Die Toten vom Schwarzwald

Heino Ferch & Nadja Uhl: Da wo die Logik im Nebel des Mysteriösen verloren geht

Foto: ZDF / Maria Wiesler
Foto Rainer Tittelbach

Der Städter als Bedrohung einer verschworenen, durch Geheimnisse und materielle Abhängigkeit gekennzeichneten Gemeinschaft, der Wald als magischer Ort, jahrhundertealte Mythen einer Region als Resonanzboden für eine filmische Mystery-Mär – das sind die dramaturgischen Stützpfeiler des Dorfkrimis „Die Toten vom Schwarzwald“. Ansonsten konventionelles Genre-Regelwerk zwischen Spannung, Lächerlichkeit, Geheimnistuerei.

Eine Frau verschwindet spurlos. Sie wollte ein paar Tage Urlaub im Schwarzwald machen. Vermissung oder Verbrechen? Die Polizei vor Ort zeigt wenig Engagement. Deshalb schaltet sich der frisch geschiedene Ex-Mann der verschwundenen Frau ein: Matthias Auerbach ist ein Mann vom Fach, er ist Forensiker und arbeitet für das LKA. Ablehnung schlägt ihm entgegen. „In diesem Drecksdorf hat jeder was zu verbergen“, sagt die Frau von der Tankstelle. Der Besitzer der Glasbläserei, Ewald Beierle, der zugleich Bürgermeister ist, hat die Bewohner fest im Griff. Auerbach wird zusammengeschlagen, allein die Dorfschullehrerin steht ihm bei. Sie erzählt ihm von einer alten Frau, die als Hexe verschrien ist und die mit ihren mythischen Geschichten aus dem Holltal die Menschen im Dorf verunsichert. Diese scheinbar verwirrte Alte irritiert auch den Wissenschaftler aus der Stadt: Sie sagt dieselben seltsamen Sätze, die auch seine Frau Katharina immer gesagt hat. Als Auerbach glaubt, sie im Wald gesehen zu haben, rennt er ihr nach, stürzt und fällt dabei in eine Höhle – direkt neben eine Leiche. Sie muss schon zwei Jahre hier liegen. Und sie hat Katharinas DNA!

Der Städter als Bedrohung einer verschworenen, durch Geheimnisse und materielle Abhängigkeit gekennzeichneten Gemeinschaft, der Wald als magischer Ort, jahrhundertealte Mythen einer Region als Resonanzboden für eine moderne filmische Mystery-Mär – das sind die dramaturgisch-atmosphärischen Stützpfeiler des Dorfkrimis „Die Toten vom Schwarzwald“. Der Rest ergibt sich aus dem Thriller-Regelkanon samt mystischem Beiwerk und das, was die Geschichte und die Bilder nicht in der Lage sind zu tragen, muss das Sounddesign übernehmen. Will sagen: Dieser ZDF-Fernsehfilm hält sich an die Vorgaben des Erfolgsgenres Provinzkrimi und überzieht das Ganze mit Aberglaube und entsprechender ästhetischer Geheimnistuerei. Daraus ergibt sich eine Handlung, deren Logik gelegentlich im Nebel des Mysteriösen verloren geht. Man könnte dem Zuschauer raten: „Keine Fragen zur Plausibilität und logischen Abfolge der Geschichte zu stellen, sondern Augen auf – und durch!“ Doch bei dem Film von Thorsten Näter macht selbst das Problem.

Die Toten vom SchwarzwaldFoto: ZDF / Maria Wiesler
Was geht hier vor? Die Alte kennt den Kosenamen von Matthias Auerbachs Frau. Heidy Forster und Heino Ferch

Diesem Film fehlt es sowohl an Seele als auch einem „System“, das das Erzählte und seine Erzählweise zu einer Einheit schweißt, eine Qualität, die die Dorfkrimis von Holger Karsten Schmidt und Markus Imboden auszeichnet. Es ist aber auch ungleich schwerer, Mystery-Momente in eine Thrillerstruktur einzubauen als coole Genre-Codes wie zuletzt beim Quotenhit „Mörder auf Amrum“. Der Grat zwischen Spannungsempfinden und Lächerlichkeit ist bei diesem Genre-Mix extrem schmal. Nur schade, dass sich die Schauspieler dem Diktat des Vordergründigen mit für sie ungewohntem Overacting anpassen. Sie agieren allein als Erfüllungsgehilfen einer (auch im Rahmen des Genres) ziemlich hanebüchenen Story. So unterfordert hat man Heino Ferch schon lange nicht mehr stiernackig und schweigsam seinen Weg gehen sehen. Und Nadja Uhl berlinert sich apart und doch eher unpassend durch den Schwarzwald. So bleibt ein unbefriedigendes Gefühl – nicht weil der Film absolut schlecht ist, sondern weil im Mystery-Thriller so sehr viel mehr möglich ist, wie ja gerade das ZDF mit Filmen wie „Das Geheimnis im Moor“ und „Der Tote im Spreewald“ bewiesen hat.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fernsehfilm

ZDF

Mit Heino Ferch, Nadja Uhl, Anna Schudt, Joachim Bißmeier, Elisabeth Schwarz, Heidy Forster, Dirk Borchardt, Petra Kleinert, Traugott Buhre

Kamera: Joachim Hasse

Schnitt: Julia von Frihling

Musik: Axel Donner

Produktionsfirma: Studio Hamburg

Drehbuch: Thorsten Näter

Regie: Thorsten Näter

Quote: 7,06 Mio. Zuschauer (20,8% MA)

EA: 08.04.2010 20:15 Uhr | ZDF

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach