Gar nicht gut kommt die Kirche im neuen Donna-Leon-Krimi weg. Doch werden im Roman noch in einem katholischen Altenheim im Auftrag eines Priesters Bewohner umgebracht, um an deren Sparstrümpfe zu kommen, und betatscht ein Geistlicher die Brunetti-Tochter, haben Produzent Nico Hofmann und Autorin Renate Kampmann die Story für den Film entschärft. Da gibt es nur einen schwulen Religionslehrer und es ist der religiöse Geheimbund “Opera Pia”, der die Lagunenstadt in Aufregung versetzt. Am Ende muss die Heilige Mutter Kirche dem Commissario Brunetti sogar helfen, das schwarze Schaf aus Venedig zu verbannen.
Die Striche am Original entsprechen der Konzeption und der Gesamttonlage der Brunetti-Krimis. Mit den deutschen TV-Verfilmungen von Donna Leons Romanen, die in keinem Land der Welt so viel gelesen werden wie in Deutschland, wollen die Macher niemandem wehtun und keinen Zuschauer überfordern. Der sozialkritische Aspekt weht durch die Filme wie ein laues Lüftchen vom Meer. “Sanft entschlafen” kultiviert wie die sechs Leon-Verfilmungen zuvor ein Erzähltempo, das dem Lebensrhythmus der Stadt und dem Schritttempo des Helden entspricht. Langsam geht es zu, leise die Verhöre, laut wird allenfalls Polizeichef Patta – allein besorgt um Ruf und Kasse, vom Fall aber keine Ahnung. Brunettis Riecher ist schon besser. Als ihm eine junge Nonne von mysteriösen Sterbefällen im Altenpflegeheim St. Leonardo berichtet und sie wenig später im Koma liegt, zählt er (wie auch der Zuschauer) eins und eins zusammen und tritt der Frau Oberin kräftig auf die Füße. Doch auch der Beichtvater hat einen seltsamen Zug um den Mund – und er hat ein Konto in der Schweiz.
Man kann herummäkeln an den deutschen Filmen um den kantigen Commissario, die in Venedig gedreht werden, in denen Deutsche Italiener spielen und deren Geschichten auf der Grundlage von Romanen entstehen, die eine Amerikanerin geschrieben hat. Man kann es aber auch sein lassen. Außer dem einigermaßen glaubhaft wirkenden Berliner Uwe Kockisch als Brunetti sind diese Hochglanzkrimis 100%ige Kunstprodukte. Nur wer das akzeptiert, kann einen Film wie “Sanft entschlafen” einigermaßen genießen – sprich: still vor sich hin dämmern, ein wenig gespannt sein, wie Brunetti den Fall wohl diesmal löst, während die Gedanken längst beim soeben geplanten venezianischen Wochenende sind. Suzanne von Borsody, Thomas Sarbacher, Lambert Hamel und Regisseur Sigi Rothemund dösten sicher während der Lektüre des Drehbuchs entsprechend über den Seiten und malten sich die Dreharbeiten im sonnigen Venedig aus. (Text-Stand: 28.10.2004)