Der deutsche Medizinstudent Marc geht für sein praktisches Jahr nach Kolumbien. Im Sog der tropischen Stadt Cali will das Wohlstandskind endlich etwas vom richtigen Leben kosten. Marc geht im gefürchteten Favela Siloé, in den sich keiner seiner Klinikkollegen jemals gewagt hat, unbehelligt ein und aus. Hier riecht es für ihn nach Abenteuer, nach Freiheit, nach schönen Frauen. Doch bald droht der junge Deutsche den Boden unter den Füßen zu verlieren. Drogenkonsum und soziales Gewissen treiben ihn in die Kampfzone rivalisierender Banden. Und dabei bringt er nicht nur sich selbst in Gefahr.
Foto: BR / Tom Tambow
Tom Schreiber über das einjährige Casting in Kolumbien:
„Wir haben bei der Besetzung mit einer Mischung aus professionellen Schauspielern und Laiendarstellern gearbeitet. Die Vorbereitungen dafür dauerten über ein Jahr, in dem wir mehrwöchige Schauspielworkshops mit Jugendlichen zwischen neun und 24 Jahren im Viertel Siloé gemacht haben. Die Arbeit hat sich gelohnt. Die jungen Menschen haben eine gigantische Energie ausgestrahlt und mit ihren Augen unglaubliche Geschichten erzählt.“
Der Lebenshunger des Helden, gepaart mit der naiven Vorstellung, die Gesellschaft heilen zu können, kann nur tragisch enden. „Dr. Alemán“, basierend auf den Erfahrungen eines Freundes, ist für Tom Schreiber die Geschichte eines globalen Themas: „das zwanghafte Überstülpen der eigenen Regeln auf fremde Gesellschaften“. Auch wenn der Film mit seinen Laiendarstellern wie ein neorealistischer Straßenfilm anmutet, so strahlt aus ihm nicht die tiefe Wahrhaftigkeit von Filmen wie „City of God“. Das Milieu gibt zwar mehr als nur einen pittoresken Hintergrund ab, doch das geistige Zentrum des Films ist der Jungmissionar, der idealistische Sozialkitsch-Romantiker aus Deutschland. Insofern hat Schreiber der fremden Kultur auch seine eigene Geistesgeschichte „übergestülpt“. Das Bild, das er von seinem Sinn & Sinnlichkeit suchenden Sohn aus gutem Hause entwirft, das Porträt eines Weltverbesserers – das Selbstfindungsdrama, dem August Diehl eindrucksvoll sein Gesicht leiht: das ist Triebkraft und ideologisches Zentrum des Filmes. Darüber hinaus besticht „Dr. Alemán“ durch seine Inszenierung: Kamera, Montage und Musik sind auf dem Weg zum großen realistischen Kino: Sex & Drugs & Latin-Sound. Allein die Synchronisation stört diesen Weg. (Text-Stand: 19.7.2010)