Drachen.“ Doch der Tag, an dem jener sichtlich nervöse Kommissar in die Decke schießt, verändert einiges. Jetzt soll Munzl auf ihn aufpassen und beurteilen, ob er noch als Chef tragbar ist. Im ersten Fall um eine Schrottgangsterbande macht sich „der sprechende Pullunder“, wie „der Psycho“ genannt wird, aber zunächst lächerlich. Doch die Schlusswendung kommt bestimmt.
Alles wie gehabt. Da ist die furchtbare wie liebenswerte Nervensäge Munzl (Christian Ulmen), da ist der Ober-Mobber Hendricks (Ulrich Gebauer), der traurige Säufer Victor (Roeland Wiesnekker), der geistig minderbemittelte „Eddie“ (Hinnerk Schönemann) und das Flintenweib Kerstin (Anneke Kim Sarnau). In der Auftaktfolge „Selbsthilfe“ geht es psychohygienisch gleich kräftig zur Sache. Eifersucht, Aggressionsschübe, Erfolglosigkeit bei Frauen oder ein schief hängender Haussegen, weil die Tochter eine Frau heiraten will – wenn da nicht ein Psychologe gebraucht wird!? Nur: der scheint auch nicht krisensicher. In Woody-Allen-Manier gibt Angsthase Munzl bei einem Einsatz den Epileptiker. Ein Psychologe ist wichtig, aber helfen kann er nicht – so lautet immer wieder die augenzwinkernde Botschaft der Serie. Selbst Kerstins Anti-Aggressionskurs wirkt nur bedingt, doch ein Gutes hat er: Dr. Psycho lernt eine Frau Dr. Psycho (Christina Grosse) kennen. Deshalb ist bei Munzl aber privat noch längst nicht alles in Ordnung – denn sein Vater (verspricht einiges: Hanns Zischler), der sich nach dem Tod seiner Frau in seinem Single-Haushalt eingenistet hat, macht ihm Sorgen. Er ist ein bequemer Pascha, der sich nur mit Sex-Hotlines auskennt und vom Sohnemann einen Rundum-Service erwartet.
Die zweite Staffel der Grimme-Preis gekrönten Pro-Sieben-Serie „Dr. Psycho“ von Ralf Husmann („Stromberg“) scheint die hohe Qualität zu halten. Das meisterliche Umschalten von Verteidigung auf Angriff innerhalb des labilen kommikativen Gefüges eines ebenso labilen Soko-Teams und der Übergang von urkomischen Beziehungssituationen zu Szenen, in denen die Komödie den Krimi küsst und dessen Klischees ad absurdum führt, funktionieren dramaturgisch reibungslos. Die Voraussetzung dafür, sind Charaktere, die nicht nur ein komisches, sondern auch ein psychologisches Potenzial besitzen, Charaktere, die man bei aller Typisierung menschlich verstehen kann. In der ersten Staffel folgten den Schmunzelmomenten gelegentlich sogar richtig spannende Aktionen. Das enthält einem die erste Folge vor, die ganz im Sinne einer Serienexposition lieber noch einmal die Figuren und Fronten deutlich macht und die „Neuen“ markant einführt, um so vielleicht für die zweite Staffel noch ein paar neue Zuschauer zu gewinnen für eine Serie, an der Pro Sieben trotz schwacher Einschaltquoten lobenswerterweise festhielt. (Text-Stand: 23.6.2008)