Die Toten von Salzburg – Königsmord

Teichtmeister, Fitz, Steinhauer, Brunner, Riedlsperger. Unterhaltung ohne Reue

Foto: ZDF / Toni Muhr
Foto Tilmann P. Gangloff

Wenn sich das deutsch-österreichische Duo aus der ZDF-Reihe „Die Toten von Salzburg“ (Satel Film) so weiter entwickelt, macht es noch dem „Tatort“ aus Münster Konkurrenz, und das ist keine gute Nachricht: weil dort die Kalauer oft wichtiger sind als die Krimihandlung. Noch findet Regisseur Erhard Riedlsperger jedoch die richtige Mischung: „Königsmord“ ist eine rundum gelungene Krimikomödie, selbst wenn die Geschichte vor allem von den beiden Hauptfiguren lebt. Michael Fitz und Florian Teichtmeister ergänzen sich perfekt: hier der bayerische Grantler, diesmal mit kleiner Tochter, dort der verbitterte Major aus Salzburg, der aber ebenfalls aufblüht, als er einen kleinen Mordzeugen unter seine Fittiche nimmt. Großes Vergnügen machen vor allem die vielen Einfälle am Rande; die mit diversen Schleifen versehene Verpackung lässt vergessen, wie überschaubar der kriminalistische Inhalt ist.

Ein gelungener Reihenauftakt weckt immer auch Erwartungen: Die weiteren Filme sollen das Niveau nicht nur halten, sondern nach Möglichkeit noch steigern. Bei Krimis mit komödiantischem Einschlag birgt das prompt die Gefahr, dass Buch und Regie überziehen. Irgendwann sind die Geschichten dann bloß noch ein Vorwand für die witzigen Dialogduelle der beiden Hauptfiguren. Unter diesem Comedy-Syndrom leidet gelegentlich der „Tatort“ aus Münster; das Etikett „Schmunzelkrimi“ klingt nur bedingt erstrebenswert. Die deutsch-österreichische Koproduktion „Die Toten von Salzburg“ könnte sich ebenfalls in diese Richtung entwickeln, weil das zentrale Duo genauso auf gegenseitigen Krawall gebürstet ist, zumal die Geschichten gern von ähnlicher Skurrilität sind. Bislang gelingt die Gratwanderung jedoch, selbst wenn die dritte Episode, „Königsmord“, mitunter den Eindruck erweckt, als zeigten einige durchgängige Merkmale bereits erste Abnutzungserscheinungen: die Rivalität zwischen dem notorisch schlecht gelaunten deutschen Hauptkommissar Hubert Mur (Michael Fitz) und seinem Salzburger Kollegen, BKA-Major Peter Palfinger (Florian Teichtmeister), der seit einem Gleitschirmunfall im Rollstuhl sitzt, in einem Kloster lebt und auf Mitgefühl mit Zynismus reagiert; die Zwischenspiele mit Palfingers Chef Seywald (Erwin Steinhauer), der mehr Zeit im Caféhaus als an seinem Schreibtisch verbringt; die Auseinandersetzungen zwischen dem Major und seinem Bruder Sebastian (Simon Hatzl), einem Priester, der dem verbitterten Polizisten zu neuem Lebensmut verhelfen will und daher gern Begegnungen mit weiblichen Bekanntschaften arrangiert. Dass das zentrale Motiv der Handlung die Aufklärung eines Mordes ist, kann da leicht vorübergehend in Vergessenheit geraten.

Trotzdem ist „Königsmord“ eine recht kurzweilige Kombination aus Krimi und Komödie: weil Stefan Brunner, bereits Koautor der zweiten Episode („Zeugenmord“), und Erhard Riedlsperger, der auch die beiden anderen Filme inszeniert hat, die Zutaten ausgewogen gemischt haben. Ähnlich wie beim „Tatort“ aus Münster könnte die kriminalistische Ebene zwar auch ohne die heiteren Momente funktionieren, würde dann aber vermutlich bloß für eine Vorabendfolge reichen. Der Titel bezieht sich auf den „Würschtlkönig“, der in seinem Salzburger Domizil erstochen worden ist. Offenbar war ein kleiner bulgarischer Junge, den der Unternehmer bei sich aufgenommen hatte, Zeuge des Mordes, aber Tyki ist spurlos verschwunden. Weil Gschwandtner „bayerischer Staatsbürger“ war, muss Palfinger wohl oder übel wieder mit Mur zusammenarbeiten. Der ist zunächst zwar ungewohnt gut drauf, weil er eigentlich frei hat, um sich um seine Tochter zu kümmern, kriegt aber später gewaltigen Ärger, als seine Exfrau herausfindet, dass er die kleine Theresa mit zum Tatort genommen hat. Die Szenen mit dem Mädchen haben offenkundig den Zweck, dass Grantler Mur diesmal auch liebenswerte Seiten zeigen darf. Bei Palfinger klappt das ebenfalls: Als Tyki, ein niedlicher sechsjähriger Lockenkopf, später wieder auftaucht, nimmt der Major den Jungen unter seine Fittiche; in der lustigsten Szene des Films treiben die beiden Unfug in der Rechtsmedizin. Prompt ist auch der Umgang der beiden Polizisten miteinander freundlicher als bislang. Sie werfen sich zwar nach wie vor allerlei Gemeinheiten an den Kopf, aber immerhin vertraut Mur dem Kollegen an, dass seine Frau ihm den Umgang mit Theresa verbieten lassen will.

Die Toten von Salzburg – KönigsmordFoto: ZDF / Toni Muhr
Sind selten einer Meinung: Major Peter Palfinger (Florian Teichtmeister) und Hubert Mur (Michael Fitz). Krimi-Business as usual

Natürlich suchen die von Palfingers Mitarbeiterin (Fanny Krausz) unterstützten Ermittler in erster Linie nach dem Mörder, aber diese Ebene des Films orientiert sich an den üblichen Krimimustern. Erster Verdächtiger ist ein Mann, der überzeugt ist, Gschwandtners Würste hätten den Tod seines Vaters verursacht. Typische Krimifiguren sind auch die Profiteure des Todesfalls, allen voran die Witwe (Martina Stilp): Sie war alles anderes als begeistert über die Aussicht, das Erbe ihres deutlich älteren Ehemanns dereinst mit zwei „Zigeunerkindern“ teilen zu müssen, denn der Gatte hatte die Absicht, Tyki und seine 16jährige Schwester Liana zu adoptieren. Darüber hinaus hat sie ein Verhältnis mit dem Geschäftsführer des Unternehmens, der überdies eine ordentliche Summe veruntreut hat; und Liana hat nach der Tat sein Auto davonfahren gesehen. Bei so vielen Indizien ist klar, dass der Mann nicht der Mörder ist.

Das Drumherum ist ohnehin interessanter; Brunner und Riedlsperger haben aus gutem Grund dafür gesorgt, dass die mit diversen Schleifen versehene Verpackung vergessen lässt, wie überschaubar der kriminalistische Inhalt ist. Den Rest besorgt die Inszenierung; selbst der übliche Rapport beim Vorgesetzten, der in allen Krimis ausschließlich der Information des Publikums dient, ist dank der amüsanten Inszenierung vorwiegend heiter. Dafür sorgt nicht zuletzt Erwin Steinhauer. Seywald empfängt seine Mitarbeiter selbstredend im Café. Da das Mordopfer ein angesehenes Mitglied der Salzburger High Society war, sollen die Ermittlungen nach Möglichkeit nicht mal ein Staubkorn aufwirbeln. Außerdem fordert eine Assam-Krise die ganze Aufmerksamkeit des Hofrats: Sein Stammlokal führt den Tee nicht mehr. Den entsprechenden Running Gag nutzt Helmut Bohatsch in der winzigen Rolle als Kellner „Herr Wolfgang“ regelmäßig für große Auftritte. Neben den Dialogduellen von Fitz/Teichtmeister, die aber längst nicht so auf Kalauer ausgerichtet sind wie die Frotzeleien im „Tatort“ aus Münster, sind es vor allem diese zum Teil auch schwarzhumorigen Details, die „Königsmord“ zu einem Vergnügen ohne Reue machen: das Selleriekraut im Mund des Opfer und die Freude des Rechtsmediziners über das Comeback dieses Gemüses; das trotzige Luftanhalten von Murs Tochter; eine Asiatin, die während einer Befragung in einer Bibliothek im Hintergrund lautstark deutsch lernt; ein ausgelassenes Fußballspiel mit Tyki und den Klosterbrüdern; oder das verblüffende Bekenntnis der Organistin, die Sebastian Palfinger mit seinem Bruder verkuppeln will und deren brausendes Spiel zu Beginn die Tat begleitet. Ähnlich viele Gedanken haben sich Riedlsperger & Co. über die Bildgestaltung gemacht. Das Licht in dem Lokal, in dem der Priester dem Major am Ende einen echten Beweis seiner Bruderliebe beschert, ist so anheimelnd wie in einer Bierwerbung, und auch im Café des Hofrats sorgt Kameramann Kai Longolius für eine Gemütlichkeit, die Seywalds Naturell perfekt entspricht.

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Reihe

ORF, ZDF

Mit Florian Teichtmeister, Michael Fitz, Erwin Steinhauer, Fanny Krausz, Adrian und Marius Maier, Simon Hatzl, Golo Euler, Martina Stilp, Mila Böhning, Paula Siebert, Helmut Bohatsch, Anna Unterberger

Kamera: Kai Longolius

Szenenbild: Hubert Klausner

Kostüm: Christoph Birkner

Schnitt: Silvia Schönhardt

Musik: Dominik Giesriegl

Redaktion: Daniel Blum, Sabine Weber

Produktionsfirma: Satel Film

Produktion: Heinrich Ambrosch

Drehbuch: Stefan Brunner

Regie: Erhard Riedlsperger

Quote: 5,87 Mio. Zuschauer (18,8% MA); Wh. (2020): 4,96 Mio. (16,1% MA)

EA: 16.01.2019 20:15 Uhr | ZDF

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